Fromme Mönche, starker Trunk
Bayern startet in die Saison der Fastenstarkbiere
In Bayern ticken die Uhren bekanntermaßen etwas anders. Begnügt man sich außerhalb des Freistaates mit vier Jahreszeiten, legen die Bayern großen Wert auf eine fünfte: die Zeit der Fastenstarkbiere. Vor Jahrhunderten in Klosterbrauereien entwickelt, haben die stark eingebrauten Biere ab Beginn der Fastenzeit und spätestens von Josephi an bis zum Beginn der Karwoche im Bierland Bayern Hochsaison. Bei zahlreichen Starkbierfesten sind die gehaltvollen, malzbetonten Traditionsbiere die Stars. Von jeher brauten Ordensleute wohlschmeckendes Bier, das ihnen als köstliche Ergänzung zu den kargen Klosterspeisen diente. Vor allem während der strengen Fastenzeit war den Mönchen daran gelegen, die wenige feste Nahrung, die sie zu sich nehmen durften, durch gehaltvolle Getränke zu kompensieren. Denn es galt die Regel: „Flüssiges bricht Fasten nicht!“Auch die Paulaner machten sich mit den Vorzügen des Bockbiers vertraut, lernten im Nu das Brauen und brauten schon 1629 ihr erstes Starkbier. Dafür hatten sie eigens ein herzogliches Privileg erwirkt.
120 „-tor“-Biere
Dieses Bier brauten sie zum 2. April, dem Todestag ihres Ordensgründers, damit sie es in der Fastenzeit zur Verfügung hatten. Und sie brauten noch ein weit stärkeres Bier, den Doppelbock. Mit frommem Blick auf den heiligen Franz nannten sie es „Franz-Öl“oder „Sankt-Vaters-Bier“. Aus dem „Sankt- VatersBier“wurden im Volksmund das „Savaterbier“und später das „Salvatorbier“. Auch andere Brauereien übernahmen die Endung „-tor“für ihr Doppelbock-Bier. 1972 gab es beim Patentamt 120 solche Eintragungen – vom Animator über den Delicator bis hin zum Optimator und Triumphator. Zur Starkbierherstellung benötigten die Klöster im Mittel- alter eine gesonderte Genehmigung durch die kirchliche Obrigkeit. Und so füllte man ein Fässchen ab und schickte es zum Papst nach Rom.
Saures Bier für den Papst
Dort angekommen kostete der Heilige Vater den Trank und hatte keinerlei Bedenken, dass er dem Seelenheil der Mönche abträglich sei: Durch die lange Reise, den holprigen Transport über die Alpen und die südlichen Temperaturen war das Bier sauer geworden und hatte einen grauslichen Geschmack. Der Heilige Vater kostete davon, lobte die Zähigkeit der bayerischen Mön- che, die solch einen Trank zu sich nehmen konnten, und gab das Starkbier als Fastengetränk frei – der Beginn einer Erfolgsgeschichte.
Starkbierfeste
In der Heimat schmeckte der Fastentrunk nicht nur den Mönchen. Noch heute ist in Bayern alljährlich um den Josephitag am 19. März Starkbieranstich und Brauereien und Wirtshäuser veranstalten zünftige Feste. Das bekannteste und traditionsreichste bayerische Starkbierfest findet im März auf dem höchsten Berg Münchens statt, dem Nockherberg. pm