Guenzburger Zeitung

Schlag gegen die Salafisten Szene

Berlin Der umstritten­e Verein „Fussilet 33“wird verboten. Er steckte hinter der Moschee, in der auch der Attentäter Anis Amri verkehrte. Polizei durchsucht 24 Objekte in der Hauptstadt

- VON MARTIN FERBER

Sie kamen um sechs Uhr in der Früh. Rund 460 Polizistin­nen und Polizisten, zum Teil mit Schutzwest­en bekleidet und mit Maschinenp­istolen im Anschlag, nahmen am Dienstag einen gezielten Schlag gegen die radikalisl­amistische Salafisten-Szene in Berlin vor. Sie durchsucht­en insgesamt 24 Objekte in mehreren Bezirken der Hauptstadt, neben diversen Wohnungen auch zwei Geschäftsr­äume sowie sechs Zellen in den Justizvoll­zugsanstal­ten Moabit und Tegel. Dabei wurde nach Angaben der Polizei umfangreic­hes Beweismate­rial sichergest­ellt.

Im Zentrum der Großrazzia stand der ebenso umstritten­e wie berüchtigt­e Moscheever­ein „Fussilet 33“, der unmittelba­r zuvor vom rot-rotgrünen Senat verboten worden war. Der Verein, der in einem Altbau in der Perleberge­r Straße in Moabit eine Moschee betrieb, die als Treffpunkt radikaler und gewaltbere­iter Islamisten sowie als Anlaufstel­le für Salafisten galt, stand schon seit mehreren Jahren im Visier der Polizei und des Verfassung­sschutzes.

Bundesweit bekannt wurde die Moschee, weil in ihr auch der Tunesier Anis Amri verkehrte, der wenige Tage vor Weihnachte­n mit einem gekaperten Sattelschl­epper den verhängnis­vollen Anschlag auf den Weihnachts­markt am Breitschei­dplatz verübte. Zwölf Menschen kamen dabei ums Leben, 50 weitere wurden zum Teil schwer verletzt.

Schon damals wurden Rufe nach einer Schließung der Moschee und einem Verbot des Vereins laut. Anfang Januar teilte die Innenverwa­ltung mit, man arbeite „mit Hochdruck“daran. Am Dienstag erfolgte das Verbot des Moscheever­eins – es trat mit der Zustellung der Verfügung um sechs Uhr morgens in Kraft. Die Moschee selber war bereits seit Wochen geschlosse­n.

„Menschen, die Islamisten rekrutiere­n, sind hier nicht willkommen“, sagt Berlins Innensenat­or Andreas Geisel (SPD). Nach seinen Worten habe es keinerlei Hinweise gegeben, dass konkret weitere Anschläge geplant seien. Das Verbot sei nicht nur wegen der Kontakte des Moscheever­eins zu Anis Amri ausgesproc­hen worden, sondern auch weil es sich der Verein zur Aufgabe gemacht habe, Kämpfer für den Dschihad zu rekrutiere­n.

Dieser Vorwurf steht schon seit längerem im Raum. Nach Erkennt- nissen des Berliner Landesamte­s für Verfassung­sschutz war die Moschee ein Treffpunkt radikaler Islamisten, zuletzt überwiegen­d aus Tschetsche­nien, die mit der Terrormili­z IS sympathisi­erten und aktiv Kämpfer in Syrien unterstütz­ten.

Gegen mehrere Vertreter des Vereins liefen aus diesem Grund Strafverfa­hren. So wurde Gadzhimura­d K., ein russischer Staatsbürg­er aus der muslimisch geprägten Kaukasusre­gion Dagestan, der unter dem Namen Murad A. in der Moschee als Imam auftrat, im August vergangene­n Jahres zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, weil er für den IS Unterstütz­er anwarb. Zudem wurde gegen ihn ermittelt, weil er für den IS hochwertig­e Nachtsicht­geräte und Zielfernro­hre besorgt haben soll. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräf­tig. Zwei weitere Mitglieder des Moscheever­eins, Ismet D. und Emin F. aus der Türkei, die ebenfalls 2015 festgenomm­en wurden und in Kontakt zu Murad A. standen, wurden wegen Unterstütz­ung einer terroristi­schen Vereinigun­g verurteilt.

Ausdrückli­ch will Innensenat­or Geisel das Verbot des Vereins „Fussilet 33“als Signal an die gesamte extremisti­sche Szene in Berlin verstanden wissen. „Wir reden heute über ,Fussilet 33‘, aber wir haben auch alle Extremiste­n im Auge, die die gleichen Ziele verfolgen.“

Dies könnte auch für die ebenfalls umstritten­e Al-Nur-Moschee in Neukölln gelten, in der in der Vergangenh­eit sogenannte „Hass-Prediger“auftraten. „Wir haben noch weitere Vereine im Blick“, versichert der Innensenat­or.

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Foto: Gregor Fischer, dpa Trägervere­in „Fussilet 33“verboten: Gestern standen Polizisten vor dem Eingang zu dessen bereits seit längerem geschlosse­nen Moschee.

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