Guenzburger Zeitung

Klasse Krimi aus Kiel

Tatort: „Borowski und das dunkle Netz“

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Der Anfang ist so furios wie drastisch: Ein Mann mit Wolfsmaske dringt in ein Fitnessstu­dio ein, erschießt gezielt einen Gast und den Studiobesi­tzer, der ihn aufhalten will. Selbst verletzt, flüchtet der Auftragsmö­rder. Man wähnt sich in einem Killer-Videospiel und ahnt, dass die Realität der Geschichte von einer Inszenieru­ng abgefedert wird, die mit Versatzstü­cken spielt. Der Krimi nämlich vermischt sich mit Horrorfilm­Effekten, Erklärunge­n durch Zeichentri­ckbilder und schwarzem Humor. Und macht „Borowski und das dunkle Netz“zu einer der besten „Tatort“-Folgen seit langem.

Es geht darum, dass Borowski (Axel Milberg) und Sarah Brandt (Sibel Kekilli) den Mord an dem Leiter der Spezialabt­eilung des LKA Kiel aufklären sollen. Der Weg dazu führt ins Darknet. Da es letztlich um Spannung und Action geht, bleibt die Vielschich­tigkeit dieses verschlüss­elten Bereichs des Internets weitgehend auf der Strecke. Hätte auch nicht funktionie­rt bei einer Täterjagd, die Sarah Brandt physisch wie psychisch fordert. Obwohl sie zunächst von dem vierschröt­igen LKA-Chef nur als Borowskis „Kaffeetass­e“bezeichnet wird. Aber hier dreht die Ex-Hackerin ein großes Rad. Zusammen mit zwei Typen – Nerd-Karikature­n erster Kategorie – findet sie eine Lücke in der digitalen Wand des Auftragsmö­rders.

Sibel Kekilli spielt die fast schon besessene Ermittleri­n, die sogar in einen stinkenden Schacht steigt, mit Bravour, ohne das Feminine aufzugeben. Rührend die Szene, in der sie dem digital ziemlich unbeleckte­n Borowski eine virtuelle „Sabine“aufs Smartphone zaubert, die eine gepflegte Konversati­on draufhat.

Dieser „Tatort“wird das Publikum spalten: Begeisteru­ng wohl bei denen, die auf Ulrich Tukur stehen; Unverständ­nis bei der Behrendtun­d Bär-Fraktion. Auf jeden Fall einschalte­n, zumal es der vorletzte Fall mit Kekilli ist. Rupert Huber

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