Gabriel wirft Türkei Wortbruch vor
Diplomatie Außenminister verlangt konsularischen Zugang zu inhaftiertem Journalisten Deniz Yücel
Hat die Türkei ihre Zusagen im Fall des inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel nicht eingehalten? Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat der Türkei im Magazin Spiegel vorgeworfen, dass Zusagen des türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim, deutschen Diplomaten Zugang zu Yücel zu gewähren, nicht eingehalten werden. „Es wäre enttäuschend, wenn wir uns auf ein Wort des türkischen Ministerpräsidenten nicht mehr verlassen können“, sagte dazu Gabriel.
Yildirim hatte seine Zusage am 4. März in einem Telefonat mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gemacht. Später wandte sich das Auswärtige Amt deswegen mehrfach an die türkische Regierung. Gabriel selbst sprach vor einigen Tagen mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu, der ihm zusicherte, sich weiter für einen konsularischen Zugang einzusetzen. Gabriel äußerte darüber hinaus Zweifel an der Unabhängigkeit der Justiz und der Rechtsstaatlichkeit von Verfahren in der Türkei. Er verwies dabei auf Äußerungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, wonach Yücel ein Terrorist und ein Spion sei. „Wenn die Türkei wirklich ein Rechtsstaat ist, wie Herr Erdogan behauptet, dann frage ich mich, wie er schon vor Beginn eines Gerichtsverfahrens wissen kann und sagen darf, dass Deniz Yücel ein Terrorist und Spion sei“, sagte dazu Gabriel. Zur bisherigen Verweigerung der konsularischen Betreuung von Yücel durch die Türkei trotz der Zusage Yildirims sagte zudem ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin: „Es ist für uns vollständig unverständlich, dass es bislang nicht gelungen ist, diesen Zugang auch zu erhalten.“
Die Bundesregierung setze sich weiter dafür ein, „dass Herr Yücel wieder auf freien Fuß kommt“. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu forderte von der Türkei ebenfalls konsularischen Zugang zu Yücel: „Angesichts der Zustände in der türkischen Justiz braucht es unbedingt eine Möglichkeit, die Haftbedingungen von Deniz Yücel zu überprüfen“, sagte er. Yücel, der über die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft verfügt, hatte bis zu seiner Inhaftierung für die Welt aus der Türkei berichtet. Er wird dort seit dem 14. Februar festgehalten, offiziell wird ihm Terrorismusunterstützung vorgeworfen. Einen Einspruch seines Anwalts gegen die Inhaftierung hatte ein Gericht in Istanbul zurückgewiesen. Insgesamt sind in der Türkei derzeit mehr als 150 Journalisten inhaftiert.
Damit aber nicht genug: Erdogan hat die in Europa lebenden Türken aufgefordert, ihren Einfluss auszubauen und mehr Kinder zu zeugen. „Macht nicht drei, sondern fünf Kinder“, sagte Erdogan am Freitag bei einer Wahlkampfveranstaltung im westtürkischen Eskisehir. „Von hier aus appelliere ich an meine Bürger und Brüder in Europa: Da wo ihr arbeitet und lebt, ist nun Eure Heimat. Gründet noch mehr Betriebe. Schickt Eure Kinder in bessere Schulen. Lasst Eure Familien in besseren Stadtteilen leben. Steigt in die besten Autos. Wohnt in den schönsten Häusern.“(dpa, afp)