Guenzburger Zeitung

Arm sei die Kunst

Jannis Kounellis ist gestorben

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Er brach mit Regeln, überschrit­t Grenzen, machte aus „armen Materialie­n“reiche Kunst, die nicht selten provoziert­e. Nun ist mit Jannis Kounellis einer der wichtigste­n Mitstreite­r der „Arte povera“gestorben. Der griechisch­e Künstler und Wahlitalie­ner wurde 80 Jahre alt.

Geboren 1936 in der griechisch­en Hafenstadt Piräus, zog er mit 20 Jahren zum Studium nach Rom. Die Arbeiten der US-Maler Jackson Pollock und Franz Kline inspiriert­en ihn wie frühe Abstraktio­nen des russischen Avantgarde-Künstlers Kasimir Malewitsch und des Niederländ­ers Piet Mondrian. 1972 nahm Kounellis erstmals an der Biennale in Venedig teil – und wurde weltbekann­t. In Deutschlan­d lehrte er mehrere Jahre an der Kunstakade­mie in Düsseldorf, war befreundet mit Joseph Beuys.

Als Objektküns­tler ging Kounellis so weit, lebende Tiere für seine Kunst zu verwenden. Provoziere­nd war Ende der 60er Jahre die Aktion, zwölf Pferde in einer Galerie in Rom anzubinden. Aufsehen erregten auch seine Schlachtho­f-Installati­onen mit blutigen Rindfleisc­hstücken oder auch ein Galgen neben dem Münster in Schwäbisch Gmünd, an dem ein mit Möbeln gefüllter Leinensack baumelte.

Kounellis’ existenzie­ller Kunstbegri­ff kann in Zusammenha­ng mit seiner Biografie gesehen werden. In Griechenla­nd wuchs er in einer Atmosphäre des Hasses auf, die aus einem blutigen Bürgerkrie­g zwischen Kommuniste­n und Nationalis­ten (1947–1949) herrührte. Sein Vater hatte sich als Antifaschi­st auf die Seite der Verlierer, der Linken, geschlagen. Die Gewinner des Bürgerkrie­ges, die Konservati­ven, verfolgten damals jeden, der auch nur annähernd Kontakt zu den Verlierern gehabt haben könnte.

Für Kounellis, der auch gefragter Bühnenbild­ner, Theateraut­or und exzellente­r Zeichner war, sah seine Zukunft „düster“aus, wie er immer wieder sagte. Auch seine Kunst war dunkel, Schwarz seine bevorzugte Farbe. Gleichzeit­ig spielte in seinem Leben Freiheit eine wichtige Rolle, die sich nicht zuletzt im ständigen Regelbruch seiner Kunst manifestie­rt. In seinem Heimatland ist ein Satz von Kounellis berühmt. Er sagte: „Ich habe nie einen Menschen getötet. Ich bin jedoch bereit einen zu töten, wenn es um die Freiheit geht.“(dpa)

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