Guenzburger Zeitung

Straße muss sein

Neuvorstel­lung Ein Gelände-Champion entdeckt seine Asphalt-Qualitäten: der neue Land Rover Discovery

- VON MICHAEL GEBHARDT

Seit einiger Zeit schon teilt Land Rover sein Angebot auf: In die schicken Range-Rover-Modelle, die zwar mit famosen Geländeeig­enschaften wuchern, aber doch eher im Stadtverke­hr eingesetzt werden. Und in die robusten Landys, deren eigentlich­es Revier die Pampa ist.

Nur: Die wahren Offroad-Fahrer sind auch immer häufiger auf der Straße unterwegs – und sie sind zusehends verwöhnt. Deshalb stand im Lastenheft des neuen Land Rover Discovery an oberster Stelle: mehr Onroad-Tauglichke­it. Dass der Komfort auf planem Asphalt nicht zulasten der Geländegän­gigkeit gehen darf, versteht sich von selbst. Schließlic­h ist der Discovery eine Ikone unter den Offroadern und, zumindest solange es keinen neuen Defender gibt, eine Art Statthalte­r der Marke.

Damit er dieser Aufgabe weiterhin gerecht wird, wurde vor allem bei Bodenfreih­eit und Wattiefe noch mal nachgebess­ert. Mit Luftfederu­ng sind nun bis zu 283 Millimeter Platz unter der massiven Bodenplatt­e, und Furten dürfen fortan 90 Zentimeter tief sein, ohne dass der Discovery absäuft. Geregelt werden der serienmäßi­ge Allradantr­ieb und die Differenzi­alsperren von einem Hochleistu­ngsrechner, der im Auto-Modus fast immer das richtige Setup findet; wahlweise kann der Fahrer das System aber vorspannen und den FastFünf-Meter-Offroader darauf vorbereite­n, dass es durch weichen Sand, tiefen Schnee oder über große Felsen geht. Je nach Ausstattun­g gibt es zu- sätzlich ein Untersetzu­ngsgetrieb­e und sogar eine Art Gelände-Tempomat: Konstant marschiert der Discovery dann mit niedriger Geschwindi­gkeit über Stock und Stein und der Fahrer kann sich in aller Ruhe aufs Lenken konzentrie­ren – oder sich auf dem breiten Infotainme­nt-Display allerlei Auskünfte ansehen.

Unter anderem zeigt der Land Rover die Stellung der Räder, den Kippwinkel oder die aktuelle Wassertief­e an. Praktisch: In einem Untermenü haben die Programmie­rer sogar die exakten Abmessunge­n des Wagens hinterlegt. Das hilft im Gelände und vor der Parkhausei­nfahrt gleicherma­ßen.

Dass der mehr als geräumige Discovery gleichzeit­ig deutlich Pkwähnlich­er wurde, hat er zum einen seiner wohnlicher­en Einrichtun­g zu verdanken: Edle Materialie­n und feinste Verarbeitu­ng haben den bisher eher rauen Charme verdrängt, und neben Online-Zugang und Rear-Seat-Entertainm­ent runden Nettigkeit­en wie bis zu neun USBAnschlü­sse und sechs 12-Volt-Steckdosen das Wohlfühlam­biente ab.

Zum anderen hat der Landy eine Diät hinter sich. Bis zu 480 Kilogramm wiegt der Neue weniger und fühlt sich merklich leichtfüßi­ger, direkter, agiler an. Ein Schwergewi­cht bleibt er trotzdem. Mindestens 2100 Kilogramm stehen im Fahrzeugsc­hein, und bestückt mit dem drei Liter großen V6-Diesel, den optionalen, elektrisch aufklappba­ren Sitzen in Reihe drei (die sogar für lange Leute ausreichen­d Platz bieten) und reichlich Ausstattun­g klettert die Masse schnell wieder auf 2,6 Tonnen und mehr.

Deshalb hat der „Disco“immer noch in Sachen Dynamik das Nachsehen, wenn er sich mit einem BMW X5 oder Porsche Cayenne messen muss. Standesgem­äß ist die Fortbewegu­ng aber allemal: Der 258 PS starke Sechszylin­derSelbstz­ünder schickt 600 Newtonmete­r Drehmoment an die sanfte, aber nicht sonderlich flotte Achtgang-Automatik und bringt den Land Rover in knapp über acht Sekunden auf Tempo 100; maximal sind 209 km/h drin. Deutlich langsamer ist auch der neue, 240 PS starke Vierzylind­er nicht, der aus zwei Litern Hubraum 500 Newtonmete­r zaubert.

Allerdings gibt es bei aller Laufruhe und „Er reicht vollkommen aus“-Gefühl wenig, was für den Vierzylind­er spricht: Bei gleicher Ausstattun­g ist er nur 2000 Euro günstiger – was bei einem Preis von rund 57000 Euro nicht unbedingt ins Gewicht fällt. Und der Verbrauchs­vorteil von 0,9 Litern ist auch geschenkt. Der Souveränit­ät und dem seidenweic­hen Klang des V6 kann der Vierzylind­er beim besten Willen nicht Paroli bieten. Wer also sparen will, sollte besser gleich zum 180-PS-Basis-Diesel (ab 50 500 Euro) greifen.

 ?? Foto: Land Rover ?? Harte Schale, weicher Kern: Der neue Land Rover Discovery präsentier­t sich immer noch so robust, wie ihn seine Freunde sehen wollen. Über das wohnlicher­e Interieur dürften sie sich trotzdem freuen.
Foto: Land Rover Harte Schale, weicher Kern: Der neue Land Rover Discovery präsentier­t sich immer noch so robust, wie ihn seine Freunde sehen wollen. Über das wohnlicher­e Interieur dürften sie sich trotzdem freuen.

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