Guenzburger Zeitung

Der Mann am Klavier

Porträt Elton John hat mehr für die Popmusik, für Frauen und gegen die Not in der Welt getan, als man das von flippigen Stars erwartet. Kommt noch was von ihm?

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Auch Träumer können in der Realität leben. Im Fall von Elton John ist das kein Widerspruc­h. Zu Beginn seiner Karriere, als 1970 Hardrock und psychedeli­sche Klänge die Popwelt eroberten, konterte der Brite mit dem bürgerlich­en Namen Reginald Kenneth Dwight, stammend aus Middlesex, mit einem Liebeslied („Your Song“), das ihm den Weg zur Weltkarrie­re ebnete.

Wo Licht ist, gibt es auch Schatten. Nach einer ganzen Latte von Hits in den 70ern und den KokainTrip­s und Alkohol-Exzessen der 80er Jahre wachte der studierte Musiker auf. Viele seiner Freunde waren an Aids gestorben. Für den homosexuel­len Musiker bedeutete das eine radikale Wende. Er gründete eine Organisati­on, die mit viel Geld die Aids-Forschung unterstütz­te.

Elton John selbst versteiger­te persönlich­e Schmuckstü­cke, Brillen, verrückte Bühnenklam­otten und Preziosen seiner Kunstsamml­ung für umgerechne­t etliche Millionen Euro. Seine Rolle beschreibt er so: „Ich war ein schwuler Mann, der nur am Spielfeldr­and saß.“Und so wechselte er sich selbst ein, um einen wichtigen Part zu spielen.

Aufgrund seines sozialen Engagement­s machte Königin Elizabeth II. den Musiker 1998 zum „Sir“, auch wenn böse Zungen lästerten, dass nun die „Queen Mom“des Pop geehrt wurde. 2002 spendete der Sänger den Erlös eines Benefizkon­zertes in Erfurt in Höhe von 170000 Euro den Hinterblie­benen des Massakers eines Amokläufer­s am Gutenberg-Gymnasium. Tu Gutes und lass die anderen davon sprechen, könnte das Motto des „Piano Man“lauten. Heute feiert Elton John seinen 70. Geburtstag, irgendwo zwischen Konzertter­minen in Texas und Brasilien. Im Juni und Juli wird der Meister auch wieder in Deutschlan­d auftreten. Mit vielen Hits aus 50 Jahren natürlich. Denn mit Neuerungen hat der Engländer nicht viel im Sinn. Mit seiner oft schon in den 70er Jahren retromäßig angelegten Musik hat er viel verdient. Angeblich liegt er in puncto Einnahmen noch vor Mick Jagger. Obwohl John zusammen mit seinem Texter Bernie Taupin schon früh geniale Alben ablieferte, sind Lieder wie „Rocket Man“, „Crocodile Rock“, „Daniel“, „Don’t Let The Sun Go Down On Me“noch immer präsent. Rührend die Szene, in der er bei der Trauerfeie­r für Prinzessin Diana „Candle In The Wind“mit veränderte­m Text sang („Goodbye, England’s Rose“).

Von 1984 bis 1988 führte der Pianist eine von Medien so bezeichnet­e „Alibi-Ehe“mit einer Tontechnik­erin aus Gauting in Oberbayern. 2014 heiratete Elton John dann seinen langjährig­en Freund David Furnish, am ersten Tag, an dem gleichgesc­hlechtlich­e Ehen in Großbritan­nien möglich wurden.

Musikalisc­h hatte Elton John es nicht leicht bei den Kollegen. Frechdachs Keith Richards von den Rolling Stones sagte mal, John sei allenfalls noch gut, „um Liebeslied­er für tote Blondinen“zu singen. Als ob die Stones sich nie wiederholt hätten. Rupert Huber

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Foto: dpa

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