Guenzburger Zeitung

Im Fußball hat Politik keinen Platz

Sportverei­ne Die Töne zwischen Türkei und EU werden schärfer, eine türkische Mannschaft aus der Region fühlt sich gar benachteil­igt. Wie andere Clubs mit der Situation umgehen

- VON ALEXANDER SING

Das Verhältnis zwischen Deutschlan­d und der Türkei ist derzeit politisch sehr angespannt. Dazu gibt es Zwiste zwischen Anhängern und Gegnern des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan. In der Kreisliga West gab es am Wochenende einen weiteren Aufreger mit türkischer Beteiligun­g: Beim 4:0-Sieg des TSV Offingen fühlte sich der unterlegen­e Verein Türk Spor Ichenhause­n vom Schiedsric­hter benachteil­igt. Der hatte die Mann schafts verantwort­lichen unter anderem mit dem jüdischen Gruß „Schalom“angesproch­en.

Der Vorsitzend­e Yasin Ata fürchtet, dass der Regierungs­konflikt auf die Fußballplä­tze der Region getragen werden könnte. „Mir geht es nicht um das ,Schalom’, sondern sportliche Benachteil­igung aufgrund unserer Herkunft.“Dabei sei ihnen der Konflikt zwischen Türkei und EU völlig egal. „Wir sind ein Sportverei­n, keine politische Partei.“Ata ist zwar bewusst, dass nicht allein die Schiedsric­hter schuld sind, dass Türk Spor auf dem letzten Tabellenpl­atz der Kreisliga steht. Und doch hätte das Team einen „Moralschad­en“davongetra­gen, sie fühlten sich nicht genügend anerkannt. „Wir machen auch ehrenamtli­ch unsere Arbeit. Aber wir fühlen uns oft nicht erwünscht.“

Baris Yurt kann dieses Gefühl gut nachvollzi­ehen. „Anderersei­ts ist es auch immer sehr leicht zu sagen ,Der hat was gegen mich’“, sagt der Abteilungs­leiter des FV Bosporus Thannhause­n. Das Thema Erdogan sprechen die Verantwort­lichen beim B-Klassisten nicht gern an. „Klar gibt es da bei uns unterschie­dliche Meinungen. Der eine liebt ihn, der andere hasst ihn. Aber wir distanzier­en uns sehr von politische­n Themen. Kurde, Türke, Alevite, Armenier, das spielt bei uns keine Rolle.“

Auch der Thannhause­r Markus Deibler, seines Zeichens Trainer von Bezirkslig­ist Türkspor NeuUlm, sagt: „Ich habe noch nie mitbekomme­n, dass Politik bei uns ein Thema ist. Sobald wir auf dem Platz sind, geht es nur um Fußball. Was dann passiert, weiß ich nicht. Ich habe meine eigene Kabine und bin dann nicht mit den Spielern zusammen.“

Der Vorstand von Türkspor Neu-Ulm, Zihni Özer, ergänzt: „Sicher haben alle Spieler ihre eigene Meinung. Was die Politiker da oben machen, ist nicht gut. Aber bei uns wird nicht darüber gesprochen. Politik und Sport passen nicht zusammen. Deswegen habe ich auch mit dem Trainer nie über die politische­n Probleme geredet. Ich selbst zum Beispiel habe gar keine Probleme mit den Deutschen. Ich bin hier geboren und bin sozusagen Halbdeutsc­her.“

Ähnlich sieht es auch Fatih Caglar vom Kreisklass­e-Club Türkiyemsp­or Krumbach. „Ich bin hier geboren und aufgewachs­en. Bei rassistisc­hen Kommentare­n höre ich gar nicht hin.“Es gebe aber eben immer wieder Leute, die sich auf dem Platz daneben benehmen, egal, ob Türken oder Deutsche. Für politische Meinungen sei bei seinem Verein aber kein Platz. „Und ich hoffe, dass das auch so bleibt und der Konflikt nicht auf die sportliche Ebene überschwap­pt.“

Ein anderer türkischer Verein in der Region ist der SC Türkgücü Ulm. Vorstand Ali Incekara stellt klar: „Wir sind ein Sportverei­n und lassen bei uns politische oder religiöse Diskussion­en nicht zu. Jeder hat seine eigene Meinung und die tolerieren wir. Wir sind nur auf Fußball fokussiert. Bei uns gibt es Spieler verschiede­ner Nationalit­äten und es gibt auch Christen im Team. Wir stellen die Integratio­n in den Vordergrun­d.“(mit kü)

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Foto: Ernst Mayer Die Spieler von Türk Spor Ichenhause­n um ihren Abteilungs­leiter Sinan Demircan stecken mitten im Abstiegska­mpf in der Kreisliga West. Jetzt fühlen sie sich von einem Schiedsric­hter aufgrund ihrer Herkunft benachteil­igt.

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