„Faschingsumzug“in die neue Heimat
Soziales 36 Senioren haben ihre Zimmer im Stadlerstift in Thannhausen bezogen. Das war eine logistische und menschliche Herausforderung, bei der auch die Angehörigen mit anpackten
Die Tage des Thannhauser Kreisaltenheims sind endgültig gezählt. Beim Gang durch die engen und verwinkelten Gänge wird es besonders deutlich: Die Einrichtung als solche wäre auf Dauer nicht mehr zeitgemäß. Vom Brandschutz ganz zu schweigen. Wäre da am Eingang nicht der rote Möbelwagen der Augsburger Möbelspedition, nichts ließe auf einen Umzug schließen. Seit 7.30 Uhr steht er da. Jedoch: Kein hektisches Treiben, keine umherwuselnden Möbelpacker, lediglich im Eingangsbereich liegen noch einige sauber zusammengefaltete Umzugskartons bereit. Die Verwaltung war bereits vergangene Woche umgezogen.
„Gut läuft’s, alles ist ganz einwandfrei organisiert“, sagt Anna Kitzel. Die 88-Jährige wartet gerade auf den Bus, der sie gleich zusammen mit einigen weiteren Senioren zum Stadlerstift bringen wird. Mit dem Bus? Klar, mit dem Flexibus. Ob mit Rollstuhl oder Rollator – eine „schicke Sache“für den knapp einen Kilometer langen Weg. Und genutzt wird dieser von den Senioren sowieso schon regelmäßig, für Fahrten in die Stadt oder für Ähnliches. Viermal wird er am Rosenmontag fahren. Die Stimmung ist tatsächlich gelassen – sowohl unter den Bewohnern als auch dem Personal der beiden Häuser. „Man muss cool und entspannt sein“, bemerkt Einrichtungsleiterin Anita Kugelmann. Sie hat recht. Denn: Würde man Nervosität zeigen, brächte man sowieso nur alles durcheinander. Für die ganze Organisation und den Ablauf sei vor allem das Team um sie herum mit verantwortlich, unter anderem mit dem Besorgen der Möbelspedition: Ohne Profis geht so ein Umzug nicht über die Bühne.
Im Speisesaal des Stadlerstifts ist für die Senioren und deren Angehörige ein kleiner Empfang vorbereitet: Mit Kaffee, Sekt-Orange und natürlich mit Krapfen – es ist ja Fasching. Rudolf Böhm ist bereits mit der ersten „Flexibus-Fuhre“gekommen. Sein neues Zimmer hat er sich schon am Samstag angeschaut. Richtig einladend wirkt der helle Raum mit dem großen Fenster und dem Fernseher an der Wand. Gut, das eine oder andere Schränkchen fehlt noch. „A komisches Gefühl“sei es schon gewesen, so die letzten Tage vor dem Umzug, sagt der 63-Jährige. Auf dem Gang kommen gerade Eleonore Traber und Alfons Bammer entgegen. Sie bringen eine ganze Reihe persönlicher Sachen in das neue Zimmer von Rosa Bammer. Sie werden ihre Mutter – sie ist 96 – den ganzen Tag begleiten. Sie habe sich auf ihren Umzug eingestellt und im Vorfeld schon betont, dass sie sich freue, erzählen sie. So auch Barbara Hertl, 88, der vor allem die großen, hellen Fenster im Stadlerstift gefallen – im Gegensatz zu denen im Kreisaltenheim. Sie ist ebenfalls nicht allein. Ihre Tochter Irmgard hat beim Umzug selbst mit Hand angelegt. „Ich habe es als sehr wichtig empfunden, mit dabei zu sein“, sagt sie. Überhaupt sind es eine ganze Reihe Angehöriger, die die Senioren begleiten. Diejenigen, die tagsüber arbeiten müssen, kommen am Abend.
Inzwischen rangiert Nicolai Spak den Möbelwagen – voll beladen mit Sesseln, Stühlen Schränken und prall gefüllten Umzugskartons – in die Einfahrt des Stadlerstifts. Zusammen mit vier weiteren Kollegen wird er anschließend beginnen, zu entladen. Jeder Gegenstand trägt einen Aufkleber mit einer Nummer. Schließlich muss jedes Stück den Weg zu seinem Besitzer wiederfinden. Auch für Nicolai Spak ist der Umzug sehr ungewöhnlich und nicht alltäglich. Beim Verlassen des Kreisaltenheims habe er bei den Senioren schon das ein oder andere traurige Auge gesehen, meint er.
Gestern zogen die restlichen Bewohner in das Stadlerstift – noch dreimal Flexibus hieß es. Für zwei pflegebedürftige Senioren war ein Krankentransport organisiert worden. Im Stadlerstift müssen die Außenanlagen noch fertiggestellt werden und auch im Haus selbst gebe es noch Kleinigkeiten nach der eineinhalbjährigen Umbauphase, bemerkt Martin Neumeier, Werkleiter der Seniorenheime des Landkreises. Und dass der Umzug überhaupt in dieser ruhigen Art und Weise und so reibungslos verlaufen konnte, sei ganz besonders dem Zusammenspiel der Teams beider Häuser zu verdanken, fügt Anita Kugelmann hinzu. Warum eigentlich gerade am Rosenmontag und am Faschingsdienstag? Ganz einfach: Der Umzugstermin war seit Längerem für den 27. und 28. Februar geplant. Und damit hatten die Bewohner nun sogar noch ihren eigenen „Faschingsumzug“.