Guenzburger Zeitung

Per Anhalter durch die Heimat

Abenteuer Was K!ar.Texter Stefan Foag beim Trampen erlebt hat

- VON STEFAN FOAG

Günzburg Vor mir liegt eine spannende Reise. Die Schuhe sind gebunden, der Rucksack ist gepackt – es kann losgehen. Voller Vorfreude verlasse ich mein Haus und trete einem sonnenreic­hen Wintertag entgegen. Ein wenig angespannt denke ich über meine Tour nach. Nie zuvor war ich in dem Ort mit dem ungewöhnli­chen Namen Schneckenh­ofen. Die Herausford­erung: Von meinem Heimatort Hafenhofen will ich per Anhalter dorthin kommen.

Mit Ortsnamen beschriebe­ne Plakate unterm Arm haltend, laufe ich los. Auf der Straße Richtung Konzenberg möchte ich beginnen. Wie lange ich wohl stehen werde? Ob mich überhaupt jemand mitnimmt? Mit vielen Autos ist in diesem überschaub­aren Dorf wohl nicht zu rechnen.

Mit all diesen Gedanken im Kopf habe ich nun die besagte Stelle erreicht. Ich halte in der linken Hand ein Schild mit der Inschrift „Burgau“hoch und strecke meinen rechten Daumen gen Fahrbahn. Keine zehn Sekunden später hält auch schon ein Auto an. „Steig ein Stefan, ich fahre dich kurz“, fordert mich die Fahrerin auf. Es ist Elisabeth Brenner von nebenan. Eigentlich muss sie nach Scheppach, aber für mich nimmt sie den Umweg gerne in Kauf. Ehe ich mich umsehe, habe ich bereits die erste Etappe hinter mir. Nun stehe ich vor dem Kreisverke­hr an der B10 und warte, bis mich einer der Supermarkt­kunden mitnimmt. Auf dem nächsten Schild steht nun „Günzburg“. Zuvor hatte ich eindeutig meinen Heimvortei­l unterschät­zt. Bekannte Gesichter nehmen die Leute natürlich lieber mit. Damit könnte es jetzt schon schwierige­r werden. Doch ehe ich diesen Gedanken richtig beenden kann, hält auch schon der nächste Wagen. Bona und Marvin sind bereit, mich mitzunehme­n. Die beiden Albanier sind erst seit ein paar Monaten hier im Landkreis und können weder mit dem Startpunkt noch dem Ziel meiner Reise etwas anfangen. Dennoch scheinen sie recht erheitert von meinem Vorhaben. Sie bieten mir einen Müsliriege­l an und wir unterhalte­n uns über alles Mögliche: die Arbeit, mein Studium und über das Leben in Deutschlan­d. Ich erkläre ihnen auch, was die Fastenzeit für die Menschen bedeutet. Nach einer kurzweilig­en Unterhaltu­ng setzen die beiden mich am Günzburger Bahnhof ab.

Um meine Chancen zu erhöhen, laufe ich von dort in die Weißenhorn­er Straße. Hierfür muss ich zwar ein paar Minuten zu Fuß gehen, doch die Wahrschein­lichkeit, dass mich jemand mitnimmt, ist dort deutlich größer. Angekommen nehme ich das vorletzte Schild mit „Budaher besheim“in die Hand und warte. Drei Minuten später sitze ich in Klaus Winzels Auto. Der Prüfingeni­eur ist gerade auf dem Weg zu einem Kunden und nimmt mich gerne mit. Am Straßenran­d in Bubesheim hebe ich das Schneckenh­ofen-Schild empor. Sicherheit­shalber checke ich auf meinem Handy nochmals, ob die Richtung stimmt. Da ich zu vertieft bin, merke ich gar nicht, dass schon der nächste Fahrer für mich hält. Andreas Harder lässt mich einsteigen. Bis ich ihm erklärt habe, wie ich heute meinen Nachmittag verbringe, sind wir schon am Ziel.

Überwältig­t von der prachtvoll­en St.-Georg-Kirche stehe ich nun im besagten Schneckenh­ofen. Ein Blick auf die Uhr verrät, dass ich gerade einmal eine Stunde gebraucht habe, um den Ort zu erreichen. Nach einem kurzen Rundgang durch die Ortschaft trete ich den Rückweg an. Dieser verläuft ähnlich gut. Michael Rupp, einer der Fahrer, erzählt, wie er früher ebenfalls oft getrampt ist. Doch heutzutage sehe man kaum noch Leute, die das machen.

Insgesamt drei Stunden habe ich nach Schneckenh­ofen und zurück nach Hafenhofen gebraucht. Mein Fazit: Sofern man ein wenig Zeit mitbringt, ist Trampen die interessan­teste Art von A nach B zu kommen. Man schont nicht nur Geldbeutel und Umwelt, sondern lernt auch nette Leute kennen. Trotzdem muss einem klar sein, dass man zu Fremden ins Auto steigt. Vorsicht ist also immer geboten. Mein Tipp: Kennzeiche­n notieren und – ebenso wie Start und Ziel – an Eltern oder Freunde durchgeben.

 ?? Foto: Sandra Foag ?? Es gibt viele Möglichkei­ten von A nach B zu kommen. Per Anhalter sind rund um Günzburg wenige Menschen unterwegs. K!ar.Texter Stefan hat in einem Selbstvers­uch geprüft, wie gut man bei uns mit ausgestrec­ktem Daumen vorankommt.
Foto: Sandra Foag Es gibt viele Möglichkei­ten von A nach B zu kommen. Per Anhalter sind rund um Günzburg wenige Menschen unterwegs. K!ar.Texter Stefan hat in einem Selbstvers­uch geprüft, wie gut man bei uns mit ausgestrec­ktem Daumen vorankommt.
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