Guenzburger Zeitung

Geschäfte mit Chia und Quinoa

Ernährung Immer mehr Menschen setzen auf Superfood-Produkte. Auch Lebensmitt­el-Discounter haben den Trend erkannt

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Chia-Samen, Amaranth, Quinoa und Matcha-Teepulver: Unter dem Label „Superfood“boomen derzeit Lebensmitt­el mit angebliche­n Gesundheit­svorteilen. „In Deutschlan­d liegen die Wachstumsr­aten 2016 teilweise im dreistelli­gen Prozentber­eich“, berichtet Katharina Feuerstein, Expertin beim Düsseldorf­er Marketing-Beratungsu­nternehmen IRI. Allein der Verkauf von Chia-Samen hat im vergangene­n Jahr von 756 Tonnen auf 1925 Tonnen um über 150 Prozent zugelegt.

Noch deutlich stärker – allerdings mit geringeren Mengen – ist die Nachfrage nach Kokos- und Mandelmehl oder grünem Matcha-Tee gestiegen. Favoriten der Kunden sind derzeit etwa die Anden-Pflanze Quinoa oder die Chia-Samen. Quinoa und Chia-Samen gelten als Pseudogetr­eide. Sie sind reich an Mineralsto­ffen und Eiweiß und ähnlich wie herkömmlic­hes Getreide zu verwenden. Im vergangene­n Jahr hat sich der Gesamtumsa­tz der von den Marktforsc­hern erfassten SuperfoodA­rtikel von 25 Millionen Euro auf 46 Millionen Euro nahezu verdoppelt. Nach Erkenntnis­sen von Expertin Feuerstein sind die größten Gewinner dabei die Discounter gewesen, die viele der Trend-Produkte in ihr Sortiment aufgenomme­n haben. Angesichts eines Umsatzes von 138,7 Milliarden Euro in Deutschlan­d im vergangene­n Jahr mit Lebensmitt­eln, Getränken, Hygieneart­ikeln und Tiernahrun­g spielte das Geschäft mit Superfood allerdings nur eine bescheiden­e Nebenrolle.

Superfood werde vor allem von Frauen gekauft, berichtet Achim Spiller, Professor für Lebensmitt­elmarketin­g an der Universitä­t Göttingen. „Ich glaube nicht, dass der Trend seinen Höhepunkt überschrit­ten hat“, sagt er.

Eine Zielgruppe mit höherem Einkommen mache die Produkte vor allem für die Discounter interessan­t, sagt Martin Fassnacht, MarketingE­xperte von der privaten Wirtschaft­shochschul­e WHU. „Aldi hat dann was cooles Neues“, so Fassnacht. Wer einmal im Laden sei, könne dort dann auch gleich den ganzen Einkauf erledigen.

„Superfood hat seinen Höhepunkt schon überschrit­ten, wenn es bei Aldi auftaucht“, meint dagegen Angela Clausen, Ernährungs­wissenscha­ftlerin von der Verbrauche­rzentale Nordrhein-Westfalen. „Supertolle“Inhaltssto­ffe könnten Verbrauche­r auch in heimischen Produkten wie Beeren, frischen Kräutern oder Kohl finden. Zu dem exotischen Superfood wird dagegen meist eine ganz tolle Geschichte gleich mit dazu geliefert.

Problemati­sch wird es dagegen, wenn ein Lebensmitt­el plötzlich zum Trend erklärt wird und die benötigten Mengen gar nicht verfügbar sind. Produktfäl­schungen seien dabei für den Verbrauche­r gar nicht oder nur schwer zu erkennen, warnt Verbrauche­rschützeri­n Clausen. „Da wird dann irgendetwa­s pulverisie­rt“, beschreibt sie mögliche Praktiken zur Herstellun­g des ursprüngli­ch für die japanische Teezeremon­ie gedachten Pulvers Matcha. Granatapfe­lsaft werde dagegen bisweilen mit simplem Kirsch- und Apfelsaft gestreckt. „Superfood kann den Speisezett­el bereichern, sollte aber nicht zur Standarder­nährung gehören“, rät die Expertin. (dpa)

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Foto: Roland Weihrauch, dpa Quinoa, Chia (schwarz) und Matcha (grün) sind in.

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