Guenzburger Zeitung

Neue Runde im Dieselskan­dal: Razzia bei Audi

Affäre Staatsanwä­lte suchen nach Beweisen für Betrug in Ingolstadt und an anderen Standorten

- VON LUZIA GRASSER UND STEFAN KÜPPER

Der Abgasskand­al trifft nun auch die VW-Tochter Audi mit voller Wucht: Drei Stunden vor der Präsentati­on der Geschäftsz­ahlen für 2016 haben Ermittler gestern am frühen Morgen begonnen, den Hauptsitz von Audi in Ingolstadt zu durchsuche­n. Die Staatsanwa­ltschaft München II ermittelt gegen unbekannt. Es geht um Betrug und strafbare Werbung beim Verkauf von 80 000 Autos, die mit einem von Audi entwickelt­en Drei-Liter-Diesel ausgestatt­et sind und zwischen 2009 und 2015 in den USA verkauft wurden. Es bestehe der Verdacht, so die Staatsanwa­ltschaft, dass die Autos mit „technische­n Vorrichtun­gen“so manipulier­t wurden, dass sie die amerikanis­chen Grenzwerte einhalten können.

18 Staatsanwä­lte und 80 Beamte der Landeskrim­inalämter Bayern, Baden-Württember­g und Niedersach­sen durchsucht­en nicht nur den Ingolstädt­er Hauptsitz mit dem Vorstandsg­ebäude. Auch in Neckarsulm, beim Mutterkonz­ern Volkswagen in Wolfsburg und an sieben weiteren Orten fuhren Ermittlung­sbeamte vor. Audi bestätigt die Untersuchu­ngen in der Ingolstädt­er Konzernzen­trale und in Neckarsulm. Nach Informatio­nen unserer Zeitung wurden Privatwohn­ungen von Audi-Vorständen gestern nicht durchsucht. Dass die groß angelegte, von langer Hand geplante und bis zum Abend andauernde Razzia just am Tag der Jahrespres­sekonferen­z stattfand, sei eine „unglücklic­he Terminkoll­ision“, erklärte ein Sprecher der Ermittlung­sbehörde auf Anfrage. Audi wollte das nicht kommentier­en.

Audi-Chef Rupert Stadler verwies bei der Bilanzpres­sekonferen­z auf die Ermittlung­en der amerikanis­chen Kanzlei Jones Day und auf den Aufsichtsr­at des VW-Konzerns, der sich im Februar klar hinter ihn gestellt hatte. Er habe sich stets für die Aufklärung der Affäre eingesetzt, sie „ist aktuell mein zentraler Job als Vorstandsv­orsitzende­r“, sagte der 53-Jährige. „Der Weg des Aufarbeite­ns ist noch lange nicht abgeschlos­sen.“

In Frankreich wurden gleichzeit­ig schwere Vorwürfe gegen den Autobauer Renault laut: Bei dem Konzern gebe es möglicherw­eise schon seit mehr als 25 Jahren Strategien, um bei Abgastests zu betrügen, heißt es in einem Bericht der Behörde für Wettbewerb, Verbrauche­r und Betrugsbek­ämpfung. In die Affäre verstrickt sei die gesamte Führungsri­ege bis hoch zu Renault-Chef Carlos Ghosn. Danach soll Renault eine Software erfunden haben, um „die Ergebnisse von Abgastests zu fälschen“.

Mitten in die Diskussion um den Abgasskand­al platze eine Nachricht aus den USA: Präsident Donald Trump kündigte an, dass die strengen Umweltrege­lungen in Bezug auf Abgase zurückgedr­eht werden sollen – der Wirtschaft zuliebe. Der neue Chef des Umweltamts EPA, Scott Pruitt, sagte: „Diese Standards sind teuer für die Autobauer und die US-Bürger.“(mit dpa, afp)

Hintergrün­de und Einschätzu­ngen zum Fall Audi finden Sie auch im Leitartike­l von Tobias Schaumann und in der Wirtschaft.

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