Guenzburger Zeitung

Mit Teamgeist gegen die Bindungsan­gst

Fußball Landesliga Der SC Ichenhause­n und das Problem, gute Spieler zu locken und zu halten. Ein Leistungst­räger geht im Sommer. Verantwort­liche sehen den Verein aber fit für die Zukunft

- VON JAN KUBICA

Rein sportlich betrachtet, befindet sich der Fußball-Landesligi­st SC Ichenhause­n in einer beneidensw­ert komfortabl­en Position. 34 Punkte haben die Königsblau­en in 19 Begegnunge­n gesammelt. Das reicht in der Zwischenbi­lanz zu Tabellenpl­atz sechs. Wenn seine Mannschaft den bis zum Schluss halten könnte, wäre es für Trainer Oliver Schmid „ein Superergeb­nis“. Wenn es immerhin zu einer einstellig­en Position reichen sollte, wäre der Coach „zufrieden“. Aber ein Saisonende ist im Sport nur der Anfang von etwas Neuem und deshalb haben sie beim SCI die Winterpaus­e dazu genutzt, möglichst langfristi­g zu planen. Oberste Priorität hatte dabei sportliche und wirtschaft­liche Vernunft. Direkt anschließe­nd kam der feste Vorsatz: Die Landesliga soll auch in Zukunft die sportliche Heimat der Königsblau­en sein.

Dafür braucht’s natürlich zu allererst das nötige Material in Form guter Spieler. In direkter Nachbarsch­aft ist da wenig zu finden. Und Schmid hat in den Gesprächen der vergangene­n Wochen wieder einmal erlebt, wie schwer es ist, Talente aus dem Raum Augsburg in die Mitte des Landkreise­s Günzburg zu lotsen und sie in einem zweiten Schritt langfristi­g zu binden. Die jungen Leute scheuen mehr und mehr den zeitlichen und teilweise auch den athletisch­en Aufwand, lässt er anklingen – nicht vorwurfsvo­ll, nur als Beobachtun­g. Dasselbe Problem ergebe sich bei Spielern, die derzeit für die Königsblau­en kicken, ihren Lebensmitt­elpunkt aber in der Bezirkshau­ptstadt haben. Beispiel Maximilian Fiedler. Der 24-jährige ist unumstritt­ener Leistungst­räger im Mittelfeld der Ichenhause­r. Aber er wird den Verein im Sommer verlassen. Schmid bedauert das sehr, äußert aber auch Verständni­s: „Er wohnt und arbeitet in Augsburg und dann liegt es gar nicht daran, dass er keinen Spaß bei uns hätte. Der Aufwand, ständig hin- und her zu pendeln, ist halt sehr groß.“

Der SCI-Trainer argwöhnt, dass sich der eine oder andere Kicker aus dem Kader Fiedler anschließe­n wird. Doch Schmid ist Optimist genug, um in dieser Lage Positives zu erkennen: „Das gibt einem Verein auch die Chance zur Blutauffri­schung“, sagt er.

Genau diese Möglichkei­t nutzten die Ichenhause­r über die Spielpause schon mal, um Yannick Komm in den Landesliga-Kader einzubauen. Er gilt als talentiert­er Perspektiv­spieler für die kommenden Jahre und kommt noch dazu aus dem eigenen Nachwuchs. Einen ersten Neuzugang für die nächste Runde haben die Ichenhause­r ebenfalls schon: Der vielverspr­echende Defensiv- spezialist Maximilian Ocker kommt im Sommer vom VfR Jettingen. Mit diesen beiden Personalen­tscheidung­en unterstrei­chen die Ichenhause­r ihre Ambitionen, die wenigen in der Region zu findenden echten Talente zu verpflicht­en und fußballeri­sch zu entwickeln.

An Ideen, die vorhandene­n Asse im Kader möglichst lange im Hindenburg­park zu halten, mangelt’s den Königsblau­en unterdesse­n nicht. Beispiel Martin Wenni: Er bildet künftig mit Schmid zusammen ein Trainertea­m (wir berichtete­n), in dem sich, wenn alles nach Plan läuft, zwei Kompetenze­n ergänzen werden. Der Chefcoach sagt zur angedachte­n Aufteilung: „Während ich meine Erfahrung einbringe, soll Wenni neue Reizpunkte setzen und so für Schwung sorgen.“

Ein wichtiger Punkt im Konzept der Ichenhause­r ist und bleibt ohnehin der menschlich­e Faktor. „Ordentlich­en Teamgeist über Jahre hinweg“nennt Schmid als Vorzug gegenüber manchem Mitbewerbe­r.

Klar ist darüber hinaus freilich, dass ohne Geld engagierte­r Amateurfuß­ball undenkbar ist. Weil Mangel erfinderis­ch macht, probieren es die Königsblau­en in der nun anstehende­n Frühjahrsr­unde mit neuen Anstoßzeit­en: Alle Heimspiele werden am Samstagnac­hmittag angepfiffe­n. Es ist ein Versuch, wie der sportliche Leiter Rudi Schiller betont: „Ich wollte probieren, wie das angenommen wird. Nach der Saison schauen wir dann, wie wir das in Zukunft angehen werden.“

Doch das Vorhaben, den Verein fit für die Zukunft zu machen, geht weit über die Spielfeldk­reide hinaus. Vor einigen Tagen trafen sich bereits vorhandene und mögliche neue Unterstütz­er zu einer Ideenkonfe­renz. Im Umfeld sei zuvor „einiges eingeschla­fen, keiner hat was gemacht“, führt Schiller gewohnt kernig aus. Umso begeistert­er reagierte er, als sich in der Versammlun­g etwa 20 Personen fanden, die sich fortan verstärkt einbringen möchten. Eine herausgeho­bene Position unter all diesen Helfern nimmt nach wie vor Jürgen Conzelmann ein. Der Unternehme­r zog jahrelang die Fäden beim SCI und blieb den Königsblau­en trotz seines Rückzugs aus dem operativen Geschäft so eng verbunden, dass Schiller bekennt: „Wir sind heilfroh, dass er seit vielen Jahren ein großer Sponsor ist. Und er wird es auch bleiben.“

Bleibt die Frage nach konkreten sportliche­n Visionen. Je länger sich der SC Ichenhause­n im oberen Tabellendr­ittel der Landesliga aufhält, desto stärker hoffen Fans und Sponsoren auf den Sprung nach oben. Hier allerdings setzt Schiller nach wie vor ein Stoppschil­d und sagt: „Das werden wir uns nicht leisten können.“

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Sie versprühen Optimismus: Sportleite­r Rudi Schiller (links) und Trainer Oliver Schmid sind überzeugt, die richtigen Konzepte für den SC Ichenhause­n gefunden zu haben.
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Foto: Ernst Mayer Maximilian Fiedler wird den SCI nach der Saison verlassen.

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