Das Matthäushaus öffnet seine Türen
Soziales Heute vor zwei Jahren zerstörte ein Feuer die Günzburger Obdachlosenunterkunft. Im Ersatzbau wird nun einiges anders – nicht nur der Name
Günzburg Genau heute vor zwei Jahren rückte die Günzburger Feuerwehr im Albert-Benz–Weg an, um zu retten, was zu retten war: Die Menschen, die in der Obdachlosenunterkunft lebten. Sechs Bewohner erlitten damals eine Rauchgasvergiftung, das Haus war nach dem Feuer nicht mehr bewohnbar. Jetzt ist der Ersatzbau fertig geworden, an der gleichen Stelle wie das alte Gebäude, aber doch in mehr als einer Hinsicht ganz anders.
Bereits von Außen ist die größte Veränderung zu erkennen: „Matthäushaus“heißt das neue Gebäude. Ein Name, über den der Stadtrat gerade erst bei seiner Klausurtagung in Nördlingen beraten hatte. Oberbürgermeister Gerhard Jauernig erklärt, warum. „Wenn Menschen hier zeitweise untergebracht sind, und sich dann wieder in ein normales, selbstbestimmtes Leben eingliedern, macht es sich einfach besser im Lebenslauf, wenn dort steht, man habe im Matthäushaus ge- wohnt – anstatt in der Obdachlosenunterkunft.“
Knapp 500 000 Euro hat die Stadt der Neubau gekostet, der auf 170 Quadratmetern zehn Zimmer mit Nasszellen, einen Waschraum und einen Besprechungsraum bietet. Das rein funktional ausgestattete Gebäude hat das Günzburger Architektenbüro Krüger und Nautscher entworfen – und dabei auf sein komplettes Honorar verzichtet, um Menschen, die in Not geraten, zu unterstützen.
Anders als zuvor sind die jeweils zwölf Quadratmeter großen Zimmer bereits möbliert. Ein Metallbett, Tisch und zwei Stühle sowie ein Metallspind sind in jedem Zimmer vorhanden. Ordnungsamtschef Helmut Stammer ist mit seinen Mitarbeitern für die Unterkunft zuständig. „Bisher mussten die Menschen, die wir hier untergebracht haben, selbst beim Caritas-Möbellager geeignetes Mobiliar besorgen. Jetzt haben wir eine eigene Lösung mit robuster Einrichtung geschaffen.“Beheizt werden die aus gedämmten Betonelementen gefertigten Zimmer zentral mit einer Erdgasheizung, erklärte Architekt Andreas Nautscher. Eigene Heizöfen oder Herde sind in der Hausordnung untersagt, um Brände wie jenen vor zwei Jahren zu verhindern.
Ziel ist es, die Menschen nur für eine gewisse Zeit in einem der Zimmer unterzubringen, betonte Oberbürgermeister Jauernig am Freitag bei der Einweihung des Hauses. Es gebe viele Gründe, warum Menschen plötzlich von Wohnungslosigkeit betroffen seien – durch Krankheit, das Ende einer Beziehung, den Verlust eines Arbeitsplatzes beispielsweise. „In einer solchen Situation verlieren diese Menschen nicht nur einen Raum, der Schutz und Sicherheit bietet und vor Kälte schützt, sondern vor allem auch einen Ort, der ihnen bislang ein Leben in Unabhängigkeit und Würde ermöglicht hat.“Mit freiwilligen Leistungen wie dem Bau dieser Unterkunft habe die Stadt nun ein weiteres Angebot geschaffen, um die Schwächeren und Benachteiligten in der Gesellschaft zu unterstützen. Der Besprechungsraum im Erdgeschoss biete die Möglichkeit zu Gesprächen, die bei der Rückkehr in ein eigenständiges, selbstbestimmtes Leben mit einer eigenen Wohnung helfen können.
Die beiden Günzburger Pfarrer Christoph Wasserrab und Alexander Bauer gaben dem Haus den kirchlichen Segen. Der evangelische Geistliche Bauer unterstrich die Bedeutung des Projekts, das angesichts schwierigen Zeiten und knapper Mittel im wahren Wortsinn ein Gottesdienst sei. „Dieses Haus ist ein sichtbares, lebendiges Zeichen, dass das nicht in Ordnung ist, wenn Menschen kein Dach über dem Kopf haben, keinen Ort, wo sie ihre Wohnung haben, kein Zuhause. Es ist überhaupt nicht in Ordnung, dass die einen so viel und die anderen so wenig haben.“Pfarrer Christoph Wasserrab bat um Gottes Segen für Bewohner und auch für die Menschen, die sich künftig um das Matthäushaus und seine Gäste auf Zeit kümmern werden.