Analog ist persönlicher, digital ist weit weg
Talk-Show. Alles soll locker ablaufen. Die Berichterstatter sitzen weit weg von Enders vor ihren Computern. Wer das kleine Bild der Übertragung größer auf seinem Bildschirm aufzieht, bekommt die Sätze des Airbus-Chefs zeitversetzt mit. Die Mimik passt nicht mehr dazu. Der leichte Kinnbart von Konzern-Finanzchef Harald Wilhelm wird überdeutlich in Szene gesetzt. Journalisten können nach der Talkshow – nennen wir sie „Weich, aber fair“– per Internet oder Telefon Fragen stellen. Analog ist persönlicher. Digital ist weit weg.
Ob analog oder digital, am Ende wären die Schlagzeilen ähnlich ausgefallen. Denn Airbus hat ein dickes Problem, das massiv auf die Bilanz des sonst unglaublich erfolgreichen Unternehmens drückt. Das militärische Transportflugzeug A400M ist trotz aller Versprechungen und auch immer wieder erzielten Fortschritten ein Skandal-Flieger ohnegleichen. So musste Airbus allein für das vergangene Jahr den extrem schmerzhaften Betrag von 2,21 Milliarden Euro für den A400M aufwenden. Immer wieder werden diese von der Bundeswehr dringend benötigten Flugzeuge zu spät ausgeliefert. Eine technische Panne jagt die nächste. Die Triebwerke wurden zur Dauer-Katastrophe.
Enders versucht angesichts des Desasters Fassung zu bewahren und sagt: „Wir hatten mehr Ärger als erwartet.“Ja, bei Airbus wirken sie „very unhappy“über die Vorgänge um den A400M, wie es bei der in Englisch ablaufenden Pressekonferenz heißt. Wahrscheinlich sind die Manager stinksauer, aber das räumen sie weder digital noch analog ein. Was die Airbus-Führung aber nicht kalt lässt: Vor allem wegen der A400M-Pannenserie hat der Konzern mit 995 Millionen Euro im vergangenen Geschäftsjahr deutlich weniger verdient als 2015. Damals erwirtschaftete Airbus noch ein Ergebnis von 2,696 Milliarden Euro. Die Dividende soll dennoch minimal von 1,30 auf 1,35 Euro je Aktie steigen. Ohne den dicken SorgenBrummer A400M würde es Airbus glänzend gehen, schließlich hat das Unternehmen so viele Flugzeugbestellungen wie nie zuvor vorliegen. Das Orderbuch hat einen Wert von gut einer Billion Euro, das sind mehr als 1000 Milliarden Euro. So haben Kunden die unglaublich hohe Zahl von 6874 zivilen Fliegern bei Airbus bestellt.
Die Journalisten fragen aber immer wieder nur nach dem A400M. Nach Recherchen unserer Zeitung sind acht der von Deutschland bestellten 53 Militärtransporter jetzt ausgeliefert. Zeitweise, hatte es geheißen, war nur einer in Betrieb. Doch es sind inzwischen drei, wie aus Luftwaffenkreisen zu erfahren ist. Die Bundeswehr hätte die Maschinen viel früher gebraucht und klagte immer wieder über Qualitätsmängel. So drohen Airbus saftige Vertragsstrafen. Und alte TransallTransportmaschinen, die längst außer Dienst gestellt hätten werden sollen, müssen noch länger fliegen.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat die A400M-Misere unlängst unmittelbar erlebt, als sie zwar mit einem der neuen Flugzeuge nach Litauen durchstarten konnte, zurück ging es wegen wohl erneuter Triebwerksprobleme mit der Transall – ein peinlicher Vorgang. Es wäre also nicht verwunderlich, wenn Enders der Geduldsfaden reißen und er das Projekt einstellen würde. Doch dafür scheint es längst zu spät zu sein. Der Branchenken-