Schon jetzt an die Zukunft denken
Wenn am Dienstag über die Einwendungen zum Rückbau des Atomkraftwerks Gundremmingen gesprochen wird, geht es unter anderem um den Ablauf, die Sicherheit und die Lagerung des noch strahlenden Mülls. Um die Zukunft der Gemeinde geht es nicht. Darum muss sie sich selbst kümmern, unterstützt vom Landkreis – und am besten auch von den umliegenden Orten. Denn profitiert hat die ganze Region vom Kraftwerk, wirtschaftlich gesehen. Diese Zeiten dürften mittelfristig vorbei sein. Denn ob auf dem bisherigen AKW-Gelände wieder etwas entsteht, das eine vergleichbare Zahl an qualifizierten Arbeitsplätzen bietet, ist zu bezweifeln.
Bislang steht noch zu sehr ein mögliches Reservegaskraftwerk nebenan im Fokus. Doch auch wenn es hier statt in Leipheim oder sonst wo gebaut werden sollte, wird die Zahl der Arbeitsplätze sehr überschaubar sein. Mehr als 50 Mitarbeiter werden nach Planungen von RWE dort wohl nicht benötigt. Zum Vergleich: Bis nächstes Jahr soll es beim AKW noch 535 Vollzeitstellen beim eigenen Personal geben, vor knapp zwei Jahren waren es noch 700 Mitarbeiter.
Auch wenn es noch sehr früh erscheinen mag, Pläne für das Jahr 2040 zu schmieden und RWE nicht weiß, ob es das Gelände langfristig braucht: Es sollte nicht unterschätzt werden, dass die Entwicklung einer solchen Fläche ein langer Prozess ist und länger als zwei Jahre dauern könnte. Die Stadt MülheimKärlich weiß das. Zwischen Koblenz und Andernach steht ebenfalls ein früher von RWE betriebenes Atomkraftwerk, das seit 2004 zurückgebaut wird. Nachdem das Unternehmen lange versichert habe, den Standort weiter zu nutzen und dann doch von diesem Plan abgerückt ist, konnte erst im vergangenen Jahr eine Entscheidung zur Nachnutzung getroffen werden – die sich in Teilen zerschlagen hat.
Es ist sicher gut, dass Gundremmingen bereits ein neues Gewerbegebiet ausweist und es ist nicht leicht, ohne konkrete Aussagen von RWE konkrete Konzepte zu entwickeln – das Unternehmen sollte seine Pläne fairnesshalber möglichst früh kommunizieren. Aber es würde nicht schaden, Szenarien für die Zukunft durchzuspielen: für den Fall, dass das Kraftwerksgelände frei werden, es weiter vom Konzern genutzt werden und/oder nebenan ein Gaskraftwerk entstehen sollte. Auch die Idee des Ex-Abgeordneten Strasser für ein Zentrum neuer Energie-Technologie sollte zumindest geprüft werden. Denn mit einem Gewerbegebiet allein wird es wohl nicht möglich sein, den Verlust mehrerer hundert hoch qualifizierter Arbeitsplätze zu kompensieren. Zumal autobahnnähere Kommunen ähnliche Pläne haben und ihre Ausgangslage per se besser ist – sofern nicht die vorhandene Infrastruktur Gundremmingens wie der Gleisanschluss genutzt wird. Dass es grundsätzlich fragwürdig ist, ob jeder Ort neue Gewerbegebiete braucht, ist eine andere Frage.