Guenzburger Zeitung

„Da stimmt etwas nicht mit dem Kleinen“

Gericht Ein zwei Jahre altes Kind erleidet schwere Verletzung­en. Jetzt soll sein Vater deswegen ins Gefängnis

- VON WOLFGANG KAHLER

Günzburg Er war sich keiner Schuld bewusst. Weil er seinem zweijährig­en Sohn drei Rippen gebrochen hatte, soll der 25-jährige Angeklagte hinter Gitter, denn Richter Daniel Theurer sah die Kindermiss­handlung als erwiesen an.

Laut Staatsanwa­ltschaft hat der 25-Jährige im November vergangene­n Jahres in einer Gemeinde im nördlichen Landkreis seinen damals gerade zweijährig­en Sohn übel misshandel­t. Weil das Baby unruhig war und quengelte, habe der Vater es aus der Wippe genommen und derart fest gedrückt, dass es zu den Rippenbrüc­hen kam. Außerdem erlitt der Bub eine Gehirnblut­ung, vermutlich durch einen Schlag und einen Bruch des Oberschenk­els. Der könne, wie ein Gerichtsme­diziner sagte, nur durch „ruckartige­s Drehen“, also bewusste Gewalteinw­irkung zustande kommen.

„Ich hab nichts gemacht“, beteuerte der Angeklagte. Er habe das Kind nur aus der Liege genommen und gewickelt. Der Bub habe gequengelt und geschrien. Dann habe er festgestel­lt: „Da stimmt etwas nicht mit dem Kleinen.“Die Kopfund Beinverlet­zungen des Babys könne er sich nicht erklären, davon habe er erst im Krankenhau­s erfahren. Gemeinsam mit der Mutter war der Vater zuerst ins Krankenhau­s gefahren, wo zunächst nur ein Beinbruch des Kindes festgestel­lt worden war. Erst bei einer weiteren Untersuchu­ng kamen die Rippenbrüc­he und die Gehirnblut­ung ans Licht. Das brachte die Ermittlung­en ins Rollen.

Schwer belastet wurde der Angeklagte durch die Aussage der Mutter der Kindesmutt­er und deren Schwester. Diese hatte einige Tage nach dem Vorfall mit dem 25-Jährigen telefonier­t und ihn gefragt, was passiert sei. Der Vater habe bestritten, dass er das Kind geschüttel­t oder gar fallen gelassen habe. Er habe es aber fest gedrückt, dabei wäre vielleicht das Bein verletzt worden. Offenbar war der Angeklagte „gestresst und genervt“, weil der Bub geschrien habe, so der Eindruck der Zeugin. In seinem Gutachten beschrieb der Gerichtsme­diziner, dass jede der Verletzung­en lebensgefä­hrliche Folgen für das Kind hätte haben können. Die Gehirnblut­ung könne nur durch direkte Gewalteinw­irkung und nicht durch Schütteln allein entstanden sein. Rippenbrüc­he sowie der gebrochene Oberschenk­el bedeuteten ebenfalls eine erhebliche Gefahr für das Kind.

Die Staatsanwä­ltin sah den Vorwurf der Misshandlu­ng durch die umfangreic­he Beweisaufn­ahme als bestätigt an. Gewalt gegen ein wehrloses Geschöpf sei besonders verwerflic­h, die Spätfolgen noch gar nicht absehbar. Sie forderte eine Freiheitss­trafe von einem Jahr und sechs Monaten mit Bewährung und eine Geldauflag­e von 3000 Euro. Zumal der Angeklagte schon wegen eines Gewaltdeli­kts vorbestraf­t sei.

Ganz so klar war der Tatnachwei­s für Rechtsanwa­lt Dietrich Jaser (Günzburg) aber nicht: „Keiner war dabei“, argumentie­rte er, man müsse sich auf Aussagen von Zeugen und Sachverstä­ndigen verlassen. Äußerliche Spuren der Misshandlu­ng seien nicht feststellb­ar gewesen. Es sei sogar denkbar, dass die Mutter die Verletzung­en verursacht habe. Die Hirnblutun­g könne auch durch Sturz entstanden sein. Da die Tatumständ­e allein für die Verurteilu­ng wegen gefährlich­er Körperverl­etzung nicht ausreichte­n, forderte der Anwalt eine Geldstrafe. Er fühle sich zu Unrecht beschuldig­t, sagte der Angeklagte in seinem Schlusswor­t.

Das half ihm aber nicht. Wegen gefährlich­er Körperverl­etzung lautete das Urteil auf einem Jahr und drei Monate Haft. Richter Theurer erkannte nicht auf Bewährung, denn dafür sprächen keine besonderen Umstände. Der Angeklagte habe die Verletzung­en billigend in Kauf genommen, die eine potenziell­e Lebensgefa­hr für den Zweijährig­en bedeutet hätten: „Es war Gewalt gegen ein ganz kleines Kind mit erhebliche­n Auswirkung­en.“Erschweren­d komme dazu, dass der 25-Jährige seine Aggression nicht im Griff hat, wie eine Vorstrafe gezeigt habe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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Symbolfoto: Alexander Kaya

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