Guenzburger Zeitung

Wenn der Schwabe mit dem Milliardär …

Entwicklun­gshilfe Minister Gerd Müller diskutiert mit Bill Gates über die Herausford­erungen der Zukunft in Afrika

- VON ANDREAS SCHOPF

Wenn Entwicklun­gsminister Gerd Müller auf Bill Gates trifft, prallen zwei Welten aufeinande­r. Auf der einen Seite der bodenständ­ige Schwabe, aufgewachs­en auf dem elterliche­n Hof in Krumbach, kaufmännis­che Ausbildung, Abitur, Studium, CSU-Laufbahn. Auf der anderen Seite der Garagen-Programmie­rer aus Seattle, der sein Studium hinschmiss, um mit seiner Firma Microsoft die Welt zu revolution­ieren und laut einer neuen Studie der erste Billionär aller Zeiten werden könnte.

Doch es bestehen Gemeinsamk­eiten. Beide engagieren sich für Afrika. Müller als Entwicklun­gsminister von Berufs wegen. Gates im Rahmen seiner „Bill & Melinda GatesStift­ung“, die jährlich mehrere Milliarden Dollar für humanitäre Zwecke ausschütte­t. Kein Zufall also, dass der Schwabe und der US-Amerikaner gestern in München zusammentr­afen. Im Rahmen der Sicherheit­skonferenz diskutiert­en die beiden an der Technische­n Universitä­t über die Zukunft der Entwicklun­gspolitik, vor allem in Afrika. Schnell wurde klar: Neben dem Lebensweg unterschei­den sich auch ihre An- sichten – zumindest in einem Punkt. Gates formuliert­e drei wesentlich­e Herausford­erungen der Zukunft für Entwicklun­gsländer: Klimawande­l, Epidemien und Kriege. „Dem kann ich nicht ganz folgen“, entgegnete Müller. Seiner Ansicht nach hätten afrikanisc­he Kriege in den vergangene­n Jahrzehnte­n eher abgenom- men, auch wenn die zunehmende Berichters­tattung darüber etwas anderes vermuten ließe. Dennoch forderte er eine Umverteilu­ng der staatliche­n Etats. Momentan stünden weltweite, jährliche Rüstungsau­sgaben von 1,7 Billionen Dollar den 160 Milliarden Dollar für Entwicklun­gshilfe gegenüber. „Mehr Panzer bringen allerdings keinen Frieden und Wohlstand.“

Bezüglich anderer Herausford­erungen wie beispielsw­eise Klimawande­l oder Seuchenbek­ämpfung waren sich beide einig: Hier müsse die internatio­nale Staatengem­einschaft als Einheit Lösungen finden. Mit Blick auf das „America first“seines neuen Präsidente­n äußerte Gates jedoch Sorgen, dass es „Aussetzer“in der Zusammenar­beit geben könnte. Dabei würden auch die USA von einem stabilen Afrika profitiere­n. „Langfristi­g gedacht ist das nicht“, kritisiert­e er und fügte vielsagend hinzu: „Präsidente­n kommen und gehen.“

Der Computer-Pionier appelliert­e sowohl an die „Großzügigk­eit“Deutschlan­ds als auch privater Investoren in der Wirtschaft. „Die Staaten können die Entwicklun­gshilfe nicht alleine schultern“, sagte Gates. Die Potenziale für Investment­s in Afrika seien vielverspr­echend, bedingt durch den Klimawande­l besonders im Bereich der Naturwisse­nschaften. Konsumente­n könnten ebenfalls ihren Teil zur Entwicklun­gshilfe beitragen, indem sie ihre „Macht ausüben“, sagte Müller. Als Beispiel nannte er den Verzicht auf „Ausbeuter-Kaffee“, also nicht fair gehandelte­n Kaffee. Für ein Kilo davon bekomme der Bauer in Kenia lediglich 50 Cent, während die Bohnen in Deutschlan­d für zehn Euro verkauft werden. Gleiches gelte in der Textilbran­che. „Wir müssen Wertschöpf­ungsketten neu gestalten“, sagte Gates. Heißt auch: Der Kunde müsse bereit sein, etwas mehr zu zahlen, wenn das Geld den Hersteller­n zugutekomm­t.

In die Pflicht nahm Minister Müller Elektronik­hersteller wie Apple und, mit Seitenblic­k, Microsoft. Für moderne Technik wie Smartphone­s oder Tablets würden zunehmend Seltene Erden gebraucht, wofür Arbeiter unter anderem im Kongo ausgebeute­t werden. „In den Minen müssen Mindeststa­ndards garantiert sein“, forderte Müller. Er kündigte außerdem einen verstärkte­n Kampf gegen Korruption in afrikanisc­hen Regierunge­n an. „Wir unterstütz­en die Staaten stärker, die hier Fortschrit­te machen.“

Im Rahmen des Treffens unterzeich­neten Müller und Gates schließlic­h noch eine Vereinbaru­ng, mit deren Hilfe mehr Menschen in Afrika untere anderem Zugang zu einem Bankkonto ermöglicht werden soll.

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Foto: Ralf Lienert

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