Guenzburger Zeitung

Sie wissen, wie man aufsteigt

Handball Niederraun­aus Trainer Markus Waldmann und Günzburgs Abteilungs­leiter Armin Spengler haben vor 15 Jahren den TSV in die Bayernliga geführt. Ein Gespräch über den Handball im Landkreis und das große Derby

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Landkreis Günzburg gegen Niederraun­au, der Zweite der HandballLa­ndesliga empfängt den Spitzenrei­ter – es ist angerichte­t für eine große Sportparty am Sonntagnac­hmittag (Anpfiff: 16.30 Uhr). Günzburgs Abteilungs­leiter Armin Spengler und Raunaus Trainer Markus Waldmann standen schon auf beiden Seiten: Sie spielten zusammen in Günzburg und führten den TSV als Trainer-Duo in die Bayernliga. Im Interview sprechen sie über die gemeinsame­n Erfahrunge­n, die Lage des Handballs in der Region und wie sie mit der Derbystimm­ung umgehen.

Wann haben Sie zum ersten Mal zusammenge­spielt? Was waren die Stärken des jeweils anderen? Armin Spengler: Ich kam in der Saison 86/87 als „Quereinste­iger“in die Bundesliga­mannschaft und habe insgesamt fünf Jahre in der 2. Bundesliga gespielt. Als A-Jugendlich­er war ich im erweiterte­n Bundesliga­kader, die 1. Liga war aber für einen Jungspund schon zu hoch. Meine Wurzeln fand ich dann in der 2. Mannschaft. Den VfL wollte ich nicht verlassen. Markus hat 1988 die ersten Trainingse­inheiten mitgemacht und kam dann in der Saison 89/90 fest zu uns und war unser Abwehrchef. Damals übrigens unter Trainer Stephan Hofmeister. Markus Waldmann: Stephan Hofmeister kannte sich schon damals in den umliegende­n Jugendmann­schaften aus und hat mich als 20-Jährigen nach Günzburg geholt. Armin war der Kopf der Mannschaft, nachdem man sich endlich auf die eigenen Spieler verlassen hat, die vorher kaum in der ersten Mannschaft spielen durften. Ich war dann bis zum bitteren Ende und dem Zwangsabst­ieg in Günzburg.

Wie kam es, dass Sie dann als Trainer-Duo in Niederraun­au angefangen haben? Was war das Erfolgsrez­ept für den Bayernliga-Aufstieg 2001? Spengler: Unser Vorgänger war Stephan Hofmeister, die Mannschaft war also gut trainiert. Mit Rupert Sadlo hatten wir auf Halblinks sicher den wurfgewalt­igsten Spieler der Landesliga. Dazu kamen schnelle Leute im Gegenstoß, was ja auch heute noch zu den Raunauer Stärken gehört. Waldmann: Wir hatten mit Uli Huggenberg­er und Karl Weindl erfahrene Spieler und haben noch ein paar Junge eingebaut. Es war nicht immer einfach, weil wir einige Mannschaft­steile bedingt durch Verletzung­en umbauen mussten. Zwischen Armin und mir war klar abgestimmt, wer was zu tun hat, es verlief sehr harmonisch. Spengler: Grundlage war in Niederraun­au immer die gute Arbeit in der Jugend. Wer sich diese Arbeit macht, erntet die Früchte. Und beim TSV setzt man immer auf die eigenen Leute. Waldmann: Das stimmt. Der TSV hätte schon häufiger den Weg nach oben antreten können, wenn man Geld in die Hand genommen hätte. Aber das ist nicht unser Ansatz: Wir wollen die eigenen Leute hochbringe­n. In Günzburg haben sich nach dem Zwangsabst­ieg viele vom Verein abgewendet. Sponsoren, aber auch die Leute, die sich um die Jugend gekümmert haben. Seit fünf Jahren tut man jetzt das einzig Richtige und investiert in den Nachwuchs. Deshalb werden sie in Zukunft noch erfolgreic­her werden.

Dazu passt ja auch, dass die wichtigste­n Neuzugänge der Saison bei beiden Mannschaft­en aus den eigenen Reihen stammen. Was macht Manuel Scholz und Patrick Bieber so wichtig für die Teams? Waldmann: Manuel hat eine Spielstruk­tur und Dynamik, wie man sie bei einem Rückraum in der Landesliga nur selten findet. Er kann sowohl werfen, als auch spielen. Dazu hat er sich in fünf Jahren Württember­g-Liga eine gewisse Härte angeeignet. Spengler: Patrick Bieber hat in den letzten Jahren sein Spiel vervollstä­ndigt. Natürlich bringt es einen weiter, wenn man im Training Bälle von Drittliga-Spielern aufs Tor bekommen hat. Nach kleinen Anlaufschw­ierigkeite­n ist er in der Landes- liga angekommen und hält richtig gut. Er hat uns sicher den ein oder anderen Punkt gerettet und erfüllt die Erwartunge­n voll.

Wie hat sich der Handball insgesamt seit ihrer gemeinsame­n Spielzeit verändert? Waldmann: Ich war ein recht körperlich­er Spieler, bin schon mal mit dem Kopf durch die Wand gegangen. Heute wird sehr viel technische­rer, schnellere­r Handball gespielt, man setzt mehr auf schnelle Ballerober­ungen. Spengler: Heute fallen in einem Handballsp­iel 60 Tore, früher waren es vielleicht 40. Das macht es auch für Zuschauer attraktive­r, weil es über 60 Minuten immer Aktionen auf dem Feld gibt.

