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Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der 16 Länder sind entschlossen, die Zahl der Abschiebungen deutlich zu erhöhen. Um das zu erreichen, beschlossen sie bei einem Bund-Länder-Gipfel ein 15-Punkte-Papier mit einer Reihe von Maßnahmen, die allerdings noch von Bundestag und Bundesrat umgesetzt werden müssen. Die entscheidende Neuerung ist die Einrichtung eines Ausreisezentrums („Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr“), das dem Bundesinnenministerium untersteht.
Nach dem geltenden Recht sind die Bundesländer für die Abschiebungen zuständig, allerdings handhaben die einzelnen Länder die Rückführungen überaus unterschiedlich. Das neue Abschiebezentrum, das innerhalb von drei Monaten seine Arbeit aufnehmen soll, wird sich vor allem um Sammelrückführungen kümmern und hat die Aufgabe, die dazu notwendigen bürokratischen Formalitäten zu erledigen. Es stehe „in ständigem Kontakt mit den Botschaften der Herkunftsländer und beschafft in Problemfällen die nötigen Dokumente für Personen, die Deutschland wieder verlassen müssen“, heißt es im Beschluss des BundLänder-Gipfels.
Experten verweisen allerdings auf die bestehenden Probleme bei den Abschiebungen, die auch ein Abschiebezentrum des Bundes nicht lösen kann. So weigern sich zahlreiche Herkunftsländer, die Identität ihrer Staatsbürger anzuerkennen und Ersatzpapiere auszustellen. „Die Idee der Bundesausreisezentren ist nicht neu“, sagt der Geschäftsführer von „Pro Asyl“, Günter Burkhardt. In der Vergangenheit wurden bereits errichtete Ausreisezentren nach einiger Zeit wieder geschlossen, „weil sie keineswegs dazu geführt hatten, eine höhere Zahl von Abschiebungen durchzusetzen“. Zudem gehe es bei der Prüfung von Abschiebungshindernissen oft um Sachverhalte, „die bundeszentral nicht adäquat geprüft werden können“. Wenn beispielsweise medizinische Gründe die Abschiebung in Frage stellen würden, „muss dies in Kooperation mit den behandelnden Ärzten vor Ort beurteilt werden“.
Die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder wissen um die Probleme mit den Her-
Von der „Willkommenskultur“zur „nationalen Kraftanstrengung bei Abschiebungen“in nur rund eineinhalb Jahren: Verzweifelt versucht die schwarz-rote Bundesregierung, die im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise gemachten Fehler auszubügeln. Die bewusste zeitweise Aufgabe staatlicher Kontrollmechanismen bei der Aufnahme von Migranten sollte schöne Bilder erzeugen, von einem Land, das Menschlichkeit über Vorschriften stellt. Doch die geplante Abschiebung Hunderttausender wird den gegenteiligen Eindruck erwecken. Genau das ist auch die Absicht der Politik. Für Ausländer ohne Asylanspruch, die auf dem Weg nach Deutschland sind, soll die Botschaft lauten: Es lohnt sich nicht, die lebensgefährliche Reise im Schlauchboot durchs Mittelmeer anzutreten. Ihr werdet zurückgebracht werden. Und an die verunsicherte deutsche Bevölkerung geht im Wahljahr das Signal, dass die Regierung – wieder – alles im Griff hat. Doch wäre die Bekämpfung von Fluchtursachen schon früher ernst genommen worden, hätten die Konzepte zum gemeinsamen Schutz der EU-Außengrenzen funktioniert und wäre Deutschland trotz aller Warnzeichen nicht scheinbar völlig unvorbereitet von der Wucht der Migrantenströme getroffen worden, bedürfte es jetzt keiner AbschiebeKraftanstrengung. Mit der die Politik ihre hektischen Versuche, selbst verursachte Missstände zu beheben, auch noch als Erfolg verkaufen will.