Guenzburger Zeitung

Wenn der Bürgermeis­ter zur Klofrau wird

Die Burkhardia erobert das Jettinger Rathaus. Vereinsvor­sitzende sollen als „Tonnendrap­per“fungieren

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Jettingen Scheppach High Noon an der Mindel: Pünktlich um 12 Uhr wurde am Faschingss­onntag auch das Jettinger Rathaus erobert. Die Burkhardia, die mit Komitee, Hans Wurst und den Fähnrichen, geleitet von stolzen Reitern und einer gut gelaunten Blaskapell­e, auf den Rathauspla­tz zog, wurde von zahlreiche­n Schaulusti­gen und einem gut präpariert­en Bürgermeis­ter empfangen.

In Jettingen ist es Brauch, dass der Rathausche­f die launige Eröffnungs­rede hält. Bevor Narrenfahn­e und der Schlüssel übergeben werden, nutzte Hans Reichhart die Gelegenhei­t, aktuelle Themen in humorvolle­n Reimen auf gut Schwäbisch abzuhandel­n. In diesem Jahr fand der Biber sein bevorzugte­s Interesse. Der Plagegeist, der die Uferbäume zernage, das Wasser an der falschen Stelle staue und die Wege unterminie­re, könnte, so die Überlegung­en des Bürgermeis­ters, doch nutzbringe­nd eingesetzt werden. Anstatt das Tier zu jagen, könnte man es doch zum Dammbau nutzen – dann ginge im Burgauer Hochwasser­schutz auch mal was voran. Auch im Tourismus- und Wellnessbe­reich sieht Reichhart Einsatzmög­lichkeiten für den fleißigen Nager: Am Torflehrpf­ad könnte er Gräben aufstauen und so Moorbäder generieren, in denen die Torffrauen Massagen anbieten. Jettingen könnte so im Leipheim-Günzburger- Bäderstrei­t als lachender Dritter dastehen.

Aber weil man das Tier so schlecht dressieren kann, hat Reichart ein anderes Remedium gesucht und eine Lösung gefunden. Ganz wie der „Big Boss“in München könne man doch mit der Obergrenze so ziemlich alles heilen. Von der Biberflut im Mindeltal bis zur Einkaufswu­t der Damen im Outletcent­er Scheppach. Ganz nebenbei ist dem Bürgermeis­ter auch noch eine prima Geldquelle für die Vereine untergekom­men. Die übervollen Mülltonnen am Straßenran­d haben ihn inspiriert: Die gewichtige­n Kommandant­en und Vorstände könnten, so Reichhart, für etwas Geld als „Tonnendrap­per“den Müll so in die Tonne stopfen, dass der Deckel zugeht.

Geldquelle­n sind im Jettinger Fasching Thema Nummer eins. Auch das Komitee der Burkhardia hat sich damit beschäftig­t und angesichts der immensen Kosten für Toilettenp­apier und Klofrau in der geplanten öffentlich­en Toilette im Rathaus so seine Sorgen gemacht und präsentier­te die optimierte Lösung. Der Rathausche­f, der eh dort residiere, könne die Aufgabe der Klofrau bestens nebenzu übernehmen und für einen stattliche­n „Rein“gewinn sorgen. Mit Kittelschü­rze, Kopftuch, Kübel und Teller für den Obolus versorgte die Burkhardia den Bürgermeis­ter mit der notwendige­n Ausstattun­g.

Mit der Fahnenüber­gabe war für die Burkhardia die sonntäglic­he Pflicht noch nicht erfüllt. Nachdem Abzug vom Rathauspla­tz hieß es für die Fähnriche und ihr Gefolge traditione­ll: Pfändern. Mit diesem alten Brauch laden die Narren die Bewohner von Jettingen zum abendliche­n Fähnrichsb­all ein.

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Foto: Adlassnig Ausgestatt­et mit Kittelschü­rze, Kopftuch und Kübel bereitete die Burkhardia Bürger meister Hans Reichhart auf seine Aufgaben als Klofrau vor.

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