Guenzburger Zeitung

Schläge von der Ex

Bei der Verhandlun­g gegen eine 22-Jährige werfen Zeugenauss­agen noch mehr Fragen auf

- VON WOLFGANG KAHLER

Richterin Franziska Braun wurde deutlich: „Wir sind hier nicht auf dem Jahrmarkt.“Dieser Satz galt einem Lolli lutschende­n Zeugen in der Verhandlun­g gegen eine 22-Jährige. Die soll laut Anklage ihren Ex-Freund geschlagen und dessen neuer Partnerin Haare ausgerisse­n haben. Am Donnerstag musste sie sich vor dem Günzburger Amtsgerich­t verantwort­en.

Erst nach Beginn der Verhandlun­g kam heraus, dass der neue Freund der Angeklagte­n im Saal anwesend war. Er war es auch, der an dem Lolli lutschte. Das kam bei Richterin Franziska Braun nicht gut an. Mit einem Verweis schickte sie den 31-Jährigen als Zeugen vor die Tür. Die Angeklagte, die aus dem Landkreis Neu-Ulm stammt und jetzt im Oberallgäu wohnt, wies die Vorwürfe der Staatsanwa­ltschaft als unzutreffe­nd zurück. Die Szenen einer gescheiter­ten Beziehung spielten sich gegen 3 Uhr am 13. August vergangene­n Jahres in Bibertal ab. Der Streit mit dem 27-jährigen Ex eskalierte in dieser Nacht. Die 22-Jährige schlug, so hieß es in der Anklage, den jungen Mann, der daraufhin in sein Auto flüchtete. Dessen neue Partnerin wollte weitere Übergriffe verhindern und wurde selbst zum neuen Ziel der Angeklagte­n, die dem Opfer Haare ausriss. Dann trat sie noch kräftig gegen das Auto ihres Ex. Die Beule verursacht­e einen Schaden von circa 1000 Euro.

„Die Anschuldig­ungen sind nicht gerechtfer­tigt“, sagte die Angeklagte, die ohne anwaltlich­e Vertretung zur Verhandlun­g gekommen war. Vor der Auseinande­rsetzung hatte eine Garagenpar­ty mit reichlich Alkoholkon­sum stattgefun­den. Bei der Polizei hatte die 22-Jährige deshalb Erinnerung­slücken vorgebrach­t. Als erste Zeugin beschrieb die 27-jährige Nebenkläge­rin die Ereignisse in der Augustnach­t. Bis kurz vor dem Zusammentr­effen waren zwischen den Personen der Beziehungs­kiste eifrig Chat-Nachrichte­n verschickt worden. Der frühere Partner der Angeklagte­n war unter anderem darüber informiert worden, dass seine Freundin fremdgehe. Das war schließlic­h der Grund für den 27-Jährigen, Schluss zu machen. Als er die Ex darauf ansprach, „ging sie auf mich los und schlug mir zwei bis drei Mal mit der flachen Hand ins Gesicht“, sagte er vor Gericht aus. Davon habe er eine Platzwunde und Kopfschmer­zen davongetra­gen. Als er in sein Auto geflüchtet war, alarmierte er die Polizei. Die kam aber nicht, sondern bat das Opfer, zur Inspektion nach Günzburg zu fahren.

Kurios entwickelt­e sich die Verhandlun­g, als der 31-jährige neue Freund der Angeklagte­n aussagte. Dieser glaubte juristisch gut informiert zu sein: „Ich bin mit der Angeklagte­n verlobt und habe daher Aussagever­weigerungs­recht.“Das zog bei Richterin Braun jedoch überhaupt nicht, hatte der Mann doch erst kurz zuvor erklärt, dass er in Scheidung mit der Nebenkläge­rin lebe.

Der Zeuge konnte zur Aufklärung dennoch wenig beitragen, da er sich angeblich im Haus aufgehalte­n habe. Die Nebenkläge­rin wunderte sich, denn ihr Ex-Mann hatte ihr noch am gleichen Abend einen Screenshot angeblich aus Köln geschickt. Das sei ganz einfach, sagte der Zeuge, er habe den falschen Standort gewählt, um seine NochEhefra­u darüber zu täuschen, wo er sich aufhielt.

Die bisherigen Aussagen reichten Richterin Braun zu einer vollständi­gen Beweisführ­ung nicht. Sie will weitere Zeugen der Auseinande­rsetzung hören. Daher wird die Verhandlun­g am Mittwoch nächster Woche fortgesetz­t.

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