Das erschütternde Menschheitsdrama
In Bachs Matthäuspassion singt erstmals ein Countertenor Arien
Es ist schon ein etwas größerer Augsburger Domsingknabe, der dieses Jahr die Alt-Arien in Bachs Matthäuspassion am 26. März um 16 Uhr in Evangelisch Heilig Kreuz in Augsburg singen wird. Als Countertenor wird Stefan Steinemann, 25, derzeit an der Schola Cantoris in Basel ausgebildet. Bei gleicher Tonhöhe habe ein erwachsener Altus eine kräftigere Stimme und einen herberen Klang als ein Knabe.
„Ich kann Bachs Arien künstlerisch anders aufbauen und interpretieren“, sagt Steinemann. Die kindliche Naivität hat er nicht mehr, dafür schlage die Dramatik der Passion in seinem Gesang stärker durch. Arien wie „Es ist vollbracht“dürften in Steinemanns Version mehr Tiefe zeigen. Insgesamt wird er fünf Alt-Arien singen, darunter „Ach! Nun ist mein Jesus hin!“und „Können Tränen meiner Wangen“.
Mit ihm singen Solopartien in der Matthäuspassion der Tenor Gerhard Werlitz als Evangelist, der Bass Alexander Kiechle als Jesus und Diogo Mendes als Pilatus sowie die Knabensolisten Leon Lehmann, Vinzenz Löffel, Maximilian Mannel, Marcel Philippin, Julian Romanowsky, Valentin Wohlfahrt und Felix Zilmans. Es spielt das Residenz-Kammerorchester München. Die Gesamtleitung am Cembalo hat Domkapellmeister Reinhard Kammler.
Stefan Steinemann (*1992) hatte mit fünf Jahren bei den Augsburger Domsingknaben begonnen. In seinem Studium der Kirchenmusik in München hat er bereits den Bachelor erreicht; nun sattelt er den Master obendrauf. Als Solist wird Steinemann demnächst in der Philharmonie Ljubljana in Bachs Reformationskantate „Ein feste Burg“auftreten.
An der Matthäuspassion schätzt Steinemann die barocken Texte, „weil sie schonungslos menschliche Grunderfahrungen widerspiegeln und dabei besondere Prägnanz und Dramatik entfalten“. Man hat der Komposition vorgeworfen, sie sei zu opernhaft. In der Tat erschreckt und erschüttert ihre Musik die Hörer. Josef Paul, der Manager der Domsingknaben, meint, als zentrales Werk der Menschheitsgeschichte habe die Matthäuspassion den Titel Weltkulturerbe verdient.
Bei den Augsburger Domsingknaben sollte in dem doppelchörigen Werk jeder Sänger alles beherrschen. „Für den Chor sind die grundverschiedenen Charaktere eine Herausforderung“, weiß Stefan Steinemann. Auch wenn es nur wenige Takte sind, verdient jede Phrase genaues Aushören. „Der Sänger sieht erst in der Generalprobe den großen Zusammenhang.“Es bleibe einem aber auch gar nichts anderes übrig, als sich in die jeweilige Rolle hineinzuversetzen, so gewaltig ist Johann Sebastian Bachs Musik. Mit fast drei Stunden sei die Matthäuspassion kein Klacks und fordert volle Konzentration. „Man kommt dabei fast in einen hypnotischen Zustand“, sagt Steinemann.
Unter unseren Lesern verlosen wir fünfmal zwei Karten für die Matthäuspassion. Beantworten Sie folgende Frage: Was ist neu an der diesjährigen Aufführung der Augsburger Domsingknaben? Schicken Sie eine Mail an: passion@augsburger allgemeine.de oder rufen Sie an unter 01379/372705 (50 ct. aus dem Festnetz der Dt. Telekom). Teilnahmeschluss ist Montag, 20. März. O Karten unter Tel. 08 21/51 00 88 und online unter www.augsburgerdomsingknaben.de