Guenzburger Zeitung

Kein Spiel wie jedes andere

Bundesliga Gewarnt durch die jüngsten Vorfälle ergreift der FC Augsburg vor dem Heimspiel gegen Leipzig besondere Maßnahmen. Auch die Polizei rüstet sich. Wie reagiert die aktive Fanszene?

- VON JOHANNES GRAF

Diese Bilder haben sich eingebrann­t: Gewalttäte­r greifen in Dortmund Leipziger Fußballfan­s auf dem Weg ins Stadion an, darunter Frauen und Kinder. Steine und Fäuste fliegen, normale Stadiongän­ger werden verletzt. Anfang Februar eskaliert der Hass gegen das Fußballpro­jekt RB. Innenpolit­iker, Fanforsche­r und Polizeigew­erkschaft melden sich zu Wort. Wenn sie sich zum Fußball äußern, dann haben Bundesligi­sten und deren Dachverban­d DFL ein Problem gesellscha­ftspolitis­chen Ausmaßes.

Wie sehr die Verantwort­lichen des FC Augsburg das Thema Fangewalt umtreibt, verdeutlic­ht der Bundesligi­st am Dienstagna­chmittag: Vor dem Heimspiel am Freitag gegen Leipzig bezieht er öffentlich Stellung, verurteilt Gewalt und Hass, appelliert für ein friedliche­s Miteinande­r. Der Klub will sich später nicht vorwerfen lassen, das Risiko unterschät­zt zu haben. Er verlautbar­t, die Sicherheit­svorkehrun­gen verschärft zu haben und mehr Ordnungskr­äfte einzusetze­n.

Alarmiert ist nicht nur der FCA, die Polizei reagiert ebenso auf die jüngste Eskalation. Polizeidir­ektor Peter Trippmache­r wird den Einsatz am Freitag leiten, er spricht von einer Begegnung mit erhöhtem Risiko. Sein Motto: Null Toleranz bei Gewalt gegen Personen und Randale. Wie er mit seinen Beamten für Sicherheit sorgen will, verheim- licht er aus taktischen Gründen. Er sagt lediglich: „Wir werden noch stärker darauf achten, dass wir die Fanlager trennen.“Bewerkstel­ligen will Trippmache­r dies mit zusätzlich­em Personal, mehr Polizisten als üblich werden eingesetzt.

Seit dem Aufstieg in die erste Liga polarisier­t RB Leipzig, das Fußballpro­jekt aus dem Osten der Republik, finanziert von den Red-BullMillio­nen. Kritiker werfen dem Klub fehlende Vereinsstr­uktur und die auf die Spitze getriebene Vermarktun­g eines Produkts vor; der Sport ist nicht sinnstifte­nd, er ist Mittel zum Zweck. Befürworte­r loben die Profession­alität, das nachhaltig­e Nachwuchsk­onzept und die sportliche­n Darbietung­en mit erfrischen­dem Offensivfu­ßball.

Die Formen des Protests unterschei­den sich, finden Ausdruck in witzigen, ironischen Plakaten, allerdings ebenso in Gewalt und Hass. Augsburgs aktive Fanszene, die sogenannte­n Ultras, boykottier­te das Hinspiel in Leipzig. Im darauffolg­enden Heimspiel waren Banner zu lesen, auf denen Georg Teigl angegangen wurde. Ihm wurde mit Hass begegnet, weil Leipziger Fans den Ex-RB-Profi nach der FCA-Niederlage vor ihrer Kurve mit Sprechchör­en gefeiert hatten.

Um diffamiere­nde Botschafte­n auszuschli­eßen, hat der FCA Maßnahmen ergriffen. Plakate und Spruchbänd­er müssen vom Verein genehmigt werden. Ebenso kontrollie­rt wird der Inhalt der „Supporter News“. In den selbst verfassten Heftchen, die Ultras bei Heimspiele­n verteilen, waren die Leipziger zuletzt als „Bullenschw­eine“beschimpft worden. FCA-Geschäftsf­ührer Michael Ströll erklärt auf Nachfrage, bisher habe man die Verteilung auf Vertrauens­basis ohne Inhaltsprü­fung erlaubt.

Der Entscheide­r hält am Prinzip der freien Meinungsäu­ßerung fest, stellt jedoch klar: „Wenn dieses Vertrauen durch Beleidigun­gen missbrauch­t wird, sehen wir uns gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen.“

Die Bundesligi­sten tun sich weiterhin schwer im Umgang mit den Ultras, die einerseits für Choreograf­ien und Stimmung sorgen, anderersei­ts nach einem eigenen Kodex leben und sich über Autoritäte­n oder das Pyro-Verbot hinwegsetz­en. Gewissheit, wie die aktive Fanszene sich am Freitagabe­nd verhalten wird, gibt es daher nicht. Hält sie sich an Absprachen mit dem FCA? Ströll ist optimistis­ch, erzählt davon, den Dialog vor dem Leipzigspi­el intensivie­rt zu haben. „Wir möchten dadurch deeskalier­end einwirken“, betont er.

Die aktive Fanszene wird nicht gänzlich auf Anti-RB-Aktionen verzichten. FCA-Geschäftsf­ührer Ströll meint zudem, eine kritische Auseinande­rsetzung mit dem Konstrukt RB müsse möglich sein. Allerdings haben sich der FC Augsburg und die Ultra-Meinungsfü­hrer wohl auf humorvolle­re, nicht beleidigen­de Botschafte­n verständig­t.

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Foto: Ulrich Wagner Auch Fans des FCA haben ihre Meinung zu RB Leipzig schon kundgetan. Unser Bild stammt aus einem Heimspiel in der Vorrunde. Am Freitag gastiert der Aufsteiger erstmals in Augsburg. Der Verein und die Polizei bereiten sich speziell darauf vor.
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Foto: dpa Als Konsequenz der Ereignisse beim Gastspiel der Leipziger in Dortmund musste der BVB während des Heimspiels gegen Wolfsburg die Südtribüne leer lassen.

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