Auf einen Schlag ganz weit oben
Sportskanonen Obwohl er erst seit kurzem Karate als Leistungssport betreibt, ist Lukas Weitmann in seiner Altersklasse schon Bayerischer Meister. Der 14-Jährige träumt von Olympischen Spielen. Das Talent hat er von seinem Vater
Alles geht rasend schnell. Lukas Weitmann stößt sich vom Boden ab, wirbelt in der Luft herum, visiert mit dem Fuß den Gegner an und tritt zu. Sein gesprungener Fersendrehschlag wirkt perfekt – auch wenn er den Gegner nicht voll am Kopf trifft. Mehr will er auch gar nicht. Denn Ziel ist es, eben nicht zu treffen, sondern das Gegenüber lediglich leicht zu berühren. Ihm zu zeigen, ich könnte, wenn ich wollte. Karate basiert auf Kontrolle und Körperbeherrschung, gebündelt in diesem ästhetischen Angriff von Lukas.
Der 14-Jährige weiß, was er tut. Im Karatefreikampf, Kumite genannt, zählt er zu den größten Talenten Bayerns. Kürzlich hat er auf Landesebene den Titel in der Jugend bis 52 Kilogramm geholt, zuvor gewann er in Schwaben und Oberbayern die offenen Bezirksmeisterschaften, in Unterfranken unterlag er erst im Finale. Diese Erfolge erscheinen umso erstaunlicher, weil Lukas bei den schwäbischen Titelkämpfen im Dezember seine Wettkampfpremiere feierte. Vor Zuschauern anzutreten, war ungewohnt für ihn. „Ich war schon nervös“, gesteht Lukas.
Gänzlich überrascht hat Gerhard Weitmann die jüngste Entwicklung nicht. Er ist nicht nur Vater, er ist Förderer seines Sohnes und war als Aktiver Mitglied der deutschen Nationalmannschaft. Seit 20 Jahren gibt Weitmann als Trainer im Augsburger Dojo für Aikido und Karate japanische Kommandos, gleichzeitig ist er Landestrainer und Leistungssportreferent. Sein Talent hat er seinem Sohn weitergegeben.
Mit acht Jahren begann Lukas mit Karate, vor rund einem Jahr haben Vater und Sohn das Training intensiviert. Schlüsselerlebnis war die Weltmeisterschaft Ende Oktober im österreichischen Linz, die die beiden vor Ort als Zuschauer miterlebten. „Idole sind wichtig“, sagt Gerhard Weitmann. Lukas schwärmt für den Aserbaidschaner Rafael Aghayev, den Italiener Luigi Busa oder den Franzosen Steven da Costa. Ausnahmekönner auf der Matte.
Womöglich ist es kein Zufall, ausgerechnet bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio ist Karate erstmals dabei, im Ursprungsland dieser Kampfkunst. Weitmann hofft, seine Sportart behält den Status als olympische Sportart, dann könnte sein Sohn einmal dabei sein. Bis dahin ist es ein weiter Weg, Lukas steht erst an dessen Anfang.
Für den bayerischen Landeskader ist der 14-Jährige nominiert, bewähren kann er sich Mitte April beim internationalen KrokoyamaCup in Koblenz. Lukas soll Erfahrung sammeln, soll sich Wettkampfhärte aneignen, um im Juni bei der Deutschen Meisterschaft in Erfurt eine gute Rolle einzunehmen. Die Weitmanns liebäugeln mit einer Platzierung auf dem Podium. Langfristiges Ziel ist eine Empfehlung für den Bundeskader.
Lukas hat in seinem Vater einen strengen Lehrer. Weitmann räumt ein: „Ich ertappe mich schon dabei, dass ich von ihm mehr verlange als von anderen.“Lukas bestätigt, nickt mit dem Kopf. Die beiden wollen in diesem Jahr den Trainingsaufwand steigern. Schon jetzt übt Lukas zweimal unter der Woche und dreimal am Wochenende.
Technisch bewegt er sich schon jetzt auf hohem Niveau, er ist lernfähig und setzt Vorgaben schnell um. Taktisch sieht der Papa hingegen Nachholbedarf. Dem Sprössling fehle die Wettkampferfahrung und Cleverness. „Dass er seine Taktik am Punktestand ausrichtet, muss er noch lernen“, betont Weitmann.
Der gebürtige Augsburger wohnt mit Frau Heidi und den Söhnen Lukas und Tobias in der Gemeinde Hafenhofen (Kreis Günzburg). Lukas besucht die achte Klasse der Realschule Burgau, dort spielt er nebenbei wie sein zehnjähriger Bruder Eishockey. Priorität genießt jetzt aber Karate.
Ob Lukas Weitmann tatsächlich einmal bei Welt- und Europameisterschaften, oder gar bei Olympia, starten wird, lässt sich schwer voraussagen. Papa Weitmann fasst zusammen: „Lukas hat Talent. Jetzt beginnt die Arbeit.“