Dieses Giebelhaus ist „richtig klasse“
Im Wengenviertel in Ulm tut sich was: In der Nähe der Fußgängerzone ist ein Millionenprojekt geplant. Warum das Gebäude schon jetzt als richtungsweisend gilt
Noch bevor die geplante Sanierung des Wengenviertels in der Ulmer Innenstadt so richtig losgeht, preschen zwei Privatleute voran: Die beiden Bauherren (Wengen 21 GbR und Friseur Vogellehner) von Wengengasse 21 und Wengengasse 25 wollen ihre Häuser aufstocken und die Giebel drehen und so nach Angaben des Miteigentümers und Architekten Wulf Oschwald drei Millionen Euro investieren.
„Richtig klasse“, findet das der Chefstadtplaner Volker Jescheck, wie er im Bauausschuss betonte. Mit der Investition in ein „sehr schönes Dreigiebelhaus“gelange ein Stück Urbanität in ein vernachlässigtes Viertel. Das vorgesehene weitere Geschoss sei städtebaulich richtig und die konsequente Fortführung der bereits im westlichen Kreuzungsbereich Wengengasse/Keltergasse realisierten Neubebauung. Baubeginn ist Juni, geplante Fertigstellung Anfang/Mitte 2018.
Beide Wohn- und Geschäftshäuser wurden 1964 errichtet und sind in den vergangenen Jahren nur geringfügig saniert worden. Geplant ist die Aufstockung beider Gebäude entlang der Wengengasse von bisher vier auf fünf Vollgeschosse bis zur Traufe.
In Folge der steilen Dachneigung und der daraus resultierenden Grundfläche entsteht im ersten Dachgeschoss rechnerisch gemäß der Definition der Landesbauordnung ein weiteres Vollgeschoss. Geplant ist, die Firstrichtung der beiden Gebäude zu drehen und zur Wengengasse hin drei neue Giebel auszubilden.
Zudem ist geplant, die beiden Bauten in östlicher Richtung zu erweitern und die angrenzenden Gehwege und Parkplätze entlang der Wengengasse zu überbauen. Die Begehbarkeit des bestehenden öffentlichen Gehwegs sei mittels einer Arkade im Erdgeschoss gegeben.
Dass die fünf öffentlichen Parkplätze entlang der Wengengasse im Zusammenhang mit dem Vorhaben wegfallen werden, rief Kritik unter den Ausschussmitgliedern hervor. CDU-Stadtrat Siegfried Keppler schlug vor, die Autos künftig unter den Arkaden parken zu lassen was Baubürgermeister Tim von Winning als realitätsfern wertete. Von Winning verwies auf die vielen Parkplätze, die im Bau befindlichen Sedelhöfe-Quartier entstehen. Ein neues Parkhaus mit 700 Stellplätzen entsteht wie berichtet unter den Verkaufsebenen der Sedelhöfe.
Jescheck verwies darauf, dass mit der Aufwertung des Quartiers die Mieten steigen. „Das Viertel wird teurer.“Was aber völlig normal sei, wenn die Attraktivität eines ganzen Stadtteils steige.
Das Quartier ist durch eine lieblos wirkende Nachkriegsbebauung heute weder als Geschäftslage noch als Wohnstandort attraktiv. Doch mit dem Herranrücken Ulms an die Landeshauptstadt Stuttgart durch die Neubaustrecke, rückt die günstige Lage langsam in das Visier der Immobilienmakler: günstig gelegen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Ulmer Geschäftszentrum und nahe beim Hauptbahnhof.
Um nicht im Windschatten des City-Bahnhof-Projekts und der Sedelhöfe abgehängt zu werden, hat der Gemeinderat dem Wengenviertel bereits vor drei Jahren den Status eines Sanierungsgebietes verliehen und die städtebaulichen Ziele schriftlich festgelegt. Beispielsweise soll der Einzelhandel gestärkt werden und der Platz vor der Wengenkirche als Quartiersmitte belebt werden.