Mit Yoga zu einem entspannteren Familienalltag
Interview Eine Allgäuerin erklärt, wie Meditation trotz Kindern und Hausarbeit gelingt
Frau Schönberger, drei Millionen Menschen praktizieren inzwischen in Deutschland regelmäßig Yoga – mit steigender Tendenz. Sie haben ein Buch zur Vereinbarkeit von Yoga und Familie geschrieben. Auch auf die Gefahr hin, in die Klischeefalle zu tappen: Heute schon verknotet?
Ja, natürlich. Das tue ich täglich – zwischen zehn und 60 Minuten. Weil es mir, in Kombination mit Atem- und Meditationsübungen hilft, mich auf körperlicher, energetischer und mentaler Ebene zu entknoten, also Blockaden zu lösen. Das macht mich gesünder und entspannter. Dazu muss man kein Akrobat sein, regelmäßig ein paar einfache „Sonnengrüße“reichen für den Anfang.
Wie kamen Sie zum Thema Yoga?
Durch meine erste Schwangerschaft vor elf Jahren. Davor hatte ich mit Yoga wenig am Hut. Ich habe damals in München als Redakteurin bei einer Frauenzeitschrift gearbeitet. Yoga begann gerade zu boomen, meine bereits yogierenden Kolleginnen wirkten trotzdem nicht ausgeglichener. Auch der Hype um Yoga war mir suspekt. Eine schwangere Bekannte hat mich dann schließlich doch überredet, mit in einen Kurs zu gehen. Ich dachte, schlimmer als der Alltag in einer Frauen-Redaktion, in der Schwangerschaften von höchster Ebene eher weniger gerne gesehen wurden, kann es auch nicht mehr werden. Es war dann, wenn man so will, der Beginn einer großen Liebe. Wobei ich mich nicht in die Asanas, also die Körperhaltungen verliebt hatte, sondern in die Philosophie, die dahintersteckt.
Um was geht es bei dieser Philosophie?
Eine Idee ist, dass wir uns alle, also wirklich jeder und jedes Lebewesen, einfach nur gut fühlen möchten, wir alles dafür tun, es gut zu haben. Leider wählen wir, weil wir es zunächst nicht besser wissen, die falschen Mittel dafür. Was dazu führen kann, dass wir unzufrieden mit uns und unserem Leben sind. Die Yoga-Philosophie will uns einen Weg zeigen, die zu uns passenden Mittel zu erkennen. Wie sieht dieser Weg aus?
Dafür müssen wir lediglich unser Verhalten ein bisschen genauer beobachten, versuchen, in Gedanken, Worten und Taten gewaltfrei zu bleiben, aufrichtig zu anderen und uns zu sein, nicht über unsere Verhältnisse zu leben, Mitgefühl und Herzensgüte zu entwickeln und zu pflegen, so, wie man es mit einem schönen Garten machen würde. Wenn man das alles fest in seinen Alltag integriert, sind die Chancen groß, immer friedlicher, gelassener, gesünder und ausgeglichener zu werden. Es ist, wenn man dabeibleibt, ein Prozess, der das ganze Leben zum Guten verändern kann. Die Körperübungen, die Asanas, machen tatsächlich nur einen kleinen Teil des ursprünglichen Yoga aus. Wenn man sich nur auf Asanas konzentriert, besteht die Gefahr, dass Yoga zu einer Art Sportgymnastik wird.
Man will Yoga praktizieren – und die Kinder lärmen: Wie lässt sich beides miteinander kombinieren?
Die große Herausforderung wäre dann, sich in Gelassenheit zu üben, den Lärm auszublenden und sich ganz auf die Übungen zu konzentrieren. Turnen die Kinder aber gleichzeitig auf einem herum, sollte man das körperliche Üben besser auf eine Zeit verlegen, in der man ungestört ist. Oder man besucht einen Yoga-Kurs. Da hat man dann sicher seine Ruhe.
Der Frauenüberschuss beim Yoga ist unübersehbar ... Was ist mit den Männern?
In Indien war Yoga bis vor zirka 100 Jahren nur den Männern vorbehalten. Bei uns verbinden viele Männer Yoga mit esoterischer Folklore, das schreckt immer noch viele ab. Aber die Hemmschwelle sinkt, die Erkenntnis, dass Yoga guttut und recht bodenständig sein kann, wächst. In meinem Anfängerkurs sind inzwischen mehr Männer als Frauen. Und mein Mann unterrichtet einen Kurs nur für Männer. Mit wachsendem Zulauf.
Interview: Markus Bär
O47, frühere Journalistin und Mutter von zwei Kin dern, betreibt eine Yogaschule in Irsee (Ostallgäu). Ihr Buch „Das Karma, meine Familie und ich – Yoga Philosophie für einen entspannteren Alltag“ist im Beltz Verlag erschienen und für 14,95 Euro im Handel erhältlich.