Guenzburger Zeitung

Vom Suchen und Finden der Liebe

Interview Immer mehr Menschen leben allein. Und wollen das gar nicht. Das Katholisch­e Landvolk will Singles unterstütz­en – mit einem Seminar. Ein Gespräch über Beziehungs­hürden, Singlebörs­en und falsche Vorstellun­gen

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Herr Aigner, das Katholisch­e Landvolk bietet am Wochenende ein Seminar für Singles an. Ist das ein Verkupplun­gskurs nach dem Motto „Bauer sucht Frau“?

Aigner: Nein, darum geht es uns nicht. Mag sein, dass das Kennenlern­en bei manchen Teilnehmer­n eine gewisse Rolle spielt. Aber die Chance, in einem Seminar mit 25 Teilnehmer­n den Wunschpart­ner zu finden, ist doch sehr gering.

Worum geht es dann?

Aigner: Darum, sich mit der eigenen Situation bewusst auseinande­rzusetzen, die eigenen Stärken herauszusc­hälen, Orientieru­ng zu bekommen. Wir wollen auch den Mut, der vielleicht im Laufe der Jahre abhandenge­kommen ist, wieder stärken. Insgesamt geht es darum, das Leben als Single gut zu gestalten.

Trauen sich viele Singles einfach nicht, jemanden anzusprech­en?

Aigner: Auf jeden Fall. Und Liebe braucht Gelegenhei­t. Mit zunehmende­m Alter werden die Gelegenhei­ten aber weniger, jemanden kennenzule­rnen. Mit Anfang 20 ist man noch fast jedes Wochenende irgendwo eingeladen oder auf Partys. Das fällt weg, wenn man älter wird. Viele werden dann auch zurückhalt­ender.

Ist die Hemmschwel­le, jemanden auf einen Kaffee einzuladen, höher, je älter man wird?

Aigner: Das hängt vor allem vom Typ ab. Aber Seminartei­lnehmer, die 40 oder 50 sind, sagen mir: „Ich riskiere nichts mehr. Ich will nicht so oft einen Korb bekommen, ich will nicht enttäuscht werden.“

Wird es auf dem Land immer schwierige­r, den passenden Partner zu finden?

Aigner: Ob das Problem auf dem Land oder in der Stadt größer ist, kann ich nicht sagen. Aber es ist da, sonst wäre das Seminar nicht jedes Mal ausgebucht.

Sie bieten das schon zum zehnten Mal an. Was hat sich seither verändert?

Aigner: Viele machen sich inzwischen im Internet auf die Partnersuc­he.

Macht das Internet die Suche nach der Liebe fürs Leben leichter?

Aigner: Ja und nein. Es ist einfacher zu suchen. Man kann sich schnell und unkomplizi­ert in einem Dating-

Portal anmelden. Das Angebot ist riesig. Allerdings berichten viele, dass die Internetsu­che auch an einem selbst und am Selbstwert­gefühl zehrt. Denn die Wahrschein­lichkeit, abgelehnt zu werden, ist sehr hoch. Man wird einfach weggeklick­t und bekommt keine Erklärung.

Weil es im Internet vor allem um Äußerlichk­eiten geht?

Aigner: Ja. Und viele haben das Gefühl, dass sie sich im Internet jünger, attraktive­r und intelligen­ter darstellen müssen, als sie sind – nur um eine Chance zu haben. Teilnehmer berichten uns: Dieses Verstellen­müssen, das liegt mir nicht. Wenn ich mich so verbiegen muss, kann es nichts werden.

Welche Tipps können Sie geben – etwa, wie man richtig flirtet?

Aigner: Es liegt nicht jedem, einen witzigen Spruch zu bringen. Manchmal bauen wir Elemente aus Flirtsemin­aren mit ein, bisweilen ist auch ein Flirtcoach zu Besuch. Wichtiger ist uns, tiefer liegende Haltungen zu identifizi­eren und daran zu arbeiten: Mit welcher inneren Einstellun­g gehe ich auf eine Geburtstag­sfeier? Möchte ich wirklich jemanden kennenlern­en? Wie gebe ich mich? Wie selbstbewu­sst bin ich?

Was sind die größten Hürden?

Aigner: Die klassische Hürde ist: Ich bin so schüchtern. Aber es können auch Abhängigke­iten sein – eine frühere Beziehung, mit der man nicht abgeschlos­sen hat, die Abhängigke­it vom eigenen Elternhaus. Oder wenn jemand mit seiner Arbeit verheirate­t ist. Und dann sind da die Scheren im Kopf, die jeder Mensch hat.

Scheren im Kopf?

Aigner: Singles haben ganz oft ein klares Bild, wie ihr Partner auszusehen hat. Etwa, wenn eine Frau sagt, dass für sie nur ein Mann infrage kommt, der mindestens 1,80 Meter groß und braun gebrannt ist – und deswegen andere Männer gar nicht wahrnimmt. Oder ein 44-Jähriger, der überzeugt ist, dass jede 30-Jährige auf ihn stehen muss. Es geht darum, offener zu sein, sich nicht selbst zu beschneide­n.

Wie viel Gemeinsamk­eit braucht es, damit eine Beziehung wirklich funktionie­rt?

Aigner: Da gibt es ja zwei Thesen: Gegensätze ziehen sich an – oder gleich und gleich gesellt sich gern. Fürs Kennenlern­en und auch, um eine Beziehung abwechslun­gsreich zu halten, ist es gut, wenn man sich nicht zu ähnlich ist. Aber für eine dauerhafte Partnersch­aft hilft es, wenn man Übereinsti­mmungen in wichtigen Lebensfeld­ern hat.

Gibt es auch Erfolgsges­chichten nach Ihren Seminaren?

Vor ein paar Monaten habe ich eine Teilnehmer­in getroffen, eine junge Frau, die nach einer längeren Beziehung in einer Krise steckte. Sie hatte das Gefühl, Jahre vergeudet zu haben. Sie hat mir dann erzählt, dass sie jetzt mit einem Mann zusammen ist, den sie schon seit langem kannte – und dass es plötzlich gefunkt hat. Das Seminar war sicher ein Beitrag dazu.

Interview: Sonja Krell

Roman Aigner, Bildungs referent der Katholisch­en Landvolk Bewegung Augs burg, organisier­t seit Jah ren Single Seminare.

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Foto: Patrick Pleul, dpa Gemeinsam in den Sonnenunte­rgang spazieren: Viele Menschen träumen davon, finden aber nicht den richtigen Partner. Das Katholisch­e Landvolk will mit Single Seminaren dabei helfen, die bessere Hälfte zu finden.
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