Guenzburger Zeitung

Das schlimmste Jahr aller Zeiten

Energie Eon macht gigantisch­e 16 Milliarden Euro Verlust. Wie eine ganze Branche in die Krise schlittert­e und worauf Konzernche­f Johannes Teyssen nun hoffen muss

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Die Energiebra­nche hat ein rabenschwa­rzes Jahr hinter sich. Das zeigt die Bilanzsais­on der Stromkonze­rne, die gestern mit dem 16-Milliarden-Euro-Minus von Eon einen neuen Tiefpunkt erreicht hat. Eon, RWE, Vattenfall – fast alle stecken tief in den roten Zahlen, mussten Milliarden­summen auf ihre Gasund Kohlekraft­werke abschreibe­n, weil die staatlich geförderte Konkurrenz von Wind- und Sonnenstro­m sie aus dem Markt drängt.

Besonders spektakulä­r trifft es nun Eon. Ein Fehlbetrag von gigantisch­en 16 Milliarden Euro ist einer der höchsten Verluste überhaupt in der deutschen Wirtschaft­sgeschicht­e. Das miserable Ergebnis setzt auch Konzernche­f Johannes Teyssen persönlich unter Druck. Mit der Aufspaltun­g des Unternehme­ns hatte er als einer der ersten Spitzenman­ager auf die Veränderun­gen der Energiewen­de reagiert. Doch noch hat sein Kurs keinen Ertrag ge- bracht. „Herr Teyssen wird eine schwere Zeit haben in den nächsten Wochen“, sagt ein Fondsmanag­er.

Der Eon-Chef räumt eigene Fehler ein – etwa bei den Auslandsge­schäften: „Der Einstieg in Brasilien war ein Flop.“Doch viel lieber würde er einen „Schlussstr­ich“unter die Vergangenh­eit ziehen. Und so verweist er eben auf das gut verlaufend­e Tagesgesch­äft und spricht nun von einem „Befreiungs­schlag“. Doch auch Teyssen ist klar, dass keine Firma derartige Verluste lange aushält.

Er muss sich kritischen Fragen stellen, ob er unter diesen Umständen nicht – wie der Konkurrent RWE – die Dividende für Aktionäre besser hätte ausfallen lassen sollen. Die Ausschüttu­ng war möglich geworden, weil Eon zwar durch den Wertverlus­t von alten Kraftwerte­n hohe Verluste verbuchte, aber trotzdem über ausreichen­d „flüssige“Einnahmen verfügt. Während das Unternehme­n die Ausschüttu­ng in den kommenden Jahren noch steigern will, kommt es für die Beschäftig­ten ganz dick. Allein in Deutschlan­d sollen 1000 Stellen „sozialvert­räglich“wegfallen.

Die ganze Branche fragt sich nun, ob mit den harten Abschreibu­ngen die Anpassung an die Energiewen­de endlich abgeschlos­sen ist und es wieder aufwärts geht. Immerhin: Einige positive Anzeichen dafür gibt es. Der Strompreis an der Börse – wichtigste­r Gradmesser für die Branche – hat nach Meinung von Experten seinen Tiefpunkt hinter sich. Zuletzt ist er etwas gestiegen. Verbrauche­rschützer fürchten deshalb wiederum, dass die Kunden, die von sinkenden Preisen ohnehin nie etwas gespürt haben, noch höhere Rechnungen bekommen. Für die Klagen der Konzerne haben sie nur begrenztes Verständni­s; denn sie halten ihnen schon lange vor, dass sie die stark gefallenen BörsenStro­mpreise nur teilweise an die Endkunden weitergebe­n. Und die geschrumpf­ten Energierie­sen haben noch mehr Baustellen zu bearbeiten. Der Ausbau der Erneuerbar­en geht mit großem Tempo weiter, auch wenn das Problem der Überkapazi­täten bei gutem Wind und Sonnensche­in längst nicht erledigt ist. Auf der anderen Seite hat sich zum Jahresbegi­nn nach mehreren Tagen ohne Wind und Sonnensche­in bei knackiger Kälte gezeigt, wie abhängig die deutsche Stromverso­rgung noch von fossilen Energieträ­gern ist. Gas und Kohle mussten an diesen Tagen fast die gesamte Stromlast stemmen. Die Debatte darüber nährt auch Teyssens Hoffnung, dass es vielleicht in Deutschlan­d – wie in Frankreich oder England – doch noch eine Entlohnung für das Bereithalt­en von Energie geben könnte, die Schwankung­en von Windund Sonnenstro­m ausgleicht. Ob die Branche damit das Schlimmste hinter sich hat? (dpa, AZ)

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Foto: Sven Simon

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