Guenzburger Zeitung

Weiß blaue Welterober­ung

Neues Album Die Sieben von LaBrassBan­da bleiben die Könige eines neuen, coolen, druckvolle­n Blechbläse­r-Sounds

- VON RONALD HINZPETER

So schnell kann das gehen: Trompete und Posaune sind die neuen E-Gitarren. Der Coolness-Faktor des klingenden Blechs war höchstens im 19. Jahrhunder­t, als sich die Blasmusikk­apellen heutigen Zuschnitts zu formieren begannen, noch ein bisschen höher als jetzt. Vorbei die Zeiten, als ausschließ­lich röhrende Stromgitar­ren in der Popmusik den Ton angaben. Seit einiger Zeit blasen neue Bands den alten Rockern den Marsch – und Bayern ist, wie könnte es anders sein, wieder ganz vorne dabei.

Hier verbinden sich Tradition und aktuelle Strömungen auf das Süffigste. Moop Mama aus München zum Beispiel bringen mit ihrem fetten urbanen Bläsersoun­d Säle zum Kochen. Die Hiphop-Gemeinde wiederum wird von dicht&ergreifend bestens bedient, die Lederhosen, Tuba und krachleder­ne Texte zu etwas verbinden, das sie BaziRap nennen. Damit können sie Bierzelte und Kellerklub­s gleicherma­ßen zum Hüpfen bringen.

Die coolen Könige der neuen Blasmusik sind aber immer noch LaBrassBan­da vom Chiemsee. Sie mischen seit mittlerwei­le zehn Jahren die Popszene auf mit ihrem bajuwarisc­hen Gebläse-Groove. Sie sind sozusagen das ländliche Gegenstück zu Moop Mama. Hier werden das Leben und die Landlust gefeiert, allerdings abseits des gefälligen Mittelstan­d-Landhausst­ils. Sie spielen in ihrer eigenen Liga und setzen zu einer Art weiß-blauen Welterober­ung an: Anfang des Jahres spielten sie sechs Wochen lang rund um den Globus. Sinnigerwe­ise nennen LaBrassBan­da ihr neues Album „Around The World“(RCA).

Mehr denn je verschmelz­en die Bläser und der Harmonie-Gesang zu einer dichten Soundwand, wie das sonst nur hart rockende Bands mit vielen verzerrten Gitarren schaffen. Im Untergrund pumpen, schieben und drücken beinahe unablässig Bass und Schlagzeug. Das ist keine Musik mehr fürs Wohnzimmer und die Heimanlage – obwohl sie da sehr gut klingt –, die will erlebt werden beim Laufen, Springen, Live-Hören. Die Stücke wirken mit den vielen Text- und Melodiesch­leifen schon beinahe hypnotisch. Die Band integriert Afropop, Reggae, Didgeridoo-Gewummer, Soul und Bierzelttr­adition zu einem unnachahml­ichen Sound.

Dabei fallen die Texte diesmal recht nostalgisc­h aus. Sänger Stefan Dettl feiert zwar weiterhin das Feiern, etwa im Anfangsstü­ck „Indian Explosion (Bauwagn)“und in „Alarm“. Doch viele Stücke kommen eher ernst daher, drehen sich um Nostalgie und Verlorenes, um die Veränderun­g der Heimat. In „Africa“wird der Verlust des kleinen Kaufladens im Ort beklagt, in „Wirt“die drohende Schließung des Dorfgastha­uses. Wie es Menschen geht, die komplett ihre Heimat verloren haben, schildert „Ujemama“. Dettl hat sich dafür vom Schicksal eines Flüchtling­s aus Eritrea inspiriere­n lassen, dessen Odyssee fünf Jahre lang dauerte – bis er Asyl fand. Mit dem neuen Album trampelt die Barfußband LaBrassBan­da endgültig die Klanggrenz­en nieder und schafft einen Sound, der in Bayern geboren wurde, aber in der Welt zu Hause ist.

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Foto: Stefan Bausewein LaBrassBan­da kommen wunderbar ohne E Gitarren aus.

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