Die Abgeordneten und ihre Nebenverdienste
Auswertung Fast jeder vierte Landtagsabgeordnete in Bayern bessert sein Einkommen noch nebenher auf. Im Vergleich der Bundesländer mit Veröffentlichungspflicht kommen die meisten Spitzenverdiener aus dem Freistaat
Viele Landtagsabgeordnete in Bayern bessern ihr Einkommen nebenher auf. Alfred Sauter ist einer der Spitzenverdiener.
Finanziell betrachtet müsste der CSU-Landtagsabgeordnete Alfred Sauter dem damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber dankbar sein, dass dieser ihn 1999 als Justizminister, nicht einmal ein Jahr im Amt, entlassen hat. Auf dem Höhepunkt der Affäre um die halbstaatliche Wohnungsbaugesellschaft LWS wurde ein „Bauernopfer“gesucht und gefunden. Inzwischen geben sich die Beteiligten wieder die Hand, sprechen miteinander. Innere Verletzungen sind freilich geblieben.
Aber in der Tat gehört der 1950 in Oxenbronn geborene Sauter, der sowohl mit Ministerpräsident Horst Seehofer als auch mit seinem möglichen Nachfolger Markus Söder gut kann, zu den bestverdienenden Abgeordneten in den deutschen Länderparlamenten. Das macht eine Aufstellung der Onlineausgabe des Spiegel deutlich, der die – durchaus zulässigen – Nebenverdienste der Landtagsparlamentarier untersucht hat. Im Jahr 2015 schafft es Sauter auf Platz fünf unter knapp 1000 Abgeordneten. Sieben der 16 Länder wurden 2015 für die Auswertung herangezogen, 2016 waren es zehn, weil es nicht in allen Bundesländern entsprechende Veröffentlichungsvorschriften gibt.
In Bayern müssen Nebeneinkünfte ab 1000 Euro im Monat oder 10000 Euro im Jahr dem Landtagsamt angezeigt werden. Insgesamt gibt es zehn Einkommensstufen – die erste reicht von 1000 bis 3500 Euro, die zehnte bedeutet: mehr als 250 000 Euro im Jahr. Diese Summe – mehr als eine viertel Million Euro – kommt bei Sauter durch seine anwaltliche Tätigkeit zusammen, der er wieder nachgehen konnte, nachdem er dem Kabinett (1988-1999) nicht mehr angehörte. Außerdem kassiert er als Vorsitzender des Gesellschafterausschusses TÜV Süd zwischen 76000 und 100000 Euro pro Jahr (Stufe 7).
Sauter hat mit so einer Platzierung 2015 (vergangenes Jahr tauchte er nicht mehr unter den zehn Spitzenverdienern auf) „in etwa schon gerechnet“. Er hält die Kriterien, die den verpflichtenden Angaben zugrunde liegen, aber „nicht für ganz fair“. Denn es sind keineswegs die erwirtschafteten Gewinne, die angezeigt werden müssen, sondern die Umsätze. Aufwendungen für Angestellte, Miete und Material tauchen dort nicht auf.
Dass Abgeordnete Nebeneinkünfte beziehen dürfen, ist gewollt, um „Beamtenparlamente“zu verhindern. Die Volksvertreter sollen aus allen möglichen Berufsgruppen kommen. Während Beamte nach ih- rem Ausscheiden problemlos im Öffentlichen Dienst unterkommen, fallen andere weniger weich.
Um Interessenkonflikte zwischen seiner Tätigkeit als Abgeordneter und Anwalt zu vermeiden, gibt Sauter es an, wenn er für oder gegen den Freistaat tätig ist. Fälle, die in seinem Stimmkreis Günzburg spielen, übernimmt er eigenen Angaben zufolge nur ausnahmsweise. Die hätten dann keinen politischen Bezug. Sauter betont die Unabhängigkeit, die er habe. „Auf mein Mandat bin ich nicht angewiesen“, sagt er. Als Abgeordneter sei er ausschließlich seinem Gewissen verpflichtet.
Aber geht das zeitlich – Landtagsabgeordneter sein und dann noch freiberuflich arbeiten? „Mich zu organisieren, habe ich ein Leben lang gelernt und inzwischen zur Perfektion gebracht“, antwortet er. Ob er sein Amt als Abgeordneter gut ausübe, entscheide der Wähler im Fünf-Jahres-Rhythmus.
Sauters Landtagskollege aus dem Kreis Günzburg, Hans Reichhart, sieht ebenfalls kein zeitliches Problem. „Wenn Kollegen nach einer 40- oder 50-Stunden-Arbeitswoche oder in der sitzungsfreien Zeit anderweitig tätig sind, dann passt das doch.“Reichhart ist zusätzlich und „komplett ehrenamtlich“, wie er sagt, als JU-Landesvorsitzender unterwegs. „Das füllt mich völlig aus. Ich brauche dann nichts mehr.“