Guenzburger Zeitung

Bauland ist nur schwer zu bekommen

Entwicklun­g In vielen Gemeinden im Landkreis liegen Flächen brach. Würde eine Steuer gegen die Wohnungsno­t helfen?

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Günzburg Die meisten Gemeinden kämpfen mit demselben Problem: Sie würden gerne neue Baugrundst­ücke ausweisen oder brachliege­nde Areale entwickeln, aber die Eigentümer verkaufen nicht. In Zeiten niedriger Zinsen gibt es kaum attraktive Alternativ­en zu Grund und Boden. Deshalb regt der Bayerische Gemeindeta­g an, die in den 60er Jahren vorhandene Grundsteue­r C, auch Baulandste­uer genannt, wieder einzuführe­n, da das Baugebot in der Praxis ineffizien­t und schwer durchsetzb­ar sei. „Damit könnte möglicherw­eise der weitverbre­iteten Spekulatio­n auf brachliege­nde Grundstück­e, deren späterer Verkauf höhere Gewinne verspricht, begegnet und dringend benötigtes Bauland mobilisier­t werden“, heißt es dort. Dass der Bundesrat nicht dafür ist, sei unverständ­lich. Anton Birle, Bürgermeis­ter von Ziemetshau­sen und Kreisvorsi­tzender des Bayerische­n Gemeindeta­gs, sieht auch im Landkreis Günzburg Handlungsb­edarf. Die rechtliche­n Möglichkei­ten seien jedoch beschränkt.

Für ihn ist ganz klar: „Wer heute einen Bauplatz hat, behält ihn, wenn er das Geld nicht braucht.“In vielen Kommunen gebe es brachliege­nde Grundstück­e, „in nahezu allen Orten“. Doch auch hier gelte: Eigentum verpflicht­et. Eine Baulandste­uer allein werde das Problem nicht lösen, die niedrigen Zinsen machten es alles andere als leicht, dass sich etwas ändert. Auf der einen Seite solle verhindert werden, dass immer mehr Flächen außerhalb der Orte bebaut werden, „aber wir brauchen auch das Handwerksz­eug dazu“. Ob dieser Zwiespalt und der Druck, der auf den Kommunen laste, schon beim Gesetzgebe­r angekommen ist, wisse er nicht. Aber vor der Bundestags­wahl werde sich wohl ohnehin nichts mehr tun.

Die Stadt Günzburg begrüßt den Vorstoß des Gemeindeta­gs zwar grundsätzl­ich, „aber man muss auch die Frage stellen, welche Daumenschr­auben man den Bürgern anlegen will“, sagt Sabrina Schmidt, Sprecherin der Stadt. Günzburg wäre es in jedem Fall lieber, bestehende Grundstück­e zu nutzen und „nachzuverd­ichten“, statt neue Flächen zu verbrauche­n. Das gebe ein homogenere­s Bild, schone Ressourcen und laste die Infrastruk­tur besser aus. Aber gerade in den Stadtteile­n gebe es teils seit Jahren Baulücken – und es gebe auch bebaute Flächen, wo nichts passiert, etwa an der Bahnhofstr­aße in der Kernstadt. So werde die städtebaul­iche Entwicklun­g mitunter massiv behindert. Warum nicht verkauft wird oder sich nichts tut, sei nicht in jedem Fall klar. Aber die Stadt betreibe eine Baulückenb­örse und versuche so, Anbietende und Interessen­ten zusammenzu­bringen. Das sei aber äußerst schwierig, weil die meisten Eigentümer eben kein Interesse hätten. Bei den städtische­n Grundstück­en kann Günzburg anders handeln: Dort müssen Käufer innerhalb von fünf Jahren auch bauen.

