Tram wird 24 Millionen Euro teurer
Straßenbahn Die Gesamtkosten für die Linie 2 in Ulm belaufen sich jetzt auf fast 250 Millionen. Die Arbeiten liegen trotz Problemen im Zeitplan. Eröffnet werden soll die Strecke Ende 2018
Halbzeit auf der Baustelle der Linie 2: Die Arbeiten auf der Straßenbahntrasse von der Innenstadt Richtung Kuhberg und hoch zur Wissenschaftsstadt auf dem Oberen Eselsberg liegen im Zeitplan – trotz einiger unvorhergesehener Schwierigkeiten im Untergrund. „Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2018 werden wir die Linie 2 in Betrieb nehmen können“, sagte Finanzbürgermeister Martin Bendel am Mittwoch im Ulmer Rathaus. Der Zeitplan für die neue TramStrecke wurde somit geändert. Ursprünglich sollte das Teilstück Richtung Schulzentrum am Kuhberg früher befahren werden, nämlich bereits im April nächsten Jahres. Nach der jetzigen Planung werden beide Streckenäste jedoch gleichzeitig in Betrieb genommen. Dass die Bauarbeiten voranschreiten, war die positive Nachricht, die Bendel und Baubürgermeister Tim von Winning gestern im Ulmer Gemeinderat verkünden konnten. Eine dicke Kröte gab es für die Räte aber dennoch zu schlucken. Die Kosten für das Gesamtprojekt sind seit dem Baubeschluss im Mai 2015 um 24 Millionen auf nunmehr 248,7 Millionen Euro gestiegen.
Für die Steigerung um 10,8 Prozent führen die Stadt und die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU) eine Reihe von Gründen an. In der Römerstraße etwa wurde festgestellt, dass ein Abwasserkanal schadhaft ist und erneuert werden muss. Mehrkosten: 5,4 Millionen Euro. In der Albert-Einstein-Allee auf dem Oberen Eselsberg muss ein von der Universität für Wärme, Strom, Daten und Abfall genutzter Kanal ertüchtigt werden. Mehrkosten: 5,2 Millionen Euro. Wegen der Großprojekte in der Region sind zudem die Baukosten insgesamt angestiegen. Das schlägt bei der Erweiterung des Baubetriebshofs der SWU mit drei Millionen Euro zu Buche. Auch auf der Strecke Richtung Wissenschaftsstadt lag das Ausschreibungsergebnis deutlich über den berechneten Kosten. Bei der Gründung der Kienlesbergbrücke, die künftig neben der alten Neutorbrücke über die Bahngleise führt, traten unvorhergesehene Schwierigkeiten auf. Einige Bohrpfähle mussten verlängert, eine Hilfsbrücke zur Absicherung eingebaut, mehr belastetes Bodenmaterial entsorgt und zusätzliche Kampfmittelsondierungen erledigt werden.
All das führt dazu, dass die Stadt
9,78 Millionen Euro mehr in die Strecke stecken muss als ursprünglich geplant – insgesamt etwa 96 Millionen. Dazu kommen die Kosten für die neuen Straßenbahnwagen in Höhe von 33 Millionen Euro und 8,7 Millionen für den Betriebshof. Der Rest soll vom Bund und vom Land kommen. Noch liegt der Bescheid für den höheren Zuschuss nicht vor. Bendel und von Winning sind jedoch zuversichtlich, dass die Förderung kommt. Das Land habe bereits seine Unterstützung signalisiert. Bislang sind erst Mittel in Höhe von 86 Millionen Euro zugesagt.
„Die zehn Millionen Euro werden die Stadt nicht aus der Bahn werfen“, gab sich Martin Bendel gelassen. Es müssten dafür keine neuen Schulden aufgenommen werden. Der Erste Bürgermeister geht stattdessen davon aus, dass die Mehrkos-
ten aus dem Überschuss von 2016 gedeckt werden können. Allerdings bestünden für das Gesamtprojekt noch Risiken in Höhe von 30 Millionen Euro. Eine positive Tendenz sieht SWU-Chef Klaus Eder durch den Baufortschritt: „Je höher wir an die Oberfläche kommen, desto geringer wird das Risiko.“
Bereits ab März werden die ersten Gleisdreiecke in der Wagnerstraße in der Ulmer Weststadt verlegt. Im Sommer werden die Weichen in der Olgastraße eingebaut. Das werde zu „heftigen Einschränkungen“führen, kündigte Tim von Winning an. Im August soll dann der erste von insgesamt zwölf neuen Straßenbahnwagen vom Typ Avenio M in Ulm eintreffen. Nach einigen Probeläufen und Tests soll der Combino-Nachfolger dann Anfang nächsten Jahres auf der bestehenden Linie 1 zwischen Söflingen und Böfingen
fahren. Laut Klaus Eder werden in der Hochphase 300 Beschäftigte an der Neubaustrecke arbeiten.
Viel Lob für die Verantwortlichen von Stadt und SWU gab es von den Stadträten. Reinhold Eichhorn (FWG) sprach von einer „Herkulesaufgabe“, Erik Wischmann (FDP) gar von einer „Operation am offenen Herzen“. Er empfahl, gezielt auch Auswärtige über die Baustellen zu informieren und eine Art „MiniTaskforce“einzurichten, die bei Problemen schnell reagieren kann. Oberbürgermeister Gunter Czisch (CDU) übte Kritik am Land. Die Verhandlungen über die Übernahme von Kosten rund um die Uni seien anstrengend. Timo Ried (FWG) beklagte, dass Geschäftsleute unter den Baustellen am Kuhberg litten. Auch auf die Händler in der Innenstadt sah er große Probleme zukommen.