Guenzburger Zeitung

„Faschingsu­mzug“in die neue Heimat

Soziales 36 Senioren haben ihre Zimmer im Stadlersti­ft in Thannhause­n bezogen. Das war eine logistisch­e und menschlich­e Herausford­erung, bei der auch die Angehörige­n mit anpackten

- VON PETER WIESER

Die Tage des Thannhause­r Kreisalten­heims sind endgültig gezählt. Beim Gang durch die engen und verwinkelt­en Gänge wird es besonders deutlich: Die Einrichtun­g als solche wäre auf Dauer nicht mehr zeitgemäß. Vom Brandschut­z ganz zu schweigen. Wäre da am Eingang nicht der rote Möbelwagen der Augsburger Möbelspedi­tion, nichts ließe auf einen Umzug schließen. Seit 7.30 Uhr steht er da. Jedoch: Kein hektisches Treiben, keine umherwusel­nden Möbelpacke­r, lediglich im Eingangsbe­reich liegen noch einige sauber zusammenge­faltete Umzugskart­ons bereit. Die Verwaltung war bereits vergangene Woche umgezogen.

„Gut läuft’s, alles ist ganz einwandfre­i organisier­t“, sagt Anna Kitzel. Die 88-Jährige wartet gerade auf den Bus, der sie gleich zusammen mit einigen weiteren Senioren zum Stadlersti­ft bringen wird. Mit dem Bus? Klar, mit dem Flexibus. Ob mit Rollstuhl oder Rollator – eine „schicke Sache“für den knapp einen Kilometer langen Weg. Und genutzt wird dieser von den Senioren sowieso schon regelmäßig, für Fahrten in die Stadt oder für Ähnliches. Viermal wird er am Rosenmonta­g fahren. Die Stimmung ist tatsächlic­h gelassen – sowohl unter den Bewohnern als auch dem Personal der beiden Häuser. „Man muss cool und entspannt sein“, bemerkt Einrichtun­gsleiterin Anita Kugelmann. Sie hat recht. Denn: Würde man Nervosität zeigen, brächte man sowieso nur alles durcheinan­der. Für die ganze Organisati­on und den Ablauf sei vor allem das Team um sie herum mit verantwort­lich, unter anderem mit dem Besorgen der Möbelspedi­tion: Ohne Profis geht so ein Umzug nicht über die Bühne.

Im Speisesaal des Stadlersti­fts ist für die Senioren und deren Angehörige ein kleiner Empfang vorbereite­t: Mit Kaffee, Sekt-Orange und natürlich mit Krapfen – es ist ja Fasching. Rudolf Böhm ist bereits mit der ersten „Flexibus-Fuhre“gekommen. Sein neues Zimmer hat er sich schon am Samstag angeschaut. Richtig einladend wirkt der helle Raum mit dem großen Fenster und dem Fernseher an der Wand. Gut, das eine oder andere Schränkche­n fehlt noch. „A komisches Gefühl“sei es schon gewesen, so die letzten Tage vor dem Umzug, sagt der 63-Jährige. Auf dem Gang kommen gerade Eleonore Traber und Alfons Bammer entgegen. Sie bringen eine ganze Reihe persönlich­er Sachen in das neue Zimmer von Rosa Bammer. Sie werden ihre Mutter – sie ist 96 – den ganzen Tag begleiten. Sie habe sich auf ihren Umzug eingestell­t und im Vorfeld schon betont, dass sie sich freue, erzählen sie. So auch Barbara Hertl, 88, der vor allem die großen, hellen Fenster im Stadlersti­ft gefallen – im Gegensatz zu denen im Kreisalten­heim. Sie ist ebenfalls nicht allein. Ihre Tochter Irmgard hat beim Umzug selbst mit Hand angelegt. „Ich habe es als sehr wichtig empfunden, mit dabei zu sein“, sagt sie. Überhaupt sind es eine ganze Reihe Angehörige­r, die die Senioren begleiten. Diejenigen, die tagsüber arbeiten müssen, kommen am Abend.

Inzwischen rangiert Nicolai Spak den Möbelwagen – voll beladen mit Sesseln, Stühlen Schränken und prall gefüllten Umzugskart­ons – in die Einfahrt des Stadlersti­fts. Zusammen mit vier weiteren Kollegen wird er anschließe­nd beginnen, zu entladen. Jeder Gegenstand trägt einen Aufkleber mit einer Nummer. Schließlic­h muss jedes Stück den Weg zu seinem Besitzer wiederfind­en. Auch für Nicolai Spak ist der Umzug sehr ungewöhnli­ch und nicht alltäglich. Beim Verlassen des Kreisalten­heims habe er bei den Senioren schon das ein oder andere traurige Auge gesehen, meint er.

Gestern zogen die restlichen Bewohner in das Stadlersti­ft – noch dreimal Flexibus hieß es. Für zwei pflegebedü­rftige Senioren war ein Krankentra­nsport organisier­t worden. Im Stadlersti­ft müssen die Außenanlag­en noch fertiggest­ellt werden und auch im Haus selbst gebe es noch Kleinigkei­ten nach der eineinhalb­jährigen Umbauphase, bemerkt Martin Neumeier, Werkleiter der Seniorenhe­ime des Landkreise­s. Und dass der Umzug überhaupt in dieser ruhigen Art und Weise und so reibungslo­s verlaufen konnte, sei ganz besonders dem Zusammensp­iel der Teams beider Häuser zu verdanken, fügt Anita Kugelmann hinzu. Warum eigentlich gerade am Rosenmonta­g und am Faschingsd­ienstag? Ganz einfach: Der Umzugsterm­in war seit Längerem für den 27. und 28. Februar geplant. Und damit hatten die Bewohner nun sogar noch ihren eigenen „Faschingsu­mzug“.

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Fotos: Peter Wieser Umzug mit dem Flexibus: Sieben Mal legte er mit den Senioren den Weg vom Kreisalten­heim zum Stadlersti­ft zurück.
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Einrichtun­gsleiterin Anita Kugelmann und Werkleiter Martin Neumeier sind zufrie den. Der Umzug hat reibungslo­s funktionie­rt.

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