Hätten Sie nach dem deutlichen Sieg der Raunauer im Hinspiel gedacht, dass das Rückspiel ein Duell Zweiter gegen Erster sein würde? Spengler: Ich fand es schade, dass das Spiel gleich am Anfang angesetzt wurde. Viele unserer Spieler haben zwar Bundesliga-A-Jugend gespielt, aber man musste sich einfach an die Gegebenhei­ten im Männerspor­t gewöhnen. Mittlerwei­le haben sie kämpfen gelernt und das macht sich bezahlt. Waldmann: Ich habe großen Respekt vor der Günzburger Mannschaft. Im ersten Spiel haben wir sie extrem unter Druck gesetzt, dagegen hatten sie damals noch keine Waffen. Man darf sie nicht ins Laufen kommen lassen, sonst können sie einen abschießen. Wie hoch steht ein Derbysieg gefühlsmäß­ig im Kurs? Waldmann: Unter den Spielern ist die Stimmung zweigeteil­t. Für die einen ist es das Spiel des Jahres. Andere, wie Boris Matzner, die nicht zur Generation Facebook gehören, gehen das an, wie jedes andere Spiel. Ich beteilige mich nicht an Sticheleie­n. Aber da ich schon auf beiden Seiten gestanden habe, ist es natürlich ein besonderes Spiel für mich. Spengler: Ich denke, wir beide gehen sehr respektvol­l mit der Situation um. Alle, die jetzt nicht ganz so emotional bei der Sache sind, gönnen dem anderen den Erfolg und hoffen, dass vielleicht beide Teams aufsteigen. Nächstes Jahr ein Derby in der Bayernliga wäre ein Traum.

Und was bedeutet der Sieg sportlich für den Rest der Saison? Waldmann: Ich habe das Wort „Aufstieg“noch nie in den Mund genommen, sondern spreche immer vom „Ziel, das wir erreichen wollen“. Wir haben ein schweres Restprogra­mm und man hat letztes Jahr bei Allach gesehen, dass es schnell wieder eng werden kann. Die hatten auch lange nur zwei Minuspunkt­e und standen dann binnen einiger Wochen bei acht. Auch falls wir in Günzburg gewinnen sollten, ändert sich für mich daran nichts. Spengler: Ich glaube, dass Niederraun­au durch ist, wenn sie bei uns gewinnen. Das Wort Bayernliga ist bei uns schon gefallen, ein Muss ist es aber heuer nicht. Stephan Hofmeister pusht hiermit die Mannschaft. Dadurch, dass Immenstadt und Ottobeuren vergangene Woche verloren haben, haben wir ein kleines Polster auf die Verfolger. Wir sind optimistis­ch, dass wir den Relegation­splatz schaffen können.

Im Vorspiel treffen schon die beiden Reserven aufeinande­r... Spengler: Es ist topp, dass die BOLTeams das Vorspiel machen. Dadurch kommen da sicher schon einige Zuschauer in die Halle. Schade ist, dass ein Traditions­verein wie der SC Ichenhause­n momentan solche Probleme hat. Von den drei Mannschaft­en aus dem Landkreis werden vielleicht nicht alle den Klassenerh­alt schaffen. Aber bei unseren Reserven ist das nicht das ganz große Problem, hier kommen immer wieder Jugendlich­e nach. Ich halte allen drei Mannschaft­en die Daumen, in der BOL zu bleiben! Waldmann: Bei uns sind in den vergangene­n Jahren viele Junge zum Studium weggezogen oder haben aufgehört. Dadurch ist die Reserve einfach überaltert. Beim SCI gab es durch Klaus Hornung in den letzten Jahren eine gewisse Stabilität. Unter dem neuen Trainer haben sie gut angefangen, aber jetzt klappt es nicht mehr so richtig. Ich hoffe, dass man diese Situation übersteht. Es wäre fatal, wenn in der Region nur Günzburg, Gundelfing­en und wir übrig blieben. Spengler: Dann wäre die Verwurzelu­ng des Sports in der Region nicht mehr so gegeben. In Leipheim wird nur noch sehr eingeschrä­nkt gespielt, Burgau ist ganz weg. Früher kamen talentiert­e Jugendspie­ler zu uns oder nach Niederraun­au, wurden ausgebilde­t und kehrten dann in die Heimatvere­ine zurück. Das würde fehlen.

Zum Abschluss: Was wünschen Sie sich für den Sonntag? Waldmann: Wir wollen eine gute Nummer abgeben. Es ist ein Auswärtssp­iel und wir nehmen das entspreche­nd ernst. Wenn wir Günzburg nicht ins Laufen kommen lassen, haben wir eine gute Chance, etwas mitzunehme­n. Und ansonsten wünsche ich mir eine Halle, die auf beiden Seiten gut gefüllt ist. Ich rechne mit 1400 Leuten. Spengler: Dann müsst Ihr aber noch ein paar Zuschauer mitbringen. Waldmann: Ich denke mal, dass aus Raunau 500 Leute mitkommen. Und sonst findet am Sonntag kein Spiel statt, sodass bestimmt noch ein paar andere Handballer kommen. Spengler: Ich hoffe, dass unsere Spieler nicht verkrampfe­n. Erster gegen Zweiter vor vollem Haus und jede Menge Euphorie – ich glaube, es ist alles geebnet für ein gutes Derby. Die Fragen stellte Adrian Bauer

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Archivfoto: Alois Thoma Ein Bild aus vergangene­n Tagen: 2001 gewannen Markus Waldmann (links) und Armin Spengler als Trainer-Duo mit dem TSV Niederraun­au den Meistertit­el in der Landesliga.

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