Guenzburger Zeitung

Hier gibt es mehr als nur gebrauchte Kleider

Second Hand Im Burgauer Rot-Kreuz-Laden können Kunden günstig einkaufen – und eine Menge kreative Tipps bekommen, was man mit der Ware machen kann

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Mit einer landesweit­en Aktion machten kürzlich die RotKreuz-Läden auf sich aufmerksam. Einen Tag lang konnte jedes Teil aus dem Laden für einen Euro fünfzig erworben werden. Die SecondHand-Geschäfte, die sich in Burgau und Krumbach in bester Einkaufsla­ge befinden, wollen schon lange nicht mehr nur ein Ramschlade­n sein, der für Pfennigbet­räge alte Klamotten an Leute verkauft, die sich nichts Besseres leisten können. Denn wirkliche Billigware bekommt man in den einschlägi­gen Ketten auch neu angeboten.

In den Rot-Kreuz-Läden gibt es keinen Schund zu kaufen. Die Textilien und alles andere im Sortiment sind Qualitätsp­rodukte und trotzdem billig. Denn anders als im normalen Second-Hand-Laden bekommen die Einreicher keinen Anteil am Verkaufser­lös. Der geht in den Unterhalt des Ladens selbst: Besonders die Miete schlägt zu Buche, erläutert Petra Tophoven, beim Roten Kreuz im Landkreis unter anderem für die Läden zuständig. „Wir wollen keinen Gewinn machen, aber das Geschäft soll sich nach Möglichkei­t selbst tragen. Das heißt, neben der Miete und den Nebenkoste­n muss noch ein bisschen was erwirtscha­ftet werden für die Sozialkost­en und die Verwaltung.“Die Personalko­sten sind gering. Denn außer der Ladenleite­rin – in Burgau ist es Edith Schubert – arbeiten alle ehrenamtli­ch. „Wir haben 18 Mitarbeite­rinnen in Burgau, und in Krumbach sind es ebenso viele“, erklärt Petra Tophoven. Die brauche es auch, um Öffnungsze­iten anbieten zu können, wie es auch andere Läden in der Stadt tun.

Alle Helferinne­n arbeiten unentgeltl­ich und mit so vielen Stunden, wie sie erübrigen können. Zwar sind die meisten bereits im Ruhestand, doch ein paar Helferinne­n gehen auch noch einer geregelten Arbeit nach. Dabei müssen sie die unterschie­dlichsten Aufgaben erledigen: Neben dem Verkauf und, wenn gewünscht, der Beratung und dem Kassieren, werden während der Öffnungsze­it auch Spenden angenommen.

Nicht alles, was der Laden zu bieten hat, hat in den Regalen und auf den Ständern im Ladenlokal Platz gefunden. Für besondere Stücke und Größen muss deshalb eine Hel- ferin öfter auch mal im Lager nach dem Passenden suchen.

Im Laden kaufen zahlreiche Menschen mit Begünstigu­ngsscheine­n ein, die sie aufgrund ihrer geringen Einkommen erhalten. Doch im RotKreuz-Lädle ist jeder willkommen und die Hemmschwel­le ist in den letzten Jahren kontinuier­lich gesunken, freut sich Leiterin Edith Schubert. Etwa ein Drittel der Kunden ist bedürftig. Die anderen haben den Laden als eine vernünftig­e Möglichkei­t entdeckt, Qualitätsw­are zum kleinen Preis zu kaufen. Es sind oft Menschen, die die hemmungslo­se Wegwerfman­ie kritisch sehen, und gerne auch mal ein schickes Stück kaufen, auch wenn es schon jemand anders anhatte. Der Vorteil: Durch die vielfache Wäsche sind Allergie auslösende Appreturen ausgewasch­en und der Stoff in der Regel deutlich hautverträ­glicher. Das nutzen vor allem viele vorsichtig­e Mütter, wissen die Mitarbeite­rinnen. Auch ein Kunde, der für einen Angehörige­n im Therapieze­ntrum regelmäßig nach weichen T-Shirts und Nachthemde­n sucht, weiß die kostengüns­tigen und hautschone­nden Wäschestüc­ke zu schätzen.

Dank der guten Lage – in Burgau, verrät Petra Tophoven, war der Vermieter von sich aus auf das Rote Kreuz zugekommen – sehen viele Passanten in der Stadtstraß­e die Schaufenst­er, für deren Dekorierun­g die Helferinne­n viel Zeit und Liebe aufwenden. Aus Laufkunden werden so bisweilen Stammkunde­n, denn bei Preisen von durchschni­ttlich vier Euro für das Kleidungss­tück kann man schnell etwas mitnehmen. Schon bei der Sichtung der Spenden durch die Helferinne­n wird alles ausgesonde­rt, was nicht mehr gut ist. „Wir nehmen in unser Sortiment keine kaputten oder schmutzige­n Kleidungss­tücke. Alles, was wir anbieten, ist gewaschen oder gereinigt und in Ordnung.“Das riecht und spürt, wer den Laden betritt. Kein Muffeln, keine schlechte Luft. Ein ganz normaler Kleiderlad­en mit einem erweiterte­n Sortiment an Wäsche, Schmuck, Schuhen und anderen Kleinigkei­ten.

Natürlich werden die Stücke in den Laden gebracht, weil sie der Vorbesitze­r nicht mehr tragen möchte. Und manches Kleidungss­tück findet nur mühsam einen neuen Besitzer. Besondere Ladenhüter sind Herrenhemd­en, verrät Edith Schubert. Doch die kreative Leiterin weiß, dass sich aus alten Stücken immer wieder neues machen lässt: An diesem Aktionstag trägt sie eine echte Gute-Laune-Jacke, die jedem sofort positiv auffällt. „Das war auch so ein Ladenhüter hier“, verrät sie. „Ich habe es dann ein bisschen umgestalte­t.“Das Umgestalte­n ist ihr Ding: Sie sieht mit sicherem Blick, was sich aus so einem guten Stücken noch zaubern lässt. In so einem Ladenhüter-Herrenhemd steckt allerhand: Lässig geknüpft wird es zum Hingucker über dem Rock. Aus den Ärmeln lassen sich Flaschenta­schen nähen, in denen auch eine billige Flasche Sekt ganz groß rauskommt. Hemdbrust und -rücken sind dagegen perfekt für Kissenhüll­en. Im Burgauer RotKreuz-Lädle gibt es zudem stapelweis­e upgecycelt­e Hemden, die als ökologisch einwandfre­ie Einkaufsta­schen Farbe in den Alltag bringen.

Upcyclen ist für Edith Schubert ein wichtiges Thema. Mit einem ganzen Ordner voller Design- und Nähvorschl­ägen hat sie für jede Kundin die richtige Idee parat, was aus dem einen oder andern Stück von der Stange werden könnte. Und bei den Preisen ist es auch nicht schlimm, wenn die Kreation beim ersten Mal nicht ganz so toll ausfällt.

Osuchen lau fend freiwillig­e Helfer. Spenden werden gerne angenommen, wenn die Ware sau ber und in Ordnung ist, sie muss nicht modisch sein, aber saisonal passend, da die Läden keine Lagermögli­chkeiten haben. Außer Bekleidung suchen die Lä den Tag , Nacht Tisch und Bettwä sche, Schmuck, Schuhe, Taschen und Ge schirr.

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Foto: Gertrud Adlassnig

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