Kloster aus 1,2 Millionen Klötzchen
Modell Burkhard Simoneit und Stephan Schumann bauen das Wiblinger Wahrzeichen mit Legosteinen nach. Ein Teil ist bereits fertig, doch es steht noch gewaltig viel Arbeit bevor
Kaum ein Durchkommen ist im Keller des Wiblingers Burkhard Simoneit. Hier, zwischen unzähligen Kisten mit Legosteinen und fertigen Gebäudeteilen, werden Simoneit und Stephan Schumann, der mit Burkhard Simoneit die Begeisterung für das kreative eigene Bauen von Legomodellen teilt, derzeit zu fünften Baumeistern des ehemaligen Benediktinerklosters im Ulmer Stadtteil Wiblingen. Simoneit hatte keine Vorstellung, worauf er sich 2014 einließ, als ihm die Idee durch den Kopf ging, die barocke Klosteranlage in Legosteinen nachzubauen. Nach der Fertigstellung der Fassade der frühklassizistischen Klosterkirche kam der Reiz der Dreidimensionalität: Würde es möglich sein, die gesamte Klosterkirche oder gar die ganze Anlage des 1093 gegründeten Klosters nachzubauen?
1600 Arbeitsstunden später: Nord- und Südflügel des 1806 säkularisierten Klosters sind ebenso fertiggestellt wie die 1,60 Meter lange Klosterkirche. Bis Herbst wollen Burkhard Simoneit, Sachbearbeiter in der Verwaltung des Polizeipräsidiums Ulm, und der Elektroniker Stephan Schumann die Anlage von Kloster Wiblingen in Legosteinen komplett nachgebaut haben – mit allen Nebengebäuden. Und sie wollen noch mehr: Das Highlight ihres Legomodells – das mindestens eines der größten privaten Modelle ist, die je in Deutschland gebaut wurden – soll es werden, über die existierende Wiblinger Klosteranlage hinauszugehen und die nie fertiggestellten Türme nach den Originalplänen en miniature erstehen zu lassen. Erstmals – denn nie wurde Kloster Wiblingen als Modell nachgebaut, weder in Holz noch in einer anderen Weise.
Die Türme der Klosterkirche werden dann 1,80 Meter hoch sein – und die Anlage am Ende eine Fläche von sechs auf acht Metern umfassen. Etwa 1,2 Millionen Legosteine werden im Modell verbaut sein. Die Kosten liegen bei etwa 40000 bis 45 000 Euro. Zwar erfuhr Simoneit finanzielle Unterstützung vom Land Baden-Württemberg, von der Stadt Ulm und auch von privaten Sponsoren. Dennoch kosten die Steine etwa 20000 Euro mehr als Simoneit bislang an Sponsorengeldern bekam.
Burkhard Simoneit und Stephan Schumann teilen sich die Aufgaben des Baus: Simoneit, der Ältere von beiden und der Ideengeber, hat die Bauleitung. Stephan Schumann ist der „Architekt“des Nachbaus. Im Moment modelliert er maßstabsgetreu die Fassade des Kapitelsaals des Klosters, der auch ein möglichst realistisches Innenleben bekommen soll. Und ganz oben unterm Dach des Gebäudeteils arbeiten zwei Lego-Männchen an einem Tisch und bauen Kloster Wiblingen im extremen Miniaturformat nach: Hier haben sich die beiden „Klötzlebauer“selbst verewigt.
Für die Gartenanlage des KlosterNachbaus entstehen gerade Szenarien, die die Events nachstellen lassen, die dort tatsächlich jedes Jahr stattfinden – der Mittelaltermarkt samt Ritterturnier, die Gartenmesse Diga und das Open Air im Klosterhof.
In einem Szenario, das Stephan Schumann sogar beleuchten und musikalisch bespielen will, steht im Moment ein als Lindsey Sterling interpretierbares Lego-Figürchen auf der Bühne, die von umfangreicher Licht- und Tontechnik umgeben ist.
Ehe im Herbst ganz offiziell und mit Vertretern der Stadt Ulm, dem Land Baden-Württemberg und der katholischen Kirche der Schlussstein ins Modell gesetzt wird, haben Burkhard Simoneit und Stephan Schumann noch eine besondere Aufgabe vor sich: Sie träumen davon, den Bibliothekssaal des Klosters auch innen zumindest zum Teil in Lego-Bausteinchen nachzugestalten, offen, sodass er einsehbar ist und beleuchtet werden kann.
Aktuell befindet sich der zentrale und bereits fertiggestellte Teil der Anlage mit der 70 Kilogramm schweren Klosterkirche im Kloster Schussenried, wo er (noch bis 5. März) im Rahmen der Ausstellung „Faszination Lego“besichtigt werden kann. Danach wird dieser Teil wieder ins Kloster Wiblingen zurückkehren.