Wenn der Schwabe mit dem Milliardär …
Entwicklungshilfe Minister Gerd Müller diskutiert mit Bill Gates über die Herausforderungen der Zukunft in Afrika
Wenn Entwicklungsminister Gerd Müller auf Bill Gates trifft, prallen zwei Welten aufeinander. Auf der einen Seite der bodenständige Schwabe, aufgewachsen auf dem elterlichen Hof in Krumbach, kaufmännische Ausbildung, Abitur, Studium, CSU-Laufbahn. Auf der anderen Seite der Garagen-Programmierer aus Seattle, der sein Studium hinschmiss, um mit seiner Firma Microsoft die Welt zu revolutionieren und laut einer neuen Studie der erste Billionär aller Zeiten werden könnte.
Doch es bestehen Gemeinsamkeiten. Beide engagieren sich für Afrika. Müller als Entwicklungsminister von Berufs wegen. Gates im Rahmen seiner „Bill & Melinda GatesStiftung“, die jährlich mehrere Milliarden Dollar für humanitäre Zwecke ausschüttet. Kein Zufall also, dass der Schwabe und der US-Amerikaner gestern in München zusammentrafen. Im Rahmen der Sicherheitskonferenz diskutierten die beiden an der Technischen Universität über die Zukunft der Entwicklungspolitik, vor allem in Afrika. Schnell wurde klar: Neben dem Lebensweg unterscheiden sich auch ihre An- sichten – zumindest in einem Punkt. Gates formulierte drei wesentliche Herausforderungen der Zukunft für Entwicklungsländer: Klimawandel, Epidemien und Kriege. „Dem kann ich nicht ganz folgen“, entgegnete Müller. Seiner Ansicht nach hätten afrikanische Kriege in den vergangenen Jahrzehnten eher abgenom- men, auch wenn die zunehmende Berichterstattung darüber etwas anderes vermuten ließe. Dennoch forderte er eine Umverteilung der staatlichen Etats. Momentan stünden weltweite, jährliche Rüstungsausgaben von 1,7 Billionen Dollar den 160 Milliarden Dollar für Entwicklungshilfe gegenüber. „Mehr Panzer bringen allerdings keinen Frieden und Wohlstand.“
Bezüglich anderer Herausforderungen wie beispielsweise Klimawandel oder Seuchenbekämpfung waren sich beide einig: Hier müsse die internationale Staatengemeinschaft als Einheit Lösungen finden. Mit Blick auf das „America first“seines neuen Präsidenten äußerte Gates jedoch Sorgen, dass es „Aussetzer“in der Zusammenarbeit geben könnte. Dabei würden auch die USA von einem stabilen Afrika profitieren. „Langfristig gedacht ist das nicht“, kritisierte er und fügte vielsagend hinzu: „Präsidenten kommen und gehen.“
Der Computer-Pionier appellierte sowohl an die „Großzügigkeit“Deutschlands als auch privater Investoren in der Wirtschaft. „Die Staaten können die Entwicklungshilfe nicht alleine schultern“, sagte Gates. Die Potenziale für Investments in Afrika seien vielversprechend, bedingt durch den Klimawandel besonders im Bereich der Naturwissenschaften. Konsumenten könnten ebenfalls ihren Teil zur Entwicklungshilfe beitragen, indem sie ihre „Macht ausüben“, sagte Müller. Als Beispiel nannte er den Verzicht auf „Ausbeuter-Kaffee“, also nicht fair gehandelten Kaffee. Für ein Kilo davon bekomme der Bauer in Kenia lediglich 50 Cent, während die Bohnen in Deutschland für zehn Euro verkauft werden. Gleiches gelte in der Textilbranche. „Wir müssen Wertschöpfungsketten neu gestalten“, sagte Gates. Heißt auch: Der Kunde müsse bereit sein, etwas mehr zu zahlen, wenn das Geld den Herstellern zugutekommt.
In die Pflicht nahm Minister Müller Elektronikhersteller wie Apple und, mit Seitenblick, Microsoft. Für moderne Technik wie Smartphones oder Tablets würden zunehmend Seltene Erden gebraucht, wofür Arbeiter unter anderem im Kongo ausgebeutet werden. „In den Minen müssen Mindeststandards garantiert sein“, forderte Müller. Er kündigte außerdem einen verstärkten Kampf gegen Korruption in afrikanischen Regierungen an. „Wir unterstützen die Staaten stärker, die hier Fortschritte machen.“
Im Rahmen des Treffens unterzeichneten Müller und Gates schließlich noch eine Vereinbarung, mit deren Hilfe mehr Menschen in Afrika untere anderem Zugang zu einem Bankkonto ermöglicht werden soll.