Opposition verhindert Eskalation in der CSU
Landespolitik Zwischen Parteichef Seehofer und der Landtagsfraktion kracht es derzeit gewaltig. Wie ausgerechnet SPD und Grüne die Wogen vorerst ein wenig glätten konnten
Ausgerechnet die Opposition half der CSU am Mittwoch im Landtag, den Kopf wieder ein wenig aus der Schlinge zu ziehen: Denn eigentlich sollte der Innenausschuss über das Kommunalwahlrecht abstimmen – über exakt das Thema, das am Vortag für mächtig Zoff innerhalb der CSU gesorgt hatte.
Doch SPD und Grüne verzichteten freiwillig auf den Härtetest, ob die CSU-Landtagsmitglieder dort tatsächlich gegen den Willen ihres Ministerpräsidenten für eine CSUfreundliche Wahlrechtsänderung stimmen würden. Stattdessen beantragten sie eine Fachanhörung. Die CSU-Fraktion konnte ihr Glück kaum fassen: „Wir machen die Diskussion gerne ausführlich, wenn die Opposition mehr Zeit braucht“, sagte der CSU-Abgeordnete Andreas Lorenz generös.
Dabei ist es wohl eher die CSU, die derzeit mehr Zeit für interne Diskussionen benötigt. Oder genauer: die CSU-Landtagsfraktion und ihr Ministerpräsident Horst Seehofer. Zumal es in dem parteiinternen Streit, der am Dienstag in Seehofers öffentlicher Abkanzelung der eigenen Mannschaft seinen vorläufigen Höhepunkt fand, um mehr geht als die spröde Frage, nach welchem System die Sitze der bayerischen Kommunalparlamente verteilt werden.
Vielmehr prallen in der CSU gleich bei mehreren Themen sehr grundsätzliche Auffassungen aufeinander, wie erfolgreiche Politik auszusehen hat. Seehofers Credo lautet: „Die Wahrheit liegt in der Wahlurne“. Auch politische Überzeugungen müssen deshalb der Wahltaktik untergeordnet werden, wenn sie den Erfolg gefährden könnten. Konkret heißt das: Eine Wahlrechtsänderung mag inhaltlich noch so gute Gründe haben – wenn sie vor allem der CSU nützt, macht sie die Partei unter dem Schlagwort „Arroganz der Macht“im Wahlkampf angreifbar und muss gestoppt werden. Oder: Wenn ganz Bayern eine Rückkehr zum neunstufigen Gymnasium erwartet, dann gibt es für Seehofer schon aus wahltaktischen Gründen keinen Weg mehr, am alten G 8 festzuhalten. Eine endgültige Entscheidung soll an Ostern fallen.
In der CSU wollen dagegen viele Abgeordnete ihre festen Grundüberzeugungen nicht einer aus ihrer Sicht diffusen Stimmungspolitik opfern. So macht etwa CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer keinen Hehl aus seiner Auffassung, dass das Gymnasium schon jetzt zu einfach ist und eine weitere Verweichlichung durch ein neues G9 verhindert werden müsse. Auch beim Thema „dritter Nationalpark“prallt Seehofers Pragmatismus auf abweichende Meinungen: Während der CSU-Chef die städtischen Wähler im Blick hat, die mehr Naturschutz wollen, halten viele Abgeordnete wenig von Seehofers grünen Anwandlungen – und fürchten den Zorn von Bauern, Jägern oder Waldbesitzern.
Seehofer lässt wenig Zweifel, dass er seinen Kurs auch gegen internen Widerstand durchsetzen will. Alles andere führe nur in die Wahlniederlage. „Wer dafür die Verantwortung übernehmen will, soll sie übernehmen“, warnte er. „Ich tue es jedenfalls nicht.“