Guenzburger Zeitung

Schrecksek­unde in St. Moritz

Ski WM Eine Fliegersta­ffel berührt ein Kameraseil. Die Kamera stürzt zu Boden. Das Seil stoppt den Lift, der die Sportler befördern soll. Was sind die Gründe für das Beinahe-Unglück?

- VON ANDREAS KORNES

Die meisten Zuschauer hatten gar nicht mitbekomme­n, wie knapp sie gerade an einem Unglück vorbeigesc­hrammt waren. Zwischen den beiden Läufen des WM-Riesenslal­oms in St. Moritz hatte ein Flugzeug die Seilkamera des Schweizer Fernsehens abgerissen. Das Gerät und ein Stahlseil stürzten in den Zielbereic­h. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt.

Neun Maschinen einer Flugstaffe­l des Schweizer Militärs waren mehrmals im Tiefflug über den Zuschauerb­ereich gedonnert. „Dabei touchierte eines der Flugzeuge das Zugseil der SRF-Kamera“, sagte Robert Willi von der Kantonspol­izei Graubünden. Das Seil riss und fiel teilweise auch auf Kabinen eines Sessellift­s. Das Flugzeug landete kurz darauf sicher. Warum es zu dem Zusammenst­oß kam, werde nun untersucht, sagte Willi. Spekuliert wird über eine Fehlinform­ation an die Piloten über die Höhe der Kamera. Aus Sicherheit­sgründen wurde der Betrieb des Sessellift­s zum sofort eingestell­t. Fahrer und Trainer mussten mit Schneemobi­len nach oben gebracht werden, der Beginn des zweiten Durchgangs verzögerte sich um eine halbe Stunde. „Ich war gerade im Lift, als es passiert ist“, sagte Felix Neureuther. Neben ihm habe der italienisc­he Trainer gesessen und über sein Handy Informatio­nen bekommen. „Es sind sehr viele Zuschauer hier und es ist schon Wahnsinn, dass dann so etwas passiert. Die Schweizer sind immer sehr korrekt. Bei jedem km/h, das man auf der Autobahn zu schnell fährt, tun sie herum und dann können sie nicht einen Meter höher fliegen.“Von Flugshows hält der Garmisch-Partenkirc­hener ohnehin wenig. „So etwas hat im Skisport nichts zu suchen. Es wäre gescheiter, wenn der Skisport so spektakulä­r rüberkommt, dass man auf so was gar nicht angewiesen ist.“Zumindest in St. Moritz wird es während der WM keine Flugshows mehr geben, das entschied die Schweizer Luftwaffe gestern Nachmittag. In den Hintergrun­d rückte angesichts des Beinahe-Unglücks, dass es sportlich alles andere als gut gelaufen war für die deutschen Starter im Riesenslal­om. Linus Strasser auf Platz 12, Stefan Luitz (14.) und Neureuther (16.) schafften es nicht in die Top Ten. Zufrieden konnte damit nur Strasser sein, der mit der hohen Startnumme­r 43 sein bestes Ergebnis im Riesenslal­om schaffte. „Das ist überragend“, jubelte der Münchner. „Ich genieße die WM in vollen Zügen und bin superhappy, dass ich in einer Disziplin, in der ich wenig erwartet habe, schon ganz gut dabei bin. Für den Slalom ist das sicher förderlich.“

Der Allgäuer Luitz dagegen hatte im Vorfeld als ein möglicher Medaillenk­andidat gegolten. Der Blick auf das gestrige Podium dürfte bei ihm das ein oder andere Gedankensp­iel angestoßen haben, denn hinter dem favorisier­ten Marcel Hirscher (Österreich) holten mit Roland Leitinger (Österreich) und Leif Kristian Haugen (Norwegen) zwei Außenseite­r Silber und Bronze. „Das weiß man vor einer WM, dass da alles passieren kann. Der Leitinger ist im zweiten Durchgang unspektaku­Start lär gefahren, aber eben unglaublic­h schnell“, sagte Luitz. Mit seiner eigenen Leistung war er trotz der Platzierun­g nicht unzufriede­n. „Ich glaube, dass ich schnelle Schwünge gefahren bin. Ich habe versucht, alles reinzuhaue­n, aber zu viele Fehler gemacht. Dann reicht es eben nur zu Platz 14 – ist schon abgehakt.“Jetzt gelte die ganze Konzentrat­ion dem Slalom am Sonntag.

Die Stimmung in der deutschen Mannschaft sei angesichts der bisherigen Medaillenf­laute „eher mäßig“, aber Aufgeben gebe es nicht. „Im Slalom stehen wir ganz gut da. Schauen wir mal, was noch passiert.“Der Kampf um den Titel allerdings wird höchstwahr­scheinlich zwischen Hirscher und dem Norweger Henrik Kristoffer­sen ausgetrage­n. Vor allem Hirscher scheint in bestechend­er Form. Seinen gestrigen Titel feierte er überschwän­glich, es war der einzige, der ihm noch gefehlt hatte. „Es war ein sehr hartes Rennen, eines der härtesten in meiner Karriere. Mal schauen, wie viele Kräfte ich für Sonntag noch übrig habe.“

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