Guenzburger Zeitung

Wiese Comeback vor einer Traumkulis­se

Fußball Ex-Nationalto­rwart lockt 2300 Besucher ins Dillinger Donaustadi­on. Welche Figur der Promi im Kreisliga-Lokalderby gegen den TSV Haunsheim abgegeben hat

- VON GÜNTHER HERDIN Skala, Wenni, Günther, Hofmiller, Beckmann (75. Krammer), Schil ler (50. Wiedemann), Pape, Dewein. Fied ler, Seibold, Reitz

Das hat sich Tim Wiese anders vorgestell­t. Bei seinem Kurzzeit-Comeback als Torhüter kassiert der sechsfache Ex-Nationalsp­ieler im Kasten der SSV Dillingen zwei Gegentore im Kreisliga-Spiel gegen den TSV Haunsheim. Zweimal lässt sich der 35-Jährige von Robin Hördegen bezwingen. Endstand 1:2. Der Matchwinne­r für die Gastmannsc­haft freut sich nach dem Schlusspfi­ff riesig: Es sei für ihn und sein Team ein „geiles Gefühl“, vor so einer Traumkulis­se als Sieger dazustehen.

Für den im pinkfarben­en Trikot mit der Nummer 99 im Tor stehenden Wiese ist nach dem Abpfiff freilich noch lange nicht Schluss. Er gibt ein Interview nach dem anderen, eines auch an der Seite von Dr. Rainer Koch, dem Präsidente­n des Bayerische­n Fußball-Verbandes. Der spricht von einem „Highlight für den gesamten Amateurfuß­ball, das man aber nicht jede Woche haben kann.“Dass das Derby in der achten Liga so großen Zuspruch erfährt, dafür haben die Verantwort­lichen der SSV Dillingen um ihren Präsidente­n Christoph Nowak gesorgt und kräftig die Werbetromm­el gerührt. Ob Internet, Rundfunk, Fernsehen oder Print – Tim Wiese und die Fußballer aus der schwäbisch­en Kreisstadt waren in den vergangene­n Tagen omnipräsen­t.

30 Minuten vor dem Anpfiff bildet sich die erste Schlange vor dem Kassenhäus­chen. Am Ende sind es 2300 Fans, die für einen mehr als gelungenen Rahmen sorgen. Unter den Zuschauern sind auch der 20-jährige Abiturient Thomas Müller und die um sieben Jahre ältere Sofie Bihler. Beide wohnen in Dillingen, zum Fußball in ihrer Heimatstad­t gehen sie aber selten. „Meistens bin ich dort, wo der TSV Binswangen spielt“, verrät die junge Frau. Bei den Binswanger­n kickt nämlich ihr Freund. Wie Thomas Müller ist sie deshalb gekommen, um Freunde zu treffen. Aber auch, um live zu erleben, wie gut Tim Wiese noch in Form und welch ein Typ er ist.

Auf der Haupttribü­ne skandiert beim Warmmachen der Mannschaft­en ein Fan lautstark „Wiese Fußballgot­t“. Thomas Mödinger gehört freilich nicht zu denen, die sich vom „Wiese-Wahnsinn“inspiriere­n lassen. Der aktuelle Trainer des TV Gundelfing­en, der von 2011 bis 2014 den TSV Haunsheim coachte, drückt nicht seinem Ex-Verein die Daumen. „Heute soll Dillingen gewinnen, die benötigen die Punkte dringender“, verrät er, für wen sein Herz in diesem „besonderen Spiel“schlägt. Als die Partie angepfiffe­n wird, richten sich natürlich fast alle Blicke auf den Promi im Kasten der SSV. Es dauert gerade einmal 95 Sekunden, als Tim Wiese die erste Ballberühr­ung hat. Einen Eckball von Denis Böhm pflückt er sicher herunter. Und schon in der vierten Minute muss der 35-Jährige mit einer Fußabwehr gegen Haunsheims Stürmer Yves Krpic dazwischen­fahren. Die Zuschauer merken, dass der zuletzt als Wrestler in den Fokus gerückte Sportler nicht viel verlernt hat, wenn er wieder zwischen den Pfosten gefordert wird. Wenige Augenblick­e später kommt es mit Robin Hördegen zu einem kleinen verbalen Schlagabta­usch an der Strafraumg­renze. Schiedsric­hter Tobias Heuberger vom TSV Möttingen beruhigt sehr schnell die Gemüter. Für den Referee, der insgesamt zehn Gelbe Karten zücken muss, und seine beiden Assistente­n hat dieses Spiel einen besonderen Stellenwer­t. Vor so vielen Zuschauern pfeifen zu dürfen sei schon ein ganz besonderer Moment, schwärmt Heuberger.

Auch SSV-Präsident Christoph Nowak freut sich über den großen Andrang. Ein wenig enttäuscht ist er allerdings über die Dillinger Wirtschaft­svereinigu­ng. Diese habe er im Vorfeld in einem Schreiben vergeblich um finanziell­es Engagement gebeten. Nowak: „Es sind letztlich immer die gleichen Firmen, die uns da unter die Arme greifen.“

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Fotos: Karl Aumiller

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