Guenzburger Zeitung

Seehofers neue Töne

Hintergrun­d Der Ministerpr­äsident und CSU-Vorsitzend­e deutet an, nun möglicherw­eise doch über das Jahr 2018 hinaus in beiden Ämtern weitermach­en zu wollen. Was steckt dahinter?

- VON ULI BACHMEIER

„Es ist alles offen und es bleibt alles offen“

München Noch an Weihnachte­n, so hört man aus der engsten Umgebung des CSU-Chefs, soll die Stimmung im Hause Seehofer recht eindeutig gewesen sein. Lass es gut sein! Hör auf! – so lautete der Rat der Familie. Und das war ja auch der ursprüngli­che Plan. Nach der Landtagswa­hl 2018 sollte für ihn Schluss sein mit der Politik. So hatte es Horst Seehofer, 67, vor Jahren selbst angekündig­t.

Seither aber hat sich einiges geändert. CDU und CSU mussten im Zuge ihres Dauerstrei­ts um die Flüchtling­spolitik und dem Aufkommen der rechtspopu­listischen AfD den Traum von der absoluten Mehrheit im Bundestag begraben. Nun erlebt auch noch die SPD in den Umfragen einen unerwartet steilen Höhenflug. Und die CSU steht obendrein vor einer der größten Herausford­erungen ihrer Geschichte: Sie will bei der Landtagswa­hl 2018 all ihren Konkurrent­en trotzen und ihre absolute Mehrheit in Bayern verteidige­n.

Kann so einer wie Seehofer, der 2013 schon mal die absolute Mehrheit zurückerob­ert hat, da einfach aufhören? Seit bald 40 Jahren ist er in der Partei, seit bald neun Jahren ihr Vorsitzend­er. 28 Jahre saß er im Bundestag, war Mitglied mehrerer Bundesregi­erungen, Vize-Chef der Unionsfrak­tion und zweimal Bundesmini­ster. Nächstes Jahr wird er – so Gott es will und die Gesundheit es zulässt, würde er sagen – die zehn Jahre als bayerische­r Ministerpr­äsident voll machen. Eigentlich ein guter Zeitpunkt für den Abschied.

Plötzlich aber spekuliert er in einem Interview mit dem Spiegel über einen Abschied vom Abschied und deutet an, möglicherw­eise über 2018 hinaus Parteivors­itzender und Ministerpr­äsident bleiben zu wollen: „Darüber führe ich gerade Gespräche in meiner Partei, auch mit meinen Amtsvorgän­gern.“

Ganz so überrasche­nd sind die neuen Töne für CSU-Insider freilich nicht. Als Seehofer seinen geplanten Abschied vor Jahren ankündigte, schien die Partei personell noch aus dem Vollen schöpfen zu können. Ilse Aigner, Christine Haderthaue­r, Alexander Dobrindt, Karl-Theodor zu Guttenberg, Joachim Herrmann, Markus Söder, Manfred Weber – die Liste potenziell­er NachfolgeK­andidaten war lang. Doch sie schrumpfte schnell. Haderthaue­r und Guttenberg blieben auf der Strecke. Aigner blieb nach Ansicht vieler Parteifreu­nde hinter den Erwartunge­n zurück. Weber sieht seinen Platz in Europa. Dobrindt und Herrmann ließen öffentlich keinerlei Ambitionen erkennen. Übrig blieb nur einer. Und der will unbedingt: Markus Söder, 50. Doch ausgerechn­et ihn will Seehofer offenbar auf keinen Fall.

Eine Zeit lang sah es so aus, als hätte Seehofer den ehrgeizige­n Nürnberger ins Abseits gestellt mit seinem Angebot, den Parteivors­itz im Falle eines Wahlsiegs der Union an den Spitzenkan­didaten der CSU für die Bundestags­wahl abzugeben. In einer neuen Bundesregi­erung müsse der künftige CSU-Chef im Kabinett mit am Tisch sitzen, hatte Seehofer gesagt. Söder winkte sofort ab, erklärte, er wolle in München bleiben, und saß damit – scheinbar? – in der Falle.

Doch das ebenso elegante wie geschickte Manöver hatte, wie es jetzt aussieht, einen Haken. Bis heute hat sich niemand gemeldet, der diese Bürde auf sich nehmen will. Einen Spitzenkan­didaten für die Bundestags­wahl wird Seehofer finden müssen. Einen Mann oder eine Frau, die bereit wären, sich Söder in den Weg zu stellen und als Parteichef zu kandidiere­n, findet er offenkundi­g nicht. So sieht man das zumindest im stetig wachsenden Lager der Söder-Anhänger in der Partei.

Im Seehofer-Lager will man von Spekulatio­nen, dass das der tiefere Grund für seinen möglichen Abschied vom Abschied sein könnte, nichts hören. Dort heißt es, er ringe mit sich selbst, sehe sich in der Pflicht und wolle es einfach noch einmal allen, auch der CDU-Chefin, zeigen, wie man Wahlen gewinnt. Seehofer selbst betonte auf Nachfrage unserer Zeitung: „Es ist alles offen und es bleibt alles offen. Ich führe die Gespräche nicht zum Spaß, sondern zur Vorbereitu­ng einer fundierten Entscheidu­ng.“

Sind also doch noch andere Köpfe im Spiel? Beim politische­n Aschermitt­woch in Passau, so meldet es das Straubinge­r Tagblatt,werden neben Seehofer unter anderem Alexander Dobrindt, Joachim Herrmann und Manfred Weber in die Bütt gehen. Doch das muss nix heißen.

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