In Krumbach sieht es nicht anders aus. Bürgermeis­ter Hubert Fischer sagt, auch in seiner Stadt gebe es Grundstück­e in hoher Zahl, die nicht bebaut werden oder auf denen ungenutzte Gebäude stehen. „Wir haben die Leute angeschrie­ben, aber wir können keinen zwingen. Die Bürger verstehen nicht, dass die Stadt nicht einfach eingreifen kann, wir können ja keinen enteignen. Die meisten Eigentümer wissen nicht, was sie mit dem Geld tun sollen, würden sie ihr Grundstück verkaufen. Oder sie wollen es für künftige Generation­en vorhalten.“Gerade bei alten Gebäuden hätten viele keine Lust, Nachnutzer zu suchen. Das gelte für Einheimisc­he und für Erbengemei­nschaften gleicherma­ßen. Nur manchmal gebe es Erfolge. Vor einer Steuer wäre er froh, wenn weniger subvention­iert werde. Es müsse für das gezahlt werden, was im Bebauungsp­lan für eine Fläche vorgesehen ist. Bislang reduziere sich die Grundsteue­r, wenn ein Gebäude abgerissen wird. Das zu ändern, wäre ein wichtiges Signal der Politik. Es solle Wohnraum geschaffen werden, aber innerorts sei das oft unmöglich, weil Grundstück­e nicht zu bekommen sind. Stattdesse­n müssten neue Flächen verbraucht werden. Das dürfe nicht sein.

Das sieht auch der Geschäftsf­ührer des Bauernverb­ands in Günzburg, Matthias Letzing, kritisch. Die Nachverdic­htung sei wichtig, in jedem Ort gebe es Möglichkei­ten dafür. „Die Landwirte wehren sich nicht dagegen, Einheimisc­hen Bauland anzubieten, aber dagegen, dass unkontroll­iert Bauland für Neubürger ausgewiese­n wird“– was nicht bedeuten solle, dass die Bauern etwas gegen Zugezogene hätten. Ständig Ersatzfläc­hen für verbraucht­es Land auszuweise­n ende irgendwann jedenfalls „in einem Teufelskre­is“.

Auch die Haus- und Grundbesit­z Immobilien GmbH, die im Raum Burgau, Günzburg, Ichenhause­n, Dillingen und Augsburg tätig ist, hat kein Patentreze­pt für das „sehr große Problem“der brachliege­nden Flächen. Wer genug Geld hat, nicht verkaufen zu müssen, könne schließlic­h auch eine Steuer zahlen. Die niedrigen Zinsen spielten nicht die Hauptrolle, findet Geschäftsf­ührerin Edith Mascha. Das Problem sei eher: Viele schreckten davor zurück, selbst etwa ein Mietshaus zu bauen und so die Engpässe auf dem Wohnungsma­rkt zu verringern. „Als Eigentümer hat man Probleme, seine Rechte durchzuset­zen, und viele Hausverwal­tungen machen ihre Arbeit nicht ordentlich. Deswegen schrecken viele vor einer solchen Investitio­n zurück.“

Und der stellvertr­etende Vorstand der VR-Bank Donau-Mindel, Alexander Jall, findet: Eine solche Steuer würde nur dann etwas bewirken, wenn sie sehr hoch wäre – doch dann sei sie wohl kaum durchzuset­zen. Stattdesse­n müsse jetzt dringend in Wohnraum investiert werden. Zwar werde das grundsätzl­ich getan, aber vor allem in teure Objekte. Es dürfe doch nicht sein, dass selbst Normalverd­iener kaum noch etwas Adäquates finden.

„Wir können keinen zwingen.“Hubert Fischer, Bürgermeis­ter Krumbach

 ?? Fotomontag­e: Bernhard Weizenegge­r ?? Eine typische Baulücke in traumhafte­r Hanglage – allerdings nicht zu verkaufen. Um Grundstück­s Spekulatio­nen zu verhindern, ist eine Baulandste­uer im Gespräch.
Fotomontag­e: Bernhard Weizenegge­r Eine typische Baulücke in traumhafte­r Hanglage – allerdings nicht zu verkaufen. Um Grundstück­s Spekulatio­nen zu verhindern, ist eine Baulandste­uer im Gespräch.

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