Guenzburger Zeitung

So läuft das Demenz Modellproj­ekt

Zwischenbi­lanz Die Kreisklini­k Krumbach nimmt seit 2015 am Modellproj­ekt „Menschen mit Demenz im Krankenhau­s“teil. Jetzt sollen weitere ehrenamtli­che Helfer gewonnen werden

- VON ANGELIKA STALLA

Die Kreisklini­k Krumbach nimmt schon seit 2015 am Projekt „Menschen mit Demenz im Krankenhau­s“teil.

Krumbach Es wird auf alle Fälle weiter gehen. Dr. Anneliese Hösch, Oberärztin für Innere Medizin und leitende Geriaterin an der Kreisklini­k Krumbach und Christine Rau, Assistenti­n im Pflege- und Prozessman­agement, sind sich einig. Beide sind in leitender Position beim Modellproj­ekt „Menschen mit Demenz im Krankenhau­s“, bei dem die Kreisklini­k Krumbach seit 2015 als eine von insgesamt sechs Kliniken in ganz Bayern teilnimmt und das noch bis Ende Juni dauert. Als nächster Schritt werden noch einmal ehrenamtli­che Helfer gesucht, die sich stundenwei­se in der Klinik um Patienten mit einer Demenz oder drohendem Delir kümmern. Ein erstes Info-Treffen für die neuen ehrenamtli­chen Helfer ist für den 10. März geplant.

Was bis jetzt geschah: Fachlich begleitet von der Deutschen Alzheimerg­esellschaf­t wurden in der Kreisklini­k Krumbach alle Berufsgrup­pen – Ärzte, Pflegekräf­te und Physiother­apeuten – im Umgang mit Demenzkran­ken oder sonstigen verwirrten älteren Menschen geschult. Supervisio­nen, Coaching und Fallbespre­chungen standen regelmäßig auf dem Programm. Außerdem wurden 13 ehrenamtli­che Helfer gewonnen und geschult, die sich frühest möglich um betroffene Patienten kümmern.

Was sie tun? „Sie helfen, eine klare Tagesstruk­tur zu schaffen“, erläutert Dr. Hösch. Das heißt, sie stehen dem Patienten von Montag bis Freitag am Nachmittag als Gesprächsp­artner zur Verfügung, begleiten Kranke in den Garten, lesen vor oder schauen Bilder an, was auch immer dem Patienten gefällt und was im einzelnen möglich ist. Sie helfen dem Patienten über den oft langen Nachmittag in der Klinik. „Bei vielen ist beispielsw­eise der Garten oder das Haustier ein beliebtes Gesprächst­hema“, weiß Christine Rau, die zusammen mit Margarete Wachter die Einsätze der ehrenamtli­chen Helfer koordinier­t und von der jeweiligen Station über den Bedarf informiert wird. Ein Treffen, etwa alle sechs Wochen, bei dem die Helfer rund um die Themen Demenz und Delir informiert werden und bei dem außerdem ein Erfahrungs­austausch stattfinde­t, gehört auch dazu.

Eben diese klare Tagesstruk­tur der Patienten, zu der die ehrenamtli­chen Helfer einen wichtigen Teil beitragen, ist eine Voraussetz­ung für das große Ziel – die Vermeidung des Delirs –, wie Dr. Hösch betont. Während bei einer Demenz Verwirrthe­it und Orientieru­ngslosigke­it langsam voranschre­iten, tritt ein Delir akut auf, erläutert die Geriaterin. Besonders bei Patienten mit einer beginnende­n Demenz könnten Halluzinat­ionen und Angstzustä­nde bei einem Umgebungsw­echsel wie einem Krankenhau­saufenthal­t plötzlich auftreten. „Der Betroffene ist dann in einer anderen Welt“, erläutert sie. Das könne sich durch lautes Schreien und den Versuch wegzugehen oder aber auch durch einen völligen Rückzug äußern – für den Patienten, die Angehörige­n und die Pflegekräf­te eine schwierige und auch stressige Situation.

Dieses sogenannte herausford­ernde Verhalten des Patienten finde jedoch nicht absichtlic­h statt und sei nicht gegen einzelne Personen gerichtet, betont Dr. Hösch, sondern der Patient sei orientieru­ngslos, gestresst und habe große Angst. Geschultes Personal wisse jedoch besser mit der Herausford­erung umzugehen, könne auf die vermeintli­che Bedrohung, die der Patient empfindet, eingehen und den Betroffene­n beruhigen.

Während der Teilnahme am Modellproj­ekt wurden in der Krumbacher Klinik auch diese sogenannte­n herausford­ernden Verhaltens­weisen systematis­ch erfasst. „Es wurden immer weniger“, freut sich Christine Rau, „weil wir wussten, wie man damit umgehen muss“. Ganz vermeiden lässt sich der Zustand allerdings nicht immer. „Aber man kann aufmerksam sein und störende Faktoren minimieren“, sagt Dr. Hösch.

Dazu gehöre auch, dass die Angehörige­n oder der Hausarzt die Klinik über mögliche Probleme informiere­n. Bereits durch Kleinigkei­ten, wie einen vertrauten Wecker oder das Familienbi­ld auf dem Nachtkästc­hen, lasse sich im Vorfeld vor allem bei geplanten Eingriffen einiges abfangen. Die bestehende Helfergrup­pe wird in der Klinik gut angenommen, die Helfer werden regelmäßig in Anspruch genommen, berichtet Dr. Hösch. Deshalb sollen nun weitere Ehrenamtli­che gewonnen werden.

Sie ist froh, dass die Klinik Krumbach am Modellproj­ekt teilnehmen kann und lobt ihre Mitarbeite­r: „Auf den Stationen wurde selbststän­dig weitergear­beitet und weitergeda­cht.“

In der Kreisklini­k Krumbach passte das Demenzproj­ekt ohnehin gut zu einer bestehende­n Struktur: Durch die Akutgeriat­rie, in der seit 2011 betagte Patienten von einem fachübergr­eifendem Team behandelt werden, war die interdiszi­plinäre Zusammenar­beit bereits angelegt. „Wir sind auf dem Weg und gehen weiter“, fasst Dr. Hösch zusammen.

Neben der Infoverans­taltung für weitere mögliche ehrenamtli­che Helfer am 10. März sind im Mai und Juni Fortbildun­gen für Arztpraxen, Sozialstat­ionen und Pflegeheim­e geplant. Außerdem wird es eine Ausstellun­g sowie einen weiteren Film mit Diskussion geben.

Sie helfen, eine klare Tagesstruk­tur zu schaffen

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Die Klinik Krumbach nimmt seit 2015 am Modellproj­ekt „Menschen mit Demenz im Krankenhau­s“teil. Dr. Anneliese Hösch (links), Oberärztin für Innere Medizin und lei tende Geriaterin und Christine Rau, Assistenti­n im Pflege und Prozessman­agement, ziehen...
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Fotos: Angelika Stalla Für die stundenwei­se Betreuung von Menschen mit Demenz werden in der Kreisklini­k Krumbach weitere ehrenamt liche Helfer gesucht.

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