Schrecksekunde in St. Moritz
Ski WM Eine Fliegerstaffel berührt ein Kameraseil. Die Kamera stürzt zu Boden. Das Seil stoppt den Lift, der die Sportler befördern soll. Was sind die Gründe für das Beinahe-Unglück?
Die meisten Zuschauer hatten gar nicht mitbekommen, wie knapp sie gerade an einem Unglück vorbeigeschrammt waren. Zwischen den beiden Läufen des WM-Riesenslaloms in St. Moritz hatte ein Flugzeug die Seilkamera des Schweizer Fernsehens abgerissen. Das Gerät und ein Stahlseil stürzten in den Zielbereich. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt.
Neun Maschinen einer Flugstaffel des Schweizer Militärs waren mehrmals im Tiefflug über den Zuschauerbereich gedonnert. „Dabei touchierte eines der Flugzeuge das Zugseil der SRF-Kamera“, sagte Robert Willi von der Kantonspolizei Graubünden. Das Seil riss und fiel teilweise auch auf Kabinen eines Sessellifts. Das Flugzeug landete kurz darauf sicher. Warum es zu dem Zusammenstoß kam, werde nun untersucht, sagte Willi. Spekuliert wird über eine Fehlinformation an die Piloten über die Höhe der Kamera. Aus Sicherheitsgründen wurde der Betrieb des Sessellifts zum sofort eingestellt. Fahrer und Trainer mussten mit Schneemobilen nach oben gebracht werden, der Beginn des zweiten Durchgangs verzögerte sich um eine halbe Stunde. „Ich war gerade im Lift, als es passiert ist“, sagte Felix Neureuther. Neben ihm habe der italienische Trainer gesessen und über sein Handy Informationen bekommen. „Es sind sehr viele Zuschauer hier und es ist schon Wahnsinn, dass dann so etwas passiert. Die Schweizer sind immer sehr korrekt. Bei jedem km/h, das man auf der Autobahn zu schnell fährt, tun sie herum und dann können sie nicht einen Meter höher fliegen.“Von Flugshows hält der Garmisch-Partenkirchener ohnehin wenig. „So etwas hat im Skisport nichts zu suchen. Es wäre gescheiter, wenn der Skisport so spektakulär rüberkommt, dass man auf so was gar nicht angewiesen ist.“Zumindest in St. Moritz wird es während der WM keine Flugshows mehr geben, das entschied die Schweizer Luftwaffe gestern Nachmittag. In den Hintergrund rückte angesichts des Beinahe-Unglücks, dass es sportlich alles andere als gut gelaufen war für die deutschen Starter im Riesenslalom. Linus Strasser auf Platz 12, Stefan Luitz (14.) und Neureuther (16.) schafften es nicht in die Top Ten. Zufrieden konnte damit nur Strasser sein, der mit der hohen Startnummer 43 sein bestes Ergebnis im Riesenslalom schaffte. „Das ist überragend“, jubelte der Münchner. „Ich genieße die WM in vollen Zügen und bin superhappy, dass ich in einer Disziplin, in der ich wenig erwartet habe, schon ganz gut dabei bin. Für den Slalom ist das sicher förderlich.“
Der Allgäuer Luitz dagegen hatte im Vorfeld als ein möglicher Medaillenkandidat gegolten. Der Blick auf das gestrige Podium dürfte bei ihm das ein oder andere Gedankenspiel angestoßen haben, denn hinter dem favorisierten Marcel Hirscher (Österreich) holten mit Roland Leitinger (Österreich) und Leif Kristian Haugen (Norwegen) zwei Außenseiter Silber und Bronze. „Das weiß man vor einer WM, dass da alles passieren kann. Der Leitinger ist im zweiten Durchgang unspektakuStart lär gefahren, aber eben unglaublich schnell“, sagte Luitz. Mit seiner eigenen Leistung war er trotz der Platzierung nicht unzufrieden. „Ich glaube, dass ich schnelle Schwünge gefahren bin. Ich habe versucht, alles reinzuhauen, aber zu viele Fehler gemacht. Dann reicht es eben nur zu Platz 14 – ist schon abgehakt.“Jetzt gelte die ganze Konzentration dem Slalom am Sonntag.
Die Stimmung in der deutschen Mannschaft sei angesichts der bisherigen Medaillenflaute „eher mäßig“, aber Aufgeben gebe es nicht. „Im Slalom stehen wir ganz gut da. Schauen wir mal, was noch passiert.“Der Kampf um den Titel allerdings wird höchstwahrscheinlich zwischen Hirscher und dem Norweger Henrik Kristoffersen ausgetragen. Vor allem Hirscher scheint in bestechender Form. Seinen gestrigen Titel feierte er überschwänglich, es war der einzige, der ihm noch gefehlt hatte. „Es war ein sehr hartes Rennen, eines der härtesten in meiner Karriere. Mal schauen, wie viele Kräfte ich für Sonntag noch übrig habe.“