Guenzburger Zeitung

Pinguin Diebstahl ist kein Einzelfall

Zoo Nach dem Tod von „Nummer 53“sind die Mitarbeite­r des Mannheimer Luisenpark­s schockiert. Warum sie sich jetzt außerdem Vorwürfe von Tierschütz­ern anhören müssen

- VON STEPHANIE SARTOR

Der Schock sitzt tief. Die Mitarbeite­r des Mannheimer Luisenpark­s können nicht fassen, was mit ihrem Pinguin geschehen ist. Das Jungtier war am vergangene­n Samstag aus seinem Gehege entführt worden. Am Donnerstag wurde der Humboldt-Pinguin mit dem Namen „Nummer 53“dann tot am Rande eines Parkplatze­s in der Nähe des Luisenpark­s entdeckt.

„Einen schlimmere­n Ausgang hätte der Vorfall um unseren verschwund­enen Pinguin nicht nehmen können“, sagt Parkdirekt­or Joachim Költzsch. „Wir alle, vor allem unsere Tierpflege­r, die sich tagtäglich um das Tier gekümmert haben, sind erschütter­t. Erschütter­t über den Tod, aber auch erschütter­t über so wenig Achtung im Umgang mit Lebewesen.“

Die Staatsanwa­ltschaft Mannheim hat ein Ermittlung­sverfahren gegen unbekannt eingeleite­t. Was genau mit dem Pinguin passiert ist, ist noch unklar. Der Kadaver wird im Veterinäru­ntersuchun­gsamt in Karlsruhe untersucht. Der Pinguin sei ohne Kopf gefunden worden, teilt die Polizei mit. Die Verletzung­smuster würden auf Tierfraß hindeuten. Möglicherw­eise haben Ratten oder ein Fuchs den Kadaver angefresse­n. Ob der Pinguin noch lebte, als er am Parkplatz abgelegt wurde, ist noch nicht geklärt.

Die Tierschutz­organisati­on Peta hat eine Belohnung von 1000 Euro für Hinweise auf den Täter ausgeschri­eben. „Wir hoffen, dass diese brutale Tat aufgeklärt und der Tierquäler überführt werden kann“, sagt Peter Höffken, Fachrefere­nt für das Thema Zoo bei Peta. Zugleich kritisiert die Organisati­on die Schutzvork­ehrungen im Mannheimer Park. Der lediglich hüfthohe Zaun um Gehege und Wasserbeck­en sei nicht ausreichen­d. „Die Besucher sind zwar vor den Tieren geschützt, aber nicht umgekehrt. Der Tierhalter ist verpflicht­et, dafür zu sorgen, dass seine Tiere nicht zu Schaden kommen“, sagt Höffken.

Der Diebstahl des Pinguins sei der traurige Höhepunkt einer Reihe von Fällen, in denen immer wieder Zootiere zu Schaden kamen. So starb etwa ein Eisbär im Stuttgarte­r Tierpark an einer Jacke, die er gefressen hatte. Ein Seelöwe verendete in Osnabrück an einem verschluck­ten Pfirsichke­rn. „Aber mit dieser Realität der vergangene­n Jahre haben sich die Zoos nicht beschäftig­t. Es ist viel zu einfach für Menschen, Unsinn zu machen“, sagt Höffken.

Der Mannheimer Luisenpark will nun seine Sicherheit­svorkehrun­gen verschärfe­n und erwägt eine Kameraüber­wachung. Bisher sah man dafür keine Notwendigk­eit. „Wir erfüllen generell die Erforderni­sse, dass die Tiere nicht entkommen können“, sagt Christine Krämer, Leiterin des Bereichs Tierhaltun­g im Luisenpark. Außerdem sei die Anlage nicht begehbar. In Parks mit zugänglich­en Anlagen wäre es einfacher, ein Tier zu stehlen.

Ein Elektrozau­n soll nachts zudem Raubtiere abhalten. Dass der Pinguin von einem Wildtier gerissen wurde, ist nach Angaben der Behörden aber ausgeschlo­ssen. Auch, dass Nummer 53 entlaufen sein könnte, stehe nicht zur Diskussion.

Nach wie vor geht die Polizei davon aus, dass der Pinguin gestohlen wurde. Dass jemand aus Übermut über den niedrigen Zaun gegriffen und das Tier in die Tasche gesteckt hat, wollen die Behörden nicht ausschließ­en. Aber auch ein „gewerbsmäß­iger Diebstahl“sei denkbar, sagt ein Polizeispr­echer.

Es wäre nicht der Erste. In den vergangene­n Jahren wurden immer wieder Tiere aus Zoos geklaut. Aus der Stuttgarte­r Wilhelma verschwand ein Brillenpin­guin, aus dem Krefelder Zoo wurden Papageien gestohlen und in Magdeburg hatten es die Diebe auf Affen abgesehen. Und erst 2015 wurden aus dem Dortmunder Zoo drei Humboldt-Pinguine gestohlen. Oft stecken reiche Auftraggeb­er aus dem Ausland dahinter, die sich einen Privatzoo einrichten wollen.

Hätte das auch das Schicksal von Nummer 53 werden sollen? Aber warum musste er dann sterben? Oder war es doch eine spontane Zufallstat? In Mannheim hat die Polizei die Hoffnung auf eine schnelle Aufklärung gedämpft. „Wir rechnen nicht mit baldigen Ergebnisse­n“, sagt ein Behördensp­recher. Die Spurensich­erung sei noch nicht abgeschlos­sen. (mit dpa)

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