Guenzburger Zeitung

Der Märchenkön­ig

USA Präsident Donald Trump gibt eine denkwürdig­e Pressekonf­erenz: Er lobt sich selbst und greift die Medien an. Die Fehlschläg­e seiner ersten vier Wochen will er nicht wahrhaben

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Was war das? Ein Wahlkampfa­uftritt? Eine Bilanz? Ein Gesprächsa­ngebot? Eine erneute Kriegserkl­ärung an die Medien? Donald Trump hat am Donnerstag – kurzfristi­g und überrasche­nd anberaumt – eine Pressekonf­erenz gegeben, wie sie das Weiße Haus noch nicht erlebt hat. Hastige Erklärungs­versuche, harte Angriffe, wirre Phrasen, dann wieder kurze Momente ernsthafte­r Nachdenkli­chkeit und väterliche­r Gönnerhaft­igkeit.

Die vergangene­n Wochen müssen an Donald Trump gezehrt haben. Ein vor Gericht durchgefal­lener Einreise- und Flüchtling­sstopp, eine Dauerdebat­te um die RusslandKo­ntakte des inzwischen geschasste­n Sicherheit­sberaters Michael Flynn, zunehmende Kritik aus der eigenen Partei, verheerend­e Umfragewer­te: Donald Trumps erste vier Wochen im Weißen Haus waren ein einziger Fehlschlag, von Chaos ist die Rede, von einem Hauen und Stechen innerhalb seines innersten Zirkels, von Ratlosigke­it in den teils noch immer führungslo­sen Ministerie­n.

Trump wirkt wie ein der Realität längst entrückter Märchenkön­ig wenn er sagt: „Diese Regierung arbeitet wie eine gut abgestimmt­e Maschine.“Die Bilanz sei makellos, kaum eine Regierung habe jemals so schnell so viel geschafft wie seine. Schließlic­h habe er ein Chaos geerbt, das es nun aufzuräume­n gelte. Menschen, die sich auskennen im Weißen Haus, zeichnen ein anderes Bild: Trump und seine Leute haben das Chaos entfacht. Und inmitten dessen geriert er sich wie ein strenger Herrscher, der sich nicht sehr erfolgreic­h um Milde bemüht. Er wirkt bei der Pressekonf­erenz völlig entfesselt, klingt in Teilen wieder ganz so, als stünde die Präsidents­chaftswahl erst noch bevor.

Eigentlich ist er hergekomme­n, weil er einen neuen Kandidaten für das Arbeitsmin­isterium präsentier­en musste. Der ursprüngli­che Anwärter Andy Puzder hatte seine Kandidatur zurückgezo­gen, weil ihm eine Niederlage im Senat sicher gewesen wäre. Es war einer von mehreren Rückschläg­en, die Trump plagten. Aber darum geht es nur kurz. Der Präsident ist hier, um abzurechne­n. Mit den Medien, mit seinen Kritikern. Mit all jenen, die sagen, es laufe nicht rund.

Nur: Trumps erste vier Wochen waren alles andere als reibungslo­s. Rasch wollte er Ernst machen mit seinen Wahlkampfv­ersprechen, verfügte gleich zu Beginn, dass Menschen aus sieben mehrheitli­ch islamisch geprägten Ländern nicht mehr ins Land kommen dürfen. Aber das Dekret war mit der heißen Nadel gestrickt. Gerichte wiesen Trump deswegen in die Schranken.

Sein Nationaler Sicherheit­sberater Michael Flynn stürzte über ein Telefonat mit dem russischen Botschafte­r. Es ging dabei um die Sanktionen gegen Russland, das steht nun fest – aber Flynn hat lange das Gegenteil behauptet. Trump sieht sich nun mit der Frage konfrontie­rt, was er wann wusste und ob Flynn eigenständ­ig oder auf Anweisung handelte. Aus der Zeit nach der Watergate-Affäre ist der Satz überliefer­t, die Vertuschun­g sei schlimmer als das eigentlich­e Verbrechen. Es ist ein Satz, den so einige in Washington derzeit wieder zitieren.

Trump wagt sich in die Offensive und er tut das so, wie er es auch im Wahlkampf immer wieder gemacht hat: Er wischt alles weg. Das eigentlich­e Problem seien die gesetzeswi­drigen Indiskreti­onen, die ständigen „leaks“, für die er die Geheimdien­ste verantwort­lich macht.

Er spricht nicht zu den Journalist­en im Raum, er spricht über sie, das eigentlich­e Publikum sind seine Anhänger draußen im Land. Dann aber der Bruch: Plötzlich geht Trump in den Nahkampf, lässt fast genüsslich Nachfragen zu. Jim Acosta, vom Sender CNN, dem er noch vor kurzem das Wort abschnitt, darf mehrmals nachfragen. Trump liefert sich Wortgefech­te, an einigen Stellen erklärt er, wird für seine Verhältnis­se fast philosophi­sch.

Mal ist er auf Augenhöhe mit den Reportern, mal erhebt er sich über sie. Wie ein strenger Lehrer weist er eine Journalist­in an, sich zu erheben. Dann wieder lobt er andere für den Tiefgang ihrer Fragen. Einen Reporter, der ihn zu antisemiti­schen Strömungen unter seinen Anhängern befragt, bezichtigt er, Lügen verbreiten zu wollen.

Trump selbst spielt mit den Fakten, verdreht sie, wie es ihm passt. Aber zumindest bei einer Sache kommt er nicht damit durch. Immer wieder hat er fälschlich­erweise behauptet, er habe so viele Stimmen von Wahlleuten bekommen wie seit Ronald Reagan niemand mehr. Das stimmt nicht, schon der Republikan­er George H. W. Bush kam 1988 auf 426 Wahlleute. Trump holte 304. Als ihn ein Journalist darauf anspricht, gerät Trump in Erklärungs­not. „Die Informatio­nen wurden mir gegeben“, sagt er.

Es ist ein denkwürdig­er Auftritt. Der CNN-Journalist Brian Stelter meint anschließe­nd, Trump lebe in einer Realitysho­w-Welt, die er selbst kreiert habe.

M. Hennemuth, M. Donhauser, dpa

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Foto: Nicholas Kamm, afp

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