Protestanten streiten um eine Berghütte
Dekanatssynode Das Freizeitheim Kahlrückenalpe soll verkauft werden. Nicht alle Dekanatsmitglieder sind einverstanden
Eine einsame Hütte in den Bergen ermöglicht eine besondere Form evangelischen Gemeindelebens und des fröhlichen Miteinanders in erhabener Bergwelt. Sagt Dekanin Gabriele Burmann. Auch ihr ist der Ort ans Herz gewachsen. Dennoch weiß sie: „Der wirtschaftliche Weiterbetrieb des Berghauses Kahlrückenalpe überfordert das Dekanat Neu-Ulm finanziell und personell.“Deswegen hat der Dekanatsausschuss beschlossen, das Freizeitheim auf der Kahlrückenalpe zu verkaufen.
Nun gab ein Teil der Dekanatssynode im Mozartsaal des Dillinger Schlosses am Samstagnachmittag Dekanin Burmann recht. Doch zahlreiche andere Vertreter der Kirchengemeinden des evangelisch-lutherischen Dekanats Neu-Ulm wehrten sich emotional gegen den Beschluss. Ausschussmitglieder wiederum versuchten zu erklären, warum der Beschluss alternativlos sei. Unter anderem müssten umgehend etwa 320 000 Euro in den Brandschutz investiert werden. Der laufende Betrieb mache seit 2011, als die Zivildienstleistenden weggefallen sind, ein Defizit zwischen 50 000 und 60 000 Euro aus. Rücklagen seien nur noch in Höhe von 73 000 Euro vorhanden. Der Gruppenraum im Dachgeschoss sei aufgrund einer Sicherheitsprüfung ab sofort gesperrt, weil kein zweiter Fluchtweg vorhanden ist. Wie lange ein „uralter Unimog“noch laufe, sei ebenfalls nicht absehbar. Die Belegungszahlen reichen nicht. Bis Ende des Jahres 2017 soll der Betrieb für die bereits gebuchten Belegungen noch aufrechterhalten werden, obwohl der langjährige „Hausvater“Gottfried Scholl bereits ab Juni in Rente geht.
Ab 2018 wird das Freizeitheim in den Allgäuer Alpen nicht mehr vom Dekanat Neu-Ulm bewirtschaftet. Der Verkauf wird nach den Richtlinien der Landeskirche durchgeführt. Die Gegner erklärten, Generationen von evangelischen Gläubigen verbinden mit dem Ort wertvolle Erinnerungen, es habe ganze Kirchengemeinden geprägt. Diese Möglichkeit und die Chance, etwas daraus zu machen, dürfe man künftigen Generationen nicht nehmen. Sie verwiesen darauf, dass der Dekanatsausschuss diese Entscheidung überhaupt nicht treffen dürfe.
Das Selbstverständnis der Synode wurde gar angezweifelt, unter anderem von Sebastian Rommel aus Burtenbach: „Welche Aufgaben sollten für die Synode bleiben, wenn nicht solche?“Ein Redner verwies darauf, dass mit dem Geld aus Kirchensteuermitteln verantwortlich umgegangen werden müsse. Und für den Erhalt der „Kahle“wären an anderen Stellen Einsparungen nötig. Die Dekanin sprach im Bericht unter anderem von Baumaßnahmen, der Dekanatsjugendund -frauenarbeit, den Aufgaben des evangelischen Kirchenwerks, über die erfolgreiche Arbeit im Bereich Kirchenmusik. Letztendlich gab es einen einstimmigen Beschluss: Das evangelischlutherische Dekanat Neu-Ulm lässt abklären, ob der Dekanatsausschuss diese Entscheidung treffen darf. Wenn ja, wird die Kahlrückenalpe verkauft. Wenn nein, wird innerhalb von zwei Wochen eine außerordentliche Dekanatssynode zu diesem Thema einberufen.
Die Dekanatssynode hatte am Samstagvormittag mit einem Gottesdienst in der Dillinger Katharinenkirche begonnen. Dabei überreichte Regionalbischof Michael Grabow jeder Gemeinde des Dekanatsbezirks die neue Altarbibel. Einerseits sind die Texte darin näher an der Sprache Martin Luthers, doch auch neue Erkenntnisse wurden eingearbeitet. Bischof Grabow wies in seiner Predigt darauf hin, welche Sprachleistung Luther bei der Übersetzung des Neuen Testaments ins Deutsche erbracht hat, damit die Menschen es selbst lesen konnten. Damals gab es noch viele Dialekte. Mit der sächsischen Kanzleisprache legte Luther einen Grundstein für die hochdeutsche Sprache.
Im Mozartsaal stand dann ein Vortrag von Andreas Malessa auf dem Programm, bereichert vom Musikensemble Kurzweyl. Stellvertretender Dekan Friedrich Martin zeigte sich begeistert: „Der Referent räumte anschaulich, amüsant und unterhaltsam mit manchen Irrtümern in Bezug auf Martin Luther auf.“