Bauland ist nur schwer zu bekommen
Entwicklung In vielen Gemeinden im Landkreis liegen Flächen brach. Würde eine Steuer gegen die Wohnungsnot helfen?
Günzburg Die meisten Gemeinden kämpfen mit demselben Problem: Sie würden gerne neue Baugrundstücke ausweisen oder brachliegende Areale entwickeln, aber die Eigentümer verkaufen nicht. In Zeiten niedriger Zinsen gibt es kaum attraktive Alternativen zu Grund und Boden. Deshalb regt der Bayerische Gemeindetag an, die in den 60er Jahren vorhandene Grundsteuer C, auch Baulandsteuer genannt, wieder einzuführen, da das Baugebot in der Praxis ineffizient und schwer durchsetzbar sei. „Damit könnte möglicherweise der weitverbreiteten Spekulation auf brachliegende Grundstücke, deren späterer Verkauf höhere Gewinne verspricht, begegnet und dringend benötigtes Bauland mobilisiert werden“, heißt es dort. Dass der Bundesrat nicht dafür ist, sei unverständlich. Anton Birle, Bürgermeister von Ziemetshausen und Kreisvorsitzender des Bayerischen Gemeindetags, sieht auch im Landkreis Günzburg Handlungsbedarf. Die rechtlichen Möglichkeiten seien jedoch beschränkt.
Für ihn ist ganz klar: „Wer heute einen Bauplatz hat, behält ihn, wenn er das Geld nicht braucht.“In vielen Kommunen gebe es brachliegende Grundstücke, „in nahezu allen Orten“. Doch auch hier gelte: Eigentum verpflichtet. Eine Baulandsteuer allein werde das Problem nicht lösen, die niedrigen Zinsen machten es alles andere als leicht, dass sich etwas ändert. Auf der einen Seite solle verhindert werden, dass immer mehr Flächen außerhalb der Orte bebaut werden, „aber wir brauchen auch das Handwerkszeug dazu“. Ob dieser Zwiespalt und der Druck, der auf den Kommunen laste, schon beim Gesetzgeber angekommen ist, wisse er nicht. Aber vor der Bundestagswahl werde sich wohl ohnehin nichts mehr tun.
Die Stadt Günzburg begrüßt den Vorstoß des Gemeindetags zwar grundsätzlich, „aber man muss auch die Frage stellen, welche Daumenschrauben man den Bürgern anlegen will“, sagt Sabrina Schmidt, Sprecherin der Stadt. Günzburg wäre es in jedem Fall lieber, bestehende Grundstücke zu nutzen und „nachzuverdichten“, statt neue Flächen zu verbrauchen. Das gebe ein homogeneres Bild, schone Ressourcen und laste die Infrastruktur besser aus. Aber gerade in den Stadtteilen gebe es teils seit Jahren Baulücken – und es gebe auch bebaute Flächen, wo nichts passiert, etwa an der Bahnhofstraße in der Kernstadt. So werde die städtebauliche Entwicklung mitunter massiv behindert. Warum nicht verkauft wird oder sich nichts tut, sei nicht in jedem Fall klar. Aber die Stadt betreibe eine Baulückenbörse und versuche so, Anbietende und Interessenten zusammenzubringen. Das sei aber äußerst schwierig, weil die meisten Eigentümer eben kein Interesse hätten. Bei den städtischen Grundstücken kann Günzburg anders handeln: Dort müssen Käufer innerhalb von fünf Jahren auch bauen.
In Krumbach sieht es nicht anders aus. Bürgermeister Hubert Fischer sagt, auch in seiner Stadt gebe es Grundstücke in hoher Zahl, die nicht bebaut werden oder auf denen ungenutzte Gebäude stehen. „Wir haben die Leute angeschrieben, aber wir können keinen zwingen. Die Bürger verstehen nicht, dass die Stadt nicht einfach eingreifen kann, wir können ja keinen enteignen. Die meisten Eigentümer wissen nicht, was sie mit dem Geld tun sollen, würden sie ihr Grundstück verkaufen. Oder sie wollen es für künftige Generationen vorhalten.“Gerade bei alten Gebäuden hätten viele keine Lust, Nachnutzer zu suchen. Das gelte für Einheimische und für Erbengemeinschaften gleichermaßen. Nur manchmal gebe es Erfolge. Vor einer Steuer wäre er froh, wenn weniger subventioniert werde. Es müsse für das gezahlt werden, was im Bebauungsplan für eine Fläche vorgesehen ist. Bislang reduziere sich die Grundsteuer, wenn ein Gebäude abgerissen wird. Das zu ändern, wäre ein wichtiges Signal der Politik. Es solle Wohnraum geschaffen werden, aber innerorts sei das oft unmöglich, weil Grundstücke nicht zu bekommen sind. Stattdessen müssten neue Flächen verbraucht werden. Das dürfe nicht sein.
Das sieht auch der Geschäftsführer des Bauernverbands in Günzburg, Matthias Letzing, kritisch. Die Nachverdichtung sei wichtig, in jedem Ort gebe es Möglichkeiten dafür. „Die Landwirte wehren sich nicht dagegen, Einheimischen Bauland anzubieten, aber dagegen, dass unkontrolliert Bauland für Neubürger ausgewiesen wird“– was nicht bedeuten solle, dass die Bauern etwas gegen Zugezogene hätten. Ständig Ersatzflächen für verbrauchtes Land auszuweisen ende irgendwann jedenfalls „in einem Teufelskreis“.
Auch die Haus- und Grundbesitz Immobilien GmbH, die im Raum Burgau, Günzburg, Ichenhausen, Dillingen und Augsburg tätig ist, hat kein Patentrezept für das „sehr große Problem“der brachliegenden Flächen. Wer genug Geld hat, nicht verkaufen zu müssen, könne schließlich auch eine Steuer zahlen. Die niedrigen Zinsen spielten nicht die Hauptrolle, findet Geschäftsführerin Edith Mascha. Das Problem sei eher: Viele schreckten davor zurück, selbst etwa ein Mietshaus zu bauen und so die Engpässe auf dem Wohnungsmarkt zu verringern. „Als Eigentümer hat man Probleme, seine Rechte durchzusetzen, und viele Hausverwaltungen machen ihre Arbeit nicht ordentlich. Deswegen schrecken viele vor einer solchen Investition zurück.“
Und der stellvertretende Vorstand der VR-Bank Donau-Mindel, Alexander Jall, findet: Eine solche Steuer würde nur dann etwas bewirken, wenn sie sehr hoch wäre – doch dann sei sie wohl kaum durchzusetzen. Stattdessen müsse jetzt dringend in Wohnraum investiert werden. Zwar werde das grundsätzlich getan, aber vor allem in teure Objekte. Es dürfe doch nicht sein, dass selbst Normalverdiener kaum noch etwas Adäquates finden.
„Wir können keinen zwingen.“Hubert Fischer, Bürgermeister Krumbach