Merkel und Trump bleiben auf Distanz
Antrittsbesuch Die Kanzlerin und der US-Präsident suchen eher bemüht nach Gemeinsamkeiten. Eine kleine Spitze gegen ihren Gastgeber kann sich die Besucherin nicht verkneifen
Washington Immerhin: Angela Merkel und Donald Trump haben sich bei ihrem ersten persönlichen Treffen um versöhnliche Worte bemüht. Dabei sind es aber vor allem Unterschiede, die der US-Präsident und die Kanzlerin feststellen. Zum Auftakt gibt es das übliche Geplauder für die Kameras – und einen Hinweis von Trump an die deutschen Fotografen: „Sendet ein schönes Bild heim nach Deutschland!“Man wolle nun nach vorne schauen, hatte es vor dem Kennenlernbesuch geheißen. Doch so ganz ohne Spitze lässt Merkel ihren Gastgeber, der zuletzt wenig schmeichelhaft über sie gesprochen hatte, nicht davonkommen. Es sei ja immer besser, miteinander zu reden als übereinander, sagt sie auf der gemeinsamen Pressekonferenz nach dem Treffen. Mehrere Stunden lang hatten die beiden zuvor in verschiedenen Runden gesprochen – stets auf der Suche nach Gemeinsamkeiten, oder zumindest nach gemeinsamen Interessen. Merkel bringt die Chefs von Siemens, BMW und Schaeffler mit, die in den USA mehr als 60 000 Jobs sichern. Allein deren Anwesenheit müsste dem Präsidenten vor Augen führen, dass eine Abschottung im Zeitalter der Globalisierung sinnlos ist. Gemeinsam wolle man „Lösungen finden, die für beide Seiten gut sind“, sagt die Kanzlerin ganz diplomatisch und räumt ein, dass es manchmal mühevoll sei, Kompromisse zu finden. „Aber dafür sind wir gewählt.“
Dummerweise mag Trump feste Bündnisse, Handelsgemeinschaften und andere Allianzen nicht sonderlich. Die Außenpolitik sieht der Geschäftsmann eher als eine Reihe von „Deals“zwischen den Staaten. Dazu gehört für ihn auch der Aufbau einer Drohkulisse, um das Gegenüber einzuschüchtern und zu Zugeständnissen zu bewegen. Die Positionen seiner Besucherin könnten nicht gegensätzlicher sein. Sie betont, wie wichtig die Einheit der EU ist – und will nicht zulassen, dass Trump die Europäer auseinanderdividiert. Die beiden Politiker geben sich nicht viel Mühe, ihre Differenzen zu verschleiern. Merkel spricht von Winwin-Situationen im Handel – Trump spricht lieber davon, wie die Amerikaner von ihren internationalen Partnern bisher über den Tisch gezogen worden seien. „Alles, was ich will, ist Fairness“, betont er. Es ist eine nüchterne Bestandsaufnahme unterschiedlicher Auffassungen. „Tja“, sagt Merkel, als sie nach ihrer Meinung über den Stil des neuen Präsidenten gefragt wird. Ein fast verlegenes „Tja“rutscht ihr auch bei der Frage einer deutschen Journalistin an Trump heraus, was er eigentlich gegen die Presse habe. Er wirft der Reporterin „Fake News“vor und drückt sich um eine konkrete Antwort. Es ist nicht die einzige Frage, die an diesem Tag offenbleibt.
Über die Kanzlerin und ihren Umgang mit schwierigen Männern schreibt Michael Stifter im Kommen
tar. In der Politik lesen Sie, wie Trump und Merkel eher mit Verstand als mit Herz bei der Sache waren – und warum zumindest einmal richtig gelacht wurde.