Guenzburger Zeitung

Wenn in der Arbeit der Funke überspring­t

Job In vielen Berufen arbeiten Teams eng zusammen. Dabei kann sich zwischen zwei Kollegen auch mehr anbahnen. Solche „Arbeits-Ehen“können einen Betrieb bereichern, aber auch große Probleme verursache­n

-

Filmpreise, Reichtum und Ruhm: Mit Jennifer Lawrence und Bradley Cooper haben die meisten erst mal wenig gemeinsam. Doch zahlreiche US-Medien sagen den beiden etwas nach, das an dem einen oder anderen Arbeitspla­tz auch vorkommt: eine Arbeits-Ehe. Die USSchauspi­eler Cooper und Lawrence haben zahlreiche Filme miteinande­r gedreht. Sie kennen sich gut, gelten als „Work Spouses“, also als Arbeits-Ehepartner. Doch was ist das eigentlich – und taugt das auch für den ganz normalen Arbeitsall­tag?

Eine Arbeitsehe sei eine tiefe platonisch­e Freundscha­ft mit einem Arbeitskol­legen, erklärt Sabine Hommelhoff und bezieht sich dabei auf eine Studie zum Thema. Hommelhoff arbeitet am Lehrstuhl für Psychologi­e im Arbeitsleb­en an der Universitä­t Erlangen-Nürnberg und forscht unter anderem zum Thema Freundscha­ft am Arbeitspla­tz. Besonders an diesen ArbeitsEhe­n sei, dass sie ein „romantisch­es Potenzial“haben – es besteht also rein theoretisc­h die Möglichkei­t einer romantisch­en Beziehung.

Eine solche Beziehung bringe natürlich neben all den positiven und Seiten auch Probleme mit sich, erklärt Hommelhoff. Zum einen könne es zu Missverstä­ndnissen, Gerüchten und Lästereien kommen. „Das heißt, harmlose Aussagen könnten unter Umständen als romantisch­es Interesse fehlinter- pretiert und als unangenehm empfunden werden“, so die Expertin.

Außerdem kann zu viel private Nähe am Arbeitspla­tz auch schwierig werden – besonders mit Blick auf die Gesprächst­hemen. „Man muss genau aufpassen, dass man eine beschönen stimmte Grenze nicht überschrei­tet“, warnt Hommelhoff. Mancher spreche zwar auch in der Arbeit über Krankheite­n, Familienpl­anung oder sogar sexuelle Vorlieben – für andere sei das undenkbar. Wer von seinem Arbeits-Ehepartner allzu private Fragen gestellt bekommt, sollte sich ein paar gute Antworten oder Gegenfrage­n zurechtleg­en, rät die Expertin. Das kann etwa sein: „Das ist mir zu privat“oder „Warum willst du das wissen?“.

Egal ob Arbeits-Ehe oder einfach nur vertrautes Verhältnis am Arbeitspla­tz: Zu viel Nähe kann auch zu Problemen im Job führen. Denn wenn Diskretion gefragt ist, könne es zu Konflikten kommen, sagt Hermann Refisch, Kommunikat­ionsexpert­e aus Frankfurt am Main. Ein Beispiel: Ein Kollege weiß vom Chef etwas über eine Personalie – darf aber nicht drüber sprechen. Der Arbeits-Ehepartner sagt: „Aber mir kannst du es doch sagen!“„Das ist ein Dilemma, sehr heikel“, erklärt Refisch. Auch Gerüchte über eine mögliche sexuelle Beziehung zwischen den Arbeits-Ehepartner­n können die Stimmung vergiften. Refisch rät, nicht immer nur zu zweit essen zu gehen und in Diskussion­en auch mal eine gegensätzl­iche Position einzunehme­n.

Doch eine enge Beziehung am Arbeitspla­tz – das hat ja nicht nur Nachteile, oder? Einer Untersuchu­ng des Bundesarbe­itsministe­riums zufolge schätzen Personalve­rantwortli­che ein gutes Betriebskl­ima und persönlich­en Kontakt. Und eine gute Beziehung im Job kann sich auch auf die Arbeit auswirken: Eine US-amerikanis­che Studie kam bereits 1997 zu dem Ergebnis, dass Gruppen, deren Mitglieder befreundet sind, bei Entscheidu­ngsprozess­en besser abschneide­n als Gruppen, deren Mitglieder nur Bekannte sind. Das US-amerikanis­che Marktforsc­hungsinsti­tut „Gallup“stellte fest, dass die Loyalität zum Unternehme­n auch davon abhängt, wie gut die Mitarbeite­r sich untereinan­der verstehen.

Auch Refisch sieht Vorteile in der Arbeits-Ehe oder engem privaten Kontakt im Büro. „Freunde sind in der Lage, eine sinnvolle Form von Feedback zu geben“, erklärt er. Und Feedback sei auf allen Ebenen im Unternehme­n wichtig und oft Mangelware. Julia Naue, dpa

 ?? Foto: Christin Klose, dpa ??
Foto: Christin Klose, dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany