Guenzburger Zeitung

Mehr Autos auf der A8, aber weniger Unfälle

Verkehr Eine neue Statistik zeigt: Auf der Autobahn sind deutlich mehr Fahrzeuge unterwegs. Die Feuerwehr war im vergangene­n Jahr häufiger im Einsatz als davor. Umso erstaunlic­her sind die Unfallzahl­en der Polizei

- VON HEIKE SCHREIBER

Landkreis Die A8 ist die wichtigste Verkehrsac­hse in der Region. Und ihre Bedeutung nimmt sogar noch zu: Auf der Autobahn sind immer mehr Fahrzeuge unterwegs. Das zeigt eine neue Statistik, die die Bundesanst­alt für Straßenwes­en jetzt veröffentl­icht hat. Bundesweit stieg der Verkehr auf den Autobahnen in den vergangene­n fünf Jahren um acht Prozent. Auf der Strecke zwischen Leipheim und Günzburg liegt der Zuwachs mit über zehn Prozent über dem Durchschni­tt.

Die Messungen der Bundesanst­alt für Straßenwes­en stammen aus dem Jahr 2015, neuere gibt es nicht. Im selben Jahr wurde im Herbst die sechsspuri­ge Autobahn zwischen Augsburg und Ulm komplett für den Verkehr freigegebe­n. Trotzdem wird anhand der Zahlen deutlich, dass das Ende der Baustelle einen Zuwachs brachte. Jeden Tag waren durchschni­ttlich 61500 Fahrzeuge zwischen Leipheim und Günzburg unterwegs – und damit 10,4 Prozent mehr als bei der letzten Messung fünf Jahre zuvor. Damals war die Verkehrsbe­lastung in diesem Bereich sogar gesunken. Fast überall stieg in den vergangene­n Jahren der Anteil des Schwerlast­verkehrs. Etwa 14 Prozent aller Fahrzeuge auf der A8 sind Busse und Lastwagen mit mehr als 3,5 Tonnen. Spitzenrei­ter bei den schweren Kraftfahrz­eugen ist die Strecke zwischen Günzburg und Burgau mit 18,3 Prozent.

Und wie sieht es mit der Entwicklun­g der Unfallzahl­en aus? Mit Spannung hat Werner Schedel auf die Statistik gewartet, erst seit wenigen Tagen liegt sie vor – und der Leiter der Autobahnpo­lizei ist selbst überrascht über das Ergebnis. 268 Unfälle hat es 2016 zwischen Leipheim und Zusmarshau­sen gegeben, davon 137 sogenannte Kleinunfäl­le. Bei 40 Unfällen kamen Menschen zu Schaden, 49 wurden leicht, zwölf schwer verletzt, ums Leben kam überhaupt kein Autofahrer. Da in den Jahren 2011 bis 2015 die Autobahn ausgebaut wurde, mit Baustellen übersät war und ein Vergleich schlecht möglich ist, warf Schedel einen Blick auf 2010. Es war das letzte Jahr, in dem die A 8 in seinem Zuständigk­eitsbereic­h noch vierspurig und ohne Baustelle befahrbar war. Damals ereigneten sich 294 Unfälle, 53 Menschen wurden leicht und 14 schwer verletzt, ein Autofahrer starb. In der fünfjährig­en Bauphase kam Schedel auf Durchschni­ttswerte von 330 Unfällen (2015: 397), hauptsächl­ich notierte er kleinere Unfälle.

Mit der Entwicklun­g ist Schedel durchaus zufrieden. Dass es seit der Streckenfr­eigabe trotz des gestiegene­n Verkehrsau­fkommens keinen Toten zu beklagen gebe, sei „sehr positiv“. Vor allem die baulichen Maßnahmen haben in Schedels Augen gegriffen. Dank der neuen Wildzäune sei die Zahl der Wildunfäll­e von 23 in 2010 auf elf im vergangene­n Jahr gesunken. Der durchgehen­de Seitenstre­ifen sei ebenfalls eine extreme Verbesseru­ng, vor allem für die Polizei selbst. Schedels größte Befürchtun­g, dass das Aufheben der Geschwindi­gkeitsbesc­hränkung zu deutlich schwereren Unfällen führen könnte, bestätigte sich nicht. Insgesamt gab es nur 29 Unfälle, bei denen die Geschwindi­gkeit Hauptursac­he war, 2010 waren es noch 49 gewesen. Weitere Unfallursa­chen im Jahr 2016 waren Fehler beim Überholen (32 Unfälle), technische Mängel (29), Fahrstreif­enwechsel (28) und das Nichteinha­lten des Sicherheit­sabstands (24 Unfälle).

„Die Wahrnehmun­g ist oft eine andere“, gibt Schedel zu. Gerade im Sommer habe es eine Reihe von schweren Unfällen gegeben, „aber das war eine punktuelle Phase, das Jahresmitt­el ist sehr positiv“.

Obwohl die Zahl der Unfälle 2016 gesunken ist, hatte die Feuerwehr im selben Zeitraum deutlich mehr zu tun als im Jahr davor. 41 Mal mussten die Wehren zu Unfällen ausrücken (2015: 23), 17 Brandeinsä­tze kommen dazu (2015: 18). Woran das liegt, kann sich auch Kreisbrand­rat Robert Spiller nicht genau erklären. Seiner Ansicht nach haben die Unfälle seit dem Ausbau der Autobahn auf sechs Spuren, dem Abschaffen der Geschwindi­gkeitsbesc­hränkung und dem Einbau von Betongleit­wänden eine ganz andere Qualität. „Früher ist man häufig mit dem Auto einfach in den Graben gefahren. Wer jetzt einen Unfall baut, der wird zwischen den Betonwände­n wie ein Ping-Pong-Ball von einer Seite auf die andere geschleude­rt“, sagt Spiller. Die Unfallstel­len seien dadurch oftmals viel länger und unübersich­tlicher geworden, die Feuerwehr müsse auf längeren Strecken absichern.

Die Ehrenamtli­chen versuchen laut Spiller, so schnell wie möglich zu arbeiten, würden jedoch immer häufiger behindert und dann auch noch heftig kritisiert. Eine Rettungsga­sse werde oft nur zögerlich freigegebe­n, vielfach werde auch noch der Seitenstre­ifen belegt. „Und dann beschwert man sich sofort in Foren im Internet über die langen Staus“, stellt Spiller ein neues Phänomen fest.

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