Ein Leben nur für Drogen
Gericht Er klaute mehrfach in Offingen, um sich Crystal Meth kaufen zu können. Die Sucht verlangte immer mehr von ihm
Es ist sein Geburtstag. Für viele Menschen ein Tag zum Feiern. Für den 41-Jährigen aus dem Landkreis Dillingen nicht. Er wird mit Handschellen an seinen Platz vor dem Richtertisch geführt, angeklagt in über zehn Punkten. Dennoch – für ihn könnte sein Geburtstag der Tag sein, an dem sein Leben eine Wendung nimmt. Denn das Gericht entscheidet, ihn in die geschlossene Anstalt zu stecken – so, wie er es sich gewünscht hat.
Er selbst weiß es, sein Verteidiger weiß es, und sogar die Polizisten der Inspektion Dillingen, die ihren „alten Bekannten“schon jahrelang durch Verfahren begleiten, wissen es: Drogen bestimmen das Leben des 41-Jährigen. Schon als Achtjähriger hat er mit dem Rauchen angefangen. Vor etwa 26 Jahren kamen dann Drogen dazu, erst Marihuana und Haschisch, dann LSD, Ecstasy und Amphetamine. Inzwischen brauche er täglich fünf Gramm Crystal Meth oder Badesalze.
„Dabei ist er kein Dummer“, sagt der Sachverständige über den Angeklagten. Er habe in der Hauptschule gute Noten gehabt, sei sehr höflich und freundlich und sei während seiner Aufenthalte in Gefängnissen als fleißiger Arbeiter bekannt gewesen. Es sei die Angst davor, nicht mehr an Stoff zu kommen, die den 41-Jährigen zu kriminellen Taten, sogenannten „Beschaffungstaten“, verleitet. Die Liste an Vorwürfen, denen sich der Angeklagte stellen muss, scheint endlos. Sie beginnt Ende 2015. Damals habe er sich Elektrowerkzeuge geliehen und nicht wieder zurückgegeben. Im Mai 2016 ging er einige Schritte weiter: Er brach in der ehemaligen Tuchfabrik in Lauingen eine Fensterscheibe heraus, stahl dort weitere Elektrowerkzeuge und eine Musikanlage. Ein paar Tage darauf gelangte er durch ein Fenster in eine Lauinger Lagerhalle, wo er einen Winkelschleifer klaute. In der Nacht darauf sägte er das Toilettenfenster einer Lauinger Bäckerei weg, stieg ein und stahl rund 1200 Euro Bargeld. Mit einer Alutonne warf er Ende Mai das Fenster des Vereinsheims in Ballhausen ein, um von dort Obstler- und Asbachflaschen mitgehen zu lassen.
Im August stahl er in einem Getränkemarkt in Offingen Zigaretten, Schnaps und Energydrinks im Wert von über 3000 Euro. Diese Einbruchsserie setzte er im Vereinsheim des TSV Offingen fort, dort nahm er einen Laptop und eine Musikanlage mit. Im September knöpfte er sich erneut den Getränkemarkt vor und stahl Zigaretten im Wert von 2700 Euro. Die hat er nicht alle geraucht, sondern verkauft, wie er der Richterin Rita Greser erklärt. Geräte und Musikanlagen habe er unter anderem auf Flohmärkten angeboten, um sich Drogen zu kaufen, sagt er. „Stimmt das alles?“, fragte ihn die Richterin. „Ja“, antwortete er kurz und knapp.
Geschnappt wurde er am Ende dieser Einbruchsserie, weil die Polizisten DNA-Spuren an einem der Tatorte fanden. An seinem festen Wohnort konnten sie ihn nicht aufsuchen, denn den hat der Angeklagte nicht. Aber ein Beamter erinnerte sich daran, wo er zuletzt das Auto des „alten Bekannten“gesehen hatte. In einem Hinterhof in der Geiselinastraße warteten sie auf ihn. Er bog ein, wollte zurücksetzen, das klappte nicht. Er stieg aus, hob die Hände, wollte doch abhauen, stürzte und wurde verhaftet.
Wieder saß er bei der Polizei, wie etliche Male zuvor, hatte ihn die Drogensucht dorthin gebracht. Seit den 1990ern verbüßt er immer wieder eine Bewährungs- oder Haftstrafe nach der anderen. Zweimal hat er es schon mit einer Therapie versucht – erfolglos. Aufgrund dieser Vorgeschichte wollte der Sachverständige dem Gericht empfehlen, nicht noch eine Therapie anzuordnen. Das sei aussichtslos. Doch dazu äußerte sich der Angeklagte diesmal ausführlicher: „Ich sitze meine Strafe ab, das ist kein Problem. Aber wie geht’s danach weiter? Ich will mein Leben ändern. Ich will eine geschlossene Therapie.“
Das Gericht ließ sich letztendlich davon überzeugen und ordnete eine Therapie an. Die Haftstrafe beträgt drei Jahre und drei Monate.