„Plötzlich war es so ruhig im Haus“
Interview Walter Sittler spielt in seiner neuen Rolle einen Vater, der zu sich selbst findet. Wie er im wahren Leben den Auszug seiner Kinder erlebte und worin er sich gründlich getäuscht hat
Herr Sittler, Sie spielen in der Komödienreihe „Eltern allein zu Haus“einen Vater, dessen Tochter sich nach dem Abitur von ihm abnabelt. Was war das Besondere an dieser Rolle?
Ich mochte einfach, wie das Buch geschrieben ist. Dieser Vater, der mehr daheim war als die Frau, wie er so versucht hat, ein eigenes Leben neben der Erziehung aufzubauen, und dabei ein bisschen autistisch geworden ist. Er weiß gar nicht mehr so recht, was in der Wirklichkeit los ist. Und er verliert dabei auch den Kontakt zu seiner Frau. Das kann im Alltag ganz schnell passieren, wenn man sich im Leben nicht nah bleibt. Es ist dann aber schön zu sehen, was nach der Trennung von seiner Frau mit ihm passiert. Plötzlich kann er ausziehen, in der Welt herumreisen und sieht auch seine Ex-Frau wieder mit anderen Augen.
Nun sind Sie ja auch dreifacher Vater, Ihre Kinder sind 28, 30 und 32 Jahre alt. Wie war denn bei Ihnen daheim der Prozess des Ausziehens und Loslassens der Kinder?
Das ging relativ schnell. Denn plötzlich waren alle drei weg.
Einfach weg?
Also, unser Sohn, der Älteste, war relativ lange zu Hause, auch die Zweitälteste. Und mit einem Mal zogen binnen eines halben Jahres alle drei aus.
Und, wie war das für Sie?
Wir haben uns ja nie nur über die Kinder definiert, darum ging das ohne größere Aufregung vonstatten. Zwar habe ich die Kinder wahnsinnig gerne daheim und sie kommen auch noch immer gerne, aber das Loslassen fiel mir nicht schwer. Das Auffälligste war, dass es plötzlich so ruhig war im Haus. Wir dachten dann, jetzt haben wir ein bisschen mehr Zeit. Das hat sich allerdings als Irrtum herausgestellt.
Weil sich die Zeitlücken sofort mit neuen Projekten füllten?
Exakt, das liegt daran, wie wir leben. Meine Frau hat ja auch immer gearbeitet. Nicht immer ausführlich, manchmal nur nebenbei, manchmal aber auch sehr ausführlich. Kennen Sie das Gefühl gar nicht, wenn man daheim sitzt und das Gefühl hat, die Decke würde einem auf den Kopf fallen?
Ach Gott, manchmal ist halt weniger los und man grübelt: Woran liegt das? Warum geht es nicht weiter? Aber dann prasselt es meist von alleine wieder auf einen ein. Ich bin da relativ entspannt und lasse die Dinge auf mich zukommen.
Haben Sie einen Rat für Eltern, wie sie sich verhalten sollen, wenn plötzlich alle Kinder flügge geworden sind und die Stille spürbar wird?
Ja, ich würde sagen: sich nix vormachen und schöne Sachen un- ternehmen – ins Kino gehen oder ins Konzert oder Wellness genießen. Ich glaube, es tut in so einer Situation auch gut, sich noch öfter mit anderen zu verabreden.
Sie meinen, Eltern ohne Kinder zu Hause sollten die Zeitlücken positiv belegen?
Das ist es. Die Zeit positiv belegen. Denn es ist ja nicht nur ein Verlust. Die Kinder sind doch groß und wollen weg. Es ist wichtig, dass sie auf eigenen Füßen stehen lernen. Unsere Aufgabe ist es, sie dabei freundlich zu begleiten. Man kann ihnen im Alltag meist sowieso nicht mehr viel helfen. Aber unsere Kin- der haben immer die Möglichkeit, nach Hause zu kommen und zu erzählen, was los ist: über die Niederlagen, über die Siege, über Liebeskummer und was es sonst noch so gibt.
Sie gelten als politischer Mensch, sind der Sohn eines US-amerikanischen Literaturprofessors und in den USA geboren. Wir erleben jeden Tag eine Neuigkeit des US-Präsidenten. Welche Haltung haben Sie gegenüber Donald Trump?
Ich habe natürlich noch viel Verwandtschaft in den Staaten. Trump verkörpert den Teil von Amerika, der schrecklich ist. Die USA sind ein ganz tolles Land, aber es gibt da eben auch so etwas. Und es ist erstaunlich, dass er gewählt worden ist, was auch an dem seltsamen Wahlsystem liegt.
Aber er ist trotzdem Realität im Weißen Haus.
Er wird mit seinem Politikstil nicht durchkommen. Die USA sind sehr vielfältig. Und die freiheitsliebenden Menschen sind schon auf dem Weg. Wir werden in den USA nicht das erleben, was wir mit der Türkei erleben. Das geht da nicht, selbst wenn Trump es wollte.
Aber er lobt sich selbst und hält sich nach wie vor für den größten Präsidenten aller Zeiten.
Er tut niemandem gut, nicht mal sich selbst. Viele Unternehmen merken, dass er es nicht kann. Da er nicht liest, weiß er nichts über Geschichte oder Europa oder die Welt. Er kapiert keine Zusammenhänge der Weltwirtschaft, hat im Grunde keine Ahnung von irgendetwas. Er ist ein eitler, narzisstischer Spieler, der sich erhöht, indem er andere erniedrigt. Interview: Josef Karg
O64, lebt in Stuttgart. Er ist in Chicago geboren, hat noch heute viel Verwandtschaft in den USA und besitzt neben der deutschen auch die amerikanische Staatsbürgerschaft. Im Fernsehen tritt er Ende des Monats wieder auf. Das Erste zeigt an drei aufei nanderfolgenden Freitagen, dem 24. und 31. März sowie dem 07. April, jeweils um 20.15 Uhr die komödiantische Tri logie „Eltern allein zu Haus“. Sittler ist am 31. März zu sehen.