Wo bleibt die Vielfalt im Netz?
Mit Individualität ist es in den sozialen Netzwerken nicht weit her. Ein GIF nach dem anderen wird rasant durch die Community gejagt und landet von unzähligen Nutzern geteilt in der Nachrichtenflut gleich mehrfach auf meinem Handy. Welle um Welle schlagen die immer gleichen Bilder, Videos oder einfach nur dummen Sprüche am Ufer meines Netzwerk-Strandes auf. Herausragende Trends sind dabei internationale Großereignisse, MainstreamTV-Shows, das Wetter oder irgendeine kuriose Tiergeschichte. Und dabei ist es immer wieder der gleiche nervige Humor, den die Nutzer in die Welt ablassen. Warum teilen 15 sogenannte Freunde den Link mit ein- und demselben Statement, wenn ihn doch zuvor schon 85 271 Nutzer weiterverbreitet haben?
Schon klar: Im Netz sind wir alle Herdentiere. Keiner begibt sich freiwillig auf Plattformen, wo er kaum bekannte Nutzer wiederfindet. Für außergewöhnlich merkwürdige Postings bekommt kein Nutzer einfach so seine 80 Likes. Und indem soziale Netzwerke uns anhand von ausgefeilten Algorithmen auch noch hauptsächlich die Beiträge anzeigen, mit denen wir am ehesten konform gehen, sind wir auf Mainstream praktisch gedrillt. Aber ist das denn erstrebenswert?
Eigentlich sind viele Social-Media-Nutzer doch darauf aus, die verschiedenen Facetten des Lebens auf der Welt kennenzulernen. Mit dem Einheitsbrei aus lustigen Bildern, Katzenvideos und überschlauen Sprüchen aus dem Lebensalltag, die anschließend von zigtausenden Nutzern geteilt werden, kommt man jedenfalls nicht weit. Ebenso wenig mit den vorgefertigten Posts, die Facebook jetzt immer mehr bietet. Traut uns dieses Netzwerk jetzt nicht mal mehr zu, einen Status selbst zu formulieren oder die Bilder und Videos des Tages selbst auszuwählen? Kein Wunder, dass immer mehr junge Leute dem Giganten den Rücken kehren. Vielleicht teilen sie einfach wieder ein bisschen mehr in der Realität.