„Ein bisschen Bio gibt es nicht“
Landwirtschaft Warum Bauer Krimbacher die Vorschläge des Bundesagrarministers für untauglich hält – und für gefährlich
Herr Krimbacher, Sie sind lange schon Biolandwirt. Gestern hat Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) angekündigt, den ökologischen Anbau in Deutschland stärken zu wollen. Was halten Sie davon?
Krimbacher: Man hat das hier lange genug verschlafen. In Österreich liegt der Anteil der ökologischen Landwirtschaft bei 20 Prozent, in manchen Regionen sogar bei 50 Prozent. Die sind uns da weit voraus.
Prämien sollen auch die Betriebe erhalten, die nur teilweise auf Öko-Anbau umstellen.
Krimbacher: Ich halte das für äußerst gefährlich. Zwei Bewirtschaftungsarten kommen zusammen und werden vermischt. Ein bisschen Bio gibt es nicht. Hier werden Betrug Tür und Tor geöffnet.
Schmidt will auch mit neuen Düngeregeln das Grundwasser besser schützen. Übermäßiger Einsatz von Gülle und stickstoffhaltigem Dünger gilt als Hauptursache für zu hohe Nitratwerte im Grundwasser. Der Minister hat angekündigt, die Zeiträume zu verlängern, in dem nichts ausgebracht werden darf. Ist das der richtige Weg für Sie?
Krimbacher: Das ist nur eine Symptombekämpfung. Das eigentliche Problem beseitigt man damit nicht. Denn die Gülle ist ja da. Und die muss weg. Dann bringt man sie im verbliebenen Zeitraum verstärkt aus. Damit ist niemandem gedient.
Warum macht die Gülle die Probleme?
Krimbacher: Durch die lange Lagerung in Gruben findet ein Gärprozess statt. Diese Veränderung der Gülle hat zur Folge, dass Bodenorganismen nach dem Ausbringen auf die Felder nicht mehr in der Lage sind, die Gülle schnell in Nährstoffe zu verwandeln und der Pflanze bereitzustellen. Man könnte Gülle behandeln – belüften, effektive Mikroorganismen einsetzen oder mit Steinmehl arbeiten. Doch das kostet Geld. Außerdem hat die Massentierhaltung schon lange den natürlichen Kreislauf durchbrochen. Futtermittel wird aus dem Ausland zugekauft. Viele Tiere bedeutet auch viel Gülle, die letztlich auf einer zu kleinen Fläche ausgebracht wird. Das ist das Grundproblem der Überdüngung.
Betrachten Sie die Gülle als das größte Problem, wenn es um die Nitratbelastung geht?
Krimbacher: Nein, für mich ist es der Kunstdünger, den keine angebaute Pflanze braucht, um zu überleben. Aber er soll permanente Höchsterträge sichern helfen.
Und warum ist das so problematisch?
Krimbacher: Im Gegensatz zur Gülle ist der Kunstdünger wasserlöslich. Hier muss gar nichts umgewandelt werden. Die Pflanze geht ohne Wasser ein. Das muss sie also aufnehmen, was wiederum bedeutet: Sie nimmt auch die darin zu viel enthaltenen Nährstoffe in Kauf und lagert das mögliche Überangebot ein – mit dem Ergebnis, dass Salate und Gemüse häufig stark mit Nitrat belastet sind. Der Grenzwert liegt beim Trinkwasser bei 50 Milligramm Nitrat pro Liter. Für die genannten Nahrungsmittel gibt es diese Grenze nicht. Verglichen mit dem Trinkwasser ist der tatsächliche Belastungswert aber um ein Vielfaches höher. Doch darüber redet niemand. Außerdem gerät durch Kunstdünger das natürliche Nährstoffgleichgewicht durcheinander, was zur Krankheitsanfälligkeit der Pflanze führt.
Was raten Sie also?
Krimbacher: Man sollte sich bewusst ernähren und Nahrungsmittel dort kaufen, wo umweltverträglich gewirtschaftet wird. Rückstandsfreie Produkte gibt es allerdings nirgendwo mehr. Wer so etwas behauptet, ist ein Märchenonkel. Wir haben das Wasser versaut, die Luft und den Boden – das nennt man dann Fortschritt. Interview: Till Hofmann Veranstaltung Zur Nitratproblematik in Trinkwasser und Nahrung spricht der Biobauer heute um 20 Uhr in Ettenbeuren (Rittersaal über dem Dorfladen).