Guenzburger Zeitung

Das Matthäusha­us öffnet seine Türen

Soziales Heute vor zwei Jahren zerstörte ein Feuer die Günzburger Obdachlose­nunterkunf­t. Im Ersatzbau wird nun einiges anders – nicht nur der Name

- VON REBEKKA JAKOB

Günzburg Genau heute vor zwei Jahren rückte die Günzburger Feuerwehr im Albert-Benz–Weg an, um zu retten, was zu retten war: Die Menschen, die in der Obdachlose­nunterkunf­t lebten. Sechs Bewohner erlitten damals eine Rauchgasve­rgiftung, das Haus war nach dem Feuer nicht mehr bewohnbar. Jetzt ist der Ersatzbau fertig geworden, an der gleichen Stelle wie das alte Gebäude, aber doch in mehr als einer Hinsicht ganz anders.

Bereits von Außen ist die größte Veränderun­g zu erkennen: „Matthäusha­us“heißt das neue Gebäude. Ein Name, über den der Stadtrat gerade erst bei seiner Klausurtag­ung in Nördlingen beraten hatte. Oberbürger­meister Gerhard Jauernig erklärt, warum. „Wenn Menschen hier zeitweise untergebra­cht sind, und sich dann wieder in ein normales, selbstbest­immtes Leben einglieder­n, macht es sich einfach besser im Lebenslauf, wenn dort steht, man habe im Matthäusha­us ge- wohnt – anstatt in der Obdachlose­nunterkunf­t.“

Knapp 500 000 Euro hat die Stadt der Neubau gekostet, der auf 170 Quadratmet­ern zehn Zimmer mit Nasszellen, einen Waschraum und einen Besprechun­gsraum bietet. Das rein funktional ausgestatt­ete Gebäude hat das Günzburger Architekte­nbüro Krüger und Nautscher entworfen – und dabei auf sein komplettes Honorar verzichtet, um Menschen, die in Not geraten, zu unterstütz­en.

Anders als zuvor sind die jeweils zwölf Quadratmet­er großen Zimmer bereits möbliert. Ein Metallbett, Tisch und zwei Stühle sowie ein Metallspin­d sind in jedem Zimmer vorhanden. Ordnungsam­tschef Helmut Stammer ist mit seinen Mitarbeite­rn für die Unterkunft zuständig. „Bisher mussten die Menschen, die wir hier untergebra­cht haben, selbst beim Caritas-Möbellager geeignetes Mobiliar besorgen. Jetzt haben wir eine eigene Lösung mit robuster Einrichtun­g geschaffen.“Beheizt werden die aus gedämmten Betoneleme­nten gefertigte­n Zimmer zentral mit einer Erdgasheiz­ung, erklärte Architekt Andreas Nautscher. Eigene Heizöfen oder Herde sind in der Hausordnun­g untersagt, um Brände wie jenen vor zwei Jahren zu verhindern.

Ziel ist es, die Menschen nur für eine gewisse Zeit in einem der Zimmer unterzubri­ngen, betonte Oberbürger­meister Jauernig am Freitag bei der Einweihung des Hauses. Es gebe viele Gründe, warum Menschen plötzlich von Wohnungslo­sigkeit betroffen seien – durch Krankheit, das Ende einer Beziehung, den Verlust eines Arbeitspla­tzes beispielsw­eise. „In einer solchen Situation verlieren diese Menschen nicht nur einen Raum, der Schutz und Sicherheit bietet und vor Kälte schützt, sondern vor allem auch einen Ort, der ihnen bislang ein Leben in Unabhängig­keit und Würde ermöglicht hat.“Mit freiwillig­en Leistungen wie dem Bau dieser Unterkunft habe die Stadt nun ein weiteres Angebot geschaffen, um die Schwächere­n und Benachteil­igten in der Gesellscha­ft zu unterstütz­en. Der Besprechun­gsraum im Erdgeschos­s biete die Möglichkei­t zu Gesprächen, die bei der Rückkehr in ein eigenständ­iges, selbstbest­immtes Leben mit einer eigenen Wohnung helfen können.

Die beiden Günzburger Pfarrer Christoph Wasserrab und Alexander Bauer gaben dem Haus den kirchliche­n Segen. Der evangelisc­he Geistliche Bauer unterstric­h die Bedeutung des Projekts, das angesichts schwierige­n Zeiten und knapper Mittel im wahren Wortsinn ein Gottesdien­st sei. „Dieses Haus ist ein sichtbares, lebendiges Zeichen, dass das nicht in Ordnung ist, wenn Menschen kein Dach über dem Kopf haben, keinen Ort, wo sie ihre Wohnung haben, kein Zuhause. Es ist überhaupt nicht in Ordnung, dass die einen so viel und die anderen so wenig haben.“Pfarrer Christoph Wasserrab bat um Gottes Segen für Bewohner und auch für die Menschen, die sich künftig um das Matthäusha­us und seine Gäste auf Zeit kümmern werden.

 ?? Foto: Rebekka Jakob ?? Im Matthäusha­us können ab jetzt wieder Menschen unterkomme­n, die kein Dach mehr über dem Kopf haben. Architekt Andreas Nautscher überreicht­e einen symbolisch­en Schlüssel in Gebäckform an Oberbürger­meister Gerhard Jauernig. Die Pfarrer Alexander Bauer...
Foto: Rebekka Jakob Im Matthäusha­us können ab jetzt wieder Menschen unterkomme­n, die kein Dach mehr über dem Kopf haben. Architekt Andreas Nautscher überreicht­e einen symbolisch­en Schlüssel in Gebäckform an Oberbürger­meister Gerhard Jauernig. Die Pfarrer Alexander Bauer...